• Schülerinnen der Mut Academy werden auf die Ausbildung vorbereitet und dabei begleitet.
  • Foto: Hanse Merkur/Mut Academy

Durch Corona: Hunderte Hamburger Schüler nach Abschluss vom Radar verschwunden

Die Corona-Krise hat auf dem Hamburger Ausbildungsmarkt mächtig eingeschlagen. Es wurden in diesem Jahr rund 1800 Lehrstellen weniger angeboten als sonst. Besonders besorgniserregend: Viele Jugendliche sind regelrecht vom Radar verschwunden und sitzen tatenlos zu Hause. Fin Mohaupt von der Handelskammer sagt: „Hunderte sind verloren gegangen.“

Die Handelskammer meldet derzeit 7358 Ausbildungsverträge, das sind 1368 weniger als im Vorjahr. Fin Mohaupt, Leiter der Ausbildungsberatung bei der Handelskammer: „Der Rückgang der angebotenen Stellen liegt bei uns bei 15 Prozent.“ Besonders Hotels und Gaststätten bilden nicht aus, da liegt der Rückgang der Lehrstellen sogar bei 34 Prozent.

Eine Auszubildende im Handel

Eine Auszubildende räumt Obst und Gemüse in die Regale. Auch im Einzelhandel ist die Zahl der Lehrstellen zurückgegangen.

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dpa

Gleichzeitig gab es aber auch viel weniger Bewerber auf eine Lehrstelle. Dabei haben nicht weniger Jungen und Mädchen einen Schulabschluss gemacht als in früheren Jahren. Die Arbeitsagentur vermutet, dass der Bewerberrückgang an der fehlenden Berufsorientierung liegt. An den Schulen gab es weniger Angebote und es fanden weniger Jobmessen statt. Vieles lag wegen Corona brach. Mohaupt: „Hunderte sind so verloren gegangen.“

Handelskammer: Weniger Bewerber auf Lehrstellen

Das gleiche Bild zeichnet sich bei der Handwerkskammer ab. Auch dort wurden 15 Prozent weniger Verträge abgeschlossen, ein Minus von 389 Lehrstellen. „Die Handwerksfirmen wollen ausbilden und es gibt noch viele freie Stellen“, sagt HWK-Sprecherin Christiane Engelhardt. „Aber sie melden uns, dass sehr viel weniger Bewerbungen bei ihnen eingegangen sind.“

So sitzen nun offenbar viele Jugendliche ohne Perspektive und Orientierung zu Hause. Und das in einer auch gesellschaftlich schwierigen, isolierenden Situation durch die Corona-Lage. „Bei vielen fehlt es gerade an Mut, Perspektive und Unterstützung“, sagt Donya Golafshan, von der Mut Academy. Insbesondere bei Jugendlichen aus sozial schwachen Regionen der Stadt, die teils nur über Hauptschulabschlüsse verfügen.

Lehre KFZ

Ein Azubi flext einen Auspuff ab. Auch KfZ-Lehren wurden in diesem Sommer weniger abgeschlossen.

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dpa

Die Hamburger Einrichtung hilft Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf. Beispielsweise durch Ausbildungs-Camps, persönliche Beratung und eine enge Begleitung durch die Probezeit im Ausbildungsbetrieb. Dafür wurde ihr gerade der Hanse-Merkur-Preis für Kinderschutz verliehen.

Mut Academy: Hilfe für Hamburger Jugendliche

Golafshan sieht in diesem Corona-Jahr eine ganz besondere Problematik: „Noch mehr Jugendliche als sonst verlassen die Schulen ohne Abschluss.“ Das resultiere daraus, dass an vielen Schulen Prüfungen zum Hauptschulabschluss (heute ESA – erster allgemeinbildener Schulabschluss genannt) gar nicht stattgefunden hätten.

MUT Preisverleihung Hanse Merkur Preis

Preisträger der Mut Academy: Jonas Gliem, Donya Golafshan, Sarah Künne, Anton Kabisch und Freda von der Decken (v.l.).

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HanseMerkur/Susanne Duda

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Das merkt die Mut Academy besonders. Denn jeder zweite ihrer Schützlinge hat in diesem Jahr keinen Abschluss. Im Jahr davor waren es nur 22 Prozent. Golafshan: „Und auf dem Zeugnis ist nicht mal vermerkt, dass es wegen Corona keine Prüfung gab. Das macht es unseren Jugendlichen noch schwerer als sonst, eine Lehrstelle zu bekommen.“

Die Schulbehörde wollte sich auf Anfrage der MOPO noch nicht zu den aktuellen Zahlen und der Frage äußern, wohin viele Jugendliche nun verschwunden sind. Ausreichende Zahlen lägen erst im Dezember vor, vorher könne man dazu nichts sagen.

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