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Christiane Schneider, Andreas Speit, Moderator Marco Carini, Nils Schuhmacher und Andy Grote kurz vor dem MOPO-Talk (v.l.n.r.).
  • Christiane Schneider, Andreas Speit, Moderator Marco Carini, Nils Schuhmacher und Andy Grote kurz vor dem MOPO-Talk (v.l.n.r.).
  • Foto: Florian Quandt

Experten-Talk: „Die AfD macht uns deutlich, was wir verlieren, wenn sie gewinnt“

Als ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam, an dem AfD-Politiker teilnahmen, publik wurde, veränderte sich etwas in der Gesellschaft: Deutschlandweit formierten sich Proteste gegen rechts, die AfD-Umfragewerte sinken seither. Grund zur Entwarnung ist das jedoch noch nicht: Die AfD ist bundesweit zweitstärkste Kraft. Im MOPO-Talk debattierten Hamburgs Innensenator und Experten, wie man mit der rechtspopulistischen bis rechtsextremen Partei am besten umgeht und wer verantwortlich dafür ist, dass sie heute so viel Macht hat.

„Die Menschen haben die Hoheit über ihr Leben verloren“, sagt die ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Schneider, die sich im „Bündnis gegen Rechts“ engagiert, gleich zu Beginn des Talks am Donnerstagabend im „Gausz“ in Ottensen. Früher habe man seinen Kindern noch versprechen können, dass sie es mal besser hätten. Das sei vorbei. Es sei zwar an vielen Stellen besser, aber es herrsche eine große Verunsicherung.

Die AfD sei so stark, da in der Bevölkerung eine Zunahme autoritärer Verhaltensweisen, Haltungen und Auffassungen zu bemerken sei. „Die Leute sind heute in einem anderen Sinn autoritär, als nach 1933, wo sie einem Führer gefolgt sind. Jetzt folgen sie ihrem starken Ich, das gekränkt ist, weil sie nicht das erreicht haben was sie wollten“, sagt Schneider.

„Die AfD profitiert von Krisen. Das hat nichts damit zu tun, dass sie besonders kompetent ist“, stellt auch Kriminologe Nils Schuhmacher von der Uni Hamburg fest. Die Partei nutze für sich, dass die Antworten der anderen Parteien von den Wählern oft nicht als befriedigend wahrgenommen würden. Dem stimmt auch Rechtsextremismus-Experte Andreas Speit zu. Umfragen zeigten, dass die AfD-Wähler nicht interessiere, dass die Partei in Teilen als rechtsextrem eingestuft ist, solange sie die „richtigen Themen“ anspreche.

MOPO-Talk: Hamburgs Innensenator und Experten diskutieren über die AfD

Eines davon ist die Migration, bekanntermaßen ein Lieblingsthema der AfD. Doch wie sollen die anderen Parteien damit umgehen, fragt Moderator Marco Carini seine Gäste. CDU-Chef Friedrich Merz entschied sich für einen eigenen verbalen Rechtsruck und sprach von „kleinen Paschas“. Politiker anderer Parteien duldeten hingegen keinerlei Kritik an den Neuankömmlingen.

Beides sei falsch, findet Hamburgs Innensenator. „Ziel muss sein, Themen der Stadt aufzugreifen und anzugehen, bevor die AfD sie zum Thema macht“, so Andy Grote (SPD). „Und man muss die Themen ansprechen, ohne selbst zum Populisten zu werden.“

Wie umgehen mit der AfD? Darüber diskutierte Marco Carini mit seinen Gästen beim MOPO-Talk. Florian Quandt
Wie umgehen mit der AfD? Darüber diskutierte Marco Carini mit seinen Gästen beim MOPO-Talk.
Wie umgehen mit der AfD? Darüber diskutierte Marco Carini mit seinen Gästen beim MOPO-Talk.

Es herrscht große Einigkeit auf der Bühne. Nur als die Debatte im Laufe des Abends auf den Verfassungsschutz kommt und Andy Grote diesen verteidigt – „es nützt nichts, den Verfassungsschutz dauernd zu delegitimieren, das macht die AfD übrigens auch“ –, erhebt sich stellenweise ein wütendes Knurren im Publikum und der Rechtsextremismus-Experte kontert: „Für die Delegitimierung des Verfassungsschutzes sorgt dieser selbst.“

Dann geht es weiter. Was, wenn die AfD die Landtagswahlen im Osten gewinnt? Schneider: „Wenn Höcke die Innenpolitik übernimmt, dann gnade uns Gott.“ Grote: „Es muss alles getan werden, um Rechtsextremisten aus der Regierung fernzuhalten.“

AfD-Verbot? Die Talk-Gäste sind skeptisch

Beim Thema Partei-Verbot gibt es verschiedene Perspektiven, aber eine allgemeine Zurückhaltung. „Ich bin skeptisch, dass das Verbot umsetzbar ist“, sagt der Kriminologe. „Und wenn es gelingt, ist der Spuk nicht vorbei. Die Menschen sind immer noch da.“

Man müsse sich aber auch von der Vorstellung verabschieden, man könne die AfD argumentativ stellen und in einem rationalen Diskurs ihre Positionen widerlegen, sagt er. Das gelte auch für den privaten Bereich, ergänzt der Rechtsextremismus Experte Speit: „Fake News zu widerlegen bringt nichts.“ Besser sei zu fragen, wovor die Person Angst habe.

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Alle Talk-Gäste sehen die Zivilbevölkerung neben der Politik in der Verantwortung. Jeder sei nun aufgefordert, sich zu fragen, wo er sich politisch engagieren, wo er Menschen unterstützen könne. „Die AfD macht uns deutlich, was wir verlieren, wenn sie gewinnt“, sagt Christiane Schneider. „Wir müssen unsere Menschenrechte verteidigen.“

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