Der WDR-Chefredakteur Aktuelles, Stefan Brandenburg (Archivbild).

Der WDR-Chefredakteur Aktuelles, Stefan Brandenburg (Archivbild). Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

„Desaster mit Ansage“: WDR-Chefredakteur greift NDR wegen Ruhs-Absetzung an

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Kritiker werfen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor, konservative Stimmen nicht ausreichend zu berücksichtigen. Das müsse man ernst nehmen und Missstände benennen, fordert der WDR-Chefredakteur.

In der Debatte um die Personalie Julia Ruhs beim NDR fordert der WDR-Chefredakteur Aktuelles, Stefan Brandenburg, verschiedene Positionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auszuhalten. Man müsse anerkennen, dass sich Menschen mit einem konservativen Weltbild dort nicht ausreichend repräsentiert fühlten.

„Wer dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohnehin schon misstraut, der fühlt sich gerade sehr bestätigt“, schrieb Brandenburg im sozialen Netzwerk LinkedIn. Die Vorgänge um Ruhs und das Format „Klar“ seien ein „Desaster mit Ansage“.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk soll alle Menschen erreichen

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe den Auftrag, alle Menschen zu erreichen, „nicht nur diejenigen, die ähnlich leben und denken wie wir”, schrieb Brandenburg. Dafür reiche es nicht, in den „Tagesthemen“ auch mal einen konservativeren Kommentar zu senden oder in Talkshows entsprechende Gäste einzuladen. 

„Viel wichtiger ist: Für welche Themen entscheiden wir uns? Mit welchen Fragen gehen wir an diese Themen heran? Wie offen sind wir für den Gedanken, dass man etwas anders sehen kann?“, schrieb der WDR-Chefredakteur Aktuelles. „Und ja, es geht auch darum, zu verstehen, dass die Mehrheiten in diesem Land derzeit eher konservativ sind“, fügte er hinzu.

Brandenburg: Medien müssen Missstände benennen dürfen

Ein Beispiel sei die Berichterstattung über Schrottimmobilien im Ruhrgebiet, ein Reizthema in Nordrhein-Westfalen. Seit Jahren kämpfen Städte dort gegen Sozialbetrug vor allem durch Zuwanderer aus Südosteuropa. „Wenn wir so ein Thema aufgreifen, sind sofort diejenigen Kollegen zur Stelle, die sagen: Das diskriminiert doch die Menschen, die dort wohnen.”

Trotzdem müsse man die Realität dort zeigen. „Die AfD lebt davon, zu sagen: Es gibt Missstände, die man nicht benennen darf.“ Brandenburg forderte: „Wir sollten diese Erzählung nicht immer wieder bestätigen. Wir sollten hinsehen – auch dort, wo es wehtut. Wir sollten sagen, was ist.“

Ob das zuletzt in die Schlagzeilen geratene Format „Klar“ darauf die richtige Antwort sei, stellte Brandenburg infrage. „Eine Sendung vorwiegend damit zu bestreiten, alle negativen Aspekte des Themas Migration auf einmal zusammenzutragen“ komme ihm „ziemlich unterkomplex vor“. „Aber wenn man das so macht, und wenn sich eine Moderatorin dann auch noch als konservative Stimme inszeniert, dann sollte man auf die Folgen nun wirklich eingestellt sein.“

Zusammenarbeit mit konservativer Moderatorin beendet

Der NDR hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Ruhs das Format „Klar” nicht mehr beim NDR moderieren wird, sondern nur noch beim Bayerischen Rundfunk. In der Sendung wurden kontroverse Themen aufgegriffen. 

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Der neue NDR-Intendant Hendrik Lünenborg dagegen verteidigt die Absetzung von Ruhs beim NDR. „Es ist niemand gecancelt worden“, so Lünenborg, das Format werde ja fortgesetzt und Ruhs moderiere weiter die vom BR verantworteten Folgen. „Aber unsere Kommunikation war an der Stelle wirklich nicht optimal. Das kann man gar nicht anders sagen.“

Auch widerspricht Lünenborg der Kritik einer angeblich einseitigen Berichterstattung. „Es ist ja bei Teilen der Politik der Eindruck entstanden, dass unser Programm nicht mehr ausgewogen genug ist. Das teile ich nicht.“  (dpa/mp)

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