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Gegen Mitternacht sind es rund 50 Leute, die im Club feiern.
  • Kein Foto aus einer Zeit vor Corona. In der „Remembar“ wurden Samstagnacht Erinnerungen an Club-Nächte geweckt.
  • Foto: Marius Röer

Party-Test in Hamburg: „Alle sind ein bisschen schüchtern geworden“

Es ist eine kurze Zeitreise in das Jahr 2019. In einem kleinen geschlossenen Raum tanzen bis zu 70 Leute zu HipHop-Beats. Bunte Lichter kreisen über dem Boden der Tanzfläche. Alkoholische Getränke werden über den Tresen gereicht. Ein Setting, das feierwütige Hamburger:innen seit Beginn der Pandemie schmerzlichst vermissen. In der „Remembar“ in Sasel kommen Samstagnacht Erinnerungen hoch. Es wird getanzt, geflirtet und getrunken – ohne Maske und ohne Abstand. Ganz legal.

Seit Monaten wird um die Party-Situation in Hamburg debattiert, denn die Clubs sind seit eineinhalb Jahren geschlossen. Das ist ungerecht, finden Hamburgs Betreiber. Club- und Barbesitzer sowie Veranstalter fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Während in anderen Bundesländern wie Schleswig-Holstein längst wieder umfassend ausprobiert wird, wie man sicher feiern kann, wartet Hamburg ab. Open-Air-Tanzveranstaltungen sollen die Lösung sein. Problem: Der Lärmschutz.

Die Initiative „Alarmstufe Rot“ wollte nun mit einem Pilot-Projekt in der „Remembar“ in Sasel beweisen, dass Club-Partys mit Hygienekonzept trotz Pandemie funktionieren können. Die Party in dem Club, der mit einem modernen Luftfiltersystem ausgestattet ist, wurde offiziell als Demo angemeldet.

Gegen 22 Uhr trudeln die ersten Gäste ein. Statt in einer engen Schlange vor dem Clubeingang – wie man es bis März 2020 kannte – stehen eine Handvoll Leute, mit Abstand, vor einem weißen Zelt. Darin wird einem nach dem anderen ein Stäbchen tief in die Nase gesteckt, um die Person auf das Coronavirus zu testen – unangenehm, aber schnell erledigt. Alle Gäste werden für die Kontaktverfolgung registriert.

Im Zelt werden erstmal alle auf das Coronavirus getestet. Marius Röer
Im Zelt werden erstmal alle auf das Coronavirus getestet.
In einem Zelt werden erstmal alle Partygäste auf das Coronavirus getestet.

Pilot-Projekt in Hamburg: Mit Hygienekonzept zurück zu Partynächten

„Wir wollen beweisen, dass man mit einem funktionierenden Hygienekonzept feiern kann“, sagt Danny Hellrung von „Alarmstufe Rot“. „Die Gäste werden alle in einem Zelt getestet und bekommen dann einen Tracker, der die Bewegungen im Club zentimetergenau aufzeichnet“, sagt er. Nach dem Test wird erstmal im Außenbereich auf das Ergebnis gewartet. Die Leute wirken (noch) etwas gelangweilt.

Ein Tracker zeichnet die Bewegungsdaten auf. Marius Röer
Ein Tracker zeichnet die Bewegungsdaten auf.
Ein Tracker zeichnet die Bewegungsdaten auf.

Nach etwa 15 Minuten erscheint dann das Ergebnis in der App: negativ. Dann geht es los. Oder nicht? Verlegen wippen zwei Partygänger:innen zur Musik von links nach rechts. Die Sitzplätze sind begehrter als die Tanzfläche. Wodka-Flaschen werden in einem Behälter, gefüllt mit Eis und Wunderkerzen, zu den Tischen getragen.

„Ich finde es total geil, dass man endlich wieder richtig feiern gehen kann“, sagt Gina Rosenrock (20). Sie war vor eineinhalb Jahren zum letzten Mal in einem Club. Als ihre Party-Karriere gerade losging, kam der erste Lockdown. „Die Leute müssen nur wieder auftauen. Ich habe das Gefühl, alle sind ein bisschen schüchtern geworden“, sagt die 20-Jährige. 

Gina Rosenrock (20) findet die anderen Partygäste schüchtern. Marius Röer
Gina Rosenrock (20) findet die anderen Partygäste schüchtern.
Gina Rosenrock (20) findet die anderen Partygäste schüchtern.

Haben Hamburger:innen das Feiern verlernt?

Ole Klawitter (22), Student aus Hamburg, sieht das ähnlich. Er ist am Samstagabend mit einer Freundin da. „Ich war zum letzten Mal im Februar 2020 feiern. Natürlich ist es komisch, nach so langer Zeit ohne Maske und ohne Abstand fremden Menschen wieder so nah zu sein“, sagt er. „Aber das fühlt sich mega gut an. Wenn es ein bisschen voller hier im Laden wäre, würde es mir noch besser gefallen“, sagt er.

Ole Klawitter (22) feiert am Samstag mit Freundin Louisa Koch (18). Sein letzter Club-Besuch ist eineinhalb Jahre her. Marius Röer
Ole Klawitter (22) und Louisa Koch (18)
Ole Klawitter (22) feiert am Samstag mit Freundin Louisa Koch (18). Sein letzter Club-Besuch ist eineinhalb Jahre her.

„DJ Ruff Rob“ zeigt sich optimistisch: „Die Leute haben Bock. Das merkt man. In ein paar Stunden, wenn alle genug getrunken haben, dann füllt sich auch die Tanzfläche“, sagt er. Und lacht. 

„DJ Ruff Rob“ sorgt für Partystimmung. Marius Röer
„DJ Ruff Rob“ sorgt für Partystimmung.
„DJ Ruff Rob“ sorgt für Partystimmung.

„Wir haben bald keine Schnelltests mehr“, sagt Rui Bento (28). Er ist der Betreiber der Bar. Keine Tests heißt: Einlassstopp! 70 Leute dürfen maximal rein. Bento freut sich.

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Party in Hamburg: Betreiber wollen Zeichen setzen

„Ich hoffe, wir können dem Senat beweisen, dass unser Konzept funktioniert. Wir haben im vergangenen Jahr eine Lüftungsanlage im Wert von 42.000 Euro eingebaut. Nun muss das Geld auch wieder reinkommen“, sagt Luigi Lio (34), ebenfalls Betreiber der „Remembar“.

Die Betreiber Riu Bento (28) und Luigi Lio (34) freuen sich über einen gelungenen Abend. Marius Röer
Die Betreiber Riu Bento (28) und Luigi Lio (34) freuen sich über einen gelungenen Abend.
Die Betreiber Riu Bento (28, l.) und Luigi Lio (34) freuen sich über einen gelungenen Abend.

Später liegen sich etwa 70 Personen auf der Tanzfläche teilweise in den Armen liegen und grölen zur lauten Musik mit. Die aufgestylten Hamburger:innen tanzen ausgelassen, haben sichtlich Spaß. In einem engen Raum mit vielen fremden Menschen zu sein, fühlt sich nach eineinhalb Jahren erstmal fast ein bisschen wie eine Straftat an. Das legt sich aber. Von Seiten der Polizei habe es keine Beschwerden gegeben, berichten die Veranstalter. Nun müssen sie nur noch den Senat davon überzeugen, dass ihr Konzept sich in der Pandemie bewährt. In dieser Woche wollen sie erneut das Gespräch suchen – und aus der Zeitreise einen Dauerzustand machen.

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