• Das wichtigste in einer Krise ist es, um Hilfe zu bitten, wenn man welche benötigt.
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Depressionen, Ängste, Sorgen: Was Corona mit uns macht – reicht die Hilfe aus?

Kurzarbeit, Existenzangst, Sorge um die Liebsten: Corona verunsichert die ganze Welt. Krisen können immer auch ein Auslöser für seelische Erkrankungen sein, sagt die psychologische Psychotherapeutin Heike Peper aus Hamburg. Ist die Stadt auf eine mögliche Welle an notwendigen Therapien vorbereitet?

Wie genau die Corona-Krise auf uns wirkt, ist sehr individuell. „Es kommt darauf an, in welcher Lebenssituation jemand ist“, erklärt Heike Peper, die ebenfalls Präsidentin der Hamburger Psychotherapeutenkammer ist. Es kommt zum Beispiel darauf an, „was ich selbst für Kräfte zur Verfügung habe, wie mein soziales Umfeld aussieht“, sagt die 60-Jährige. Eine allgemeine Antwort gibt es nicht.

Heike Peper, psychologische Psychotherapeutin und Präsidentin der Psychotherapeutenkammer Hamburg.

Heike Peper, psychologische Psychotherapeutin und Präsidentin der Psychotherapeutenkammer Hamburg.

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hfr

Sicher ist aber: „Gesellschaftlich erschüttert es uns alle. Mit so einer Situation waren wir noch nie konfrontiert.“ In Deutschland stünden wir vor der Herausforderung, nicht zu wissen, wie sich unsere Gesellschaft nach der Corona-Zeit entwickeln wird: „In anderen Regionen der Welt sind die Menschen ganz anders eingestellt auf Epidemien und Naturkatastrophen.“

Die Corona-Krise kann Auslöser für psychische Erkrankungen sein

Belastungssituationen wie die Corona-Krise können Auslöser seelischer Erkrankungen sein oder tief vergrabene Ängste verstärken. „Es können sich Depressionen und Angststörungen entwickeln“, sagt Peper. „Viele bewegen sich derzeit auf schwankendem Boden.“

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Doch einige Symptome sind derzeit erst einmal normal, erklärt die Therapeutin. Viele befinden sich in einer Überwachheit, halten nach Symptomen Ausschau und sind schnell verunsichert. „Wir sind derzeit besonders sensibel“, sagt Peper. Aber wann kommt der Zeitpunkt, ab dem es nicht mehr normal ist?

Wenn die Symptome länger anhalten, sollte nach Hilfe gefragt werden

„Wenn Symptome über eine längere Zeit anhalten“, erklärt Peper. „Wenn es kaum andere Momente mehr gibt, kaum andere Gefühle da sind und nichts anderes, an das man denken kann. Wenn es so eine starke Intensität bekommt, dass mein Leben massiv eingeschränkt wird.“ Ab diesem Zeitpunkt sollte sich jeder Betroffene psychotherapeutische Hilfe holen, denn je früher seelische Schmerzen behandelt werden, desto besser.

Eine psychotherapeutische Betreuung ist auch in Corona-Zeiten möglich. Allerdings: Schon vor der Krise waren Therapie-Plätze rar. „Die ambulante psychotherapeutische Versorgung für gesetzlich Versicherte wird durch die Bedarfsplanung beschränkt“, sagt Peper. „Laut dieser liegen wir in Hamburg schon bei 160 Prozent Überversorgung. Doch real gibt es Wartezeiten.“

Hamburg: Auch in der Krise sind die Praxen geöffnet

Eine erste Erleichterung schafft die Psychotherapeutische Erstversorgung, eine Sprechstunde, zu der jeder kommen kann. Hier wird in einem Erstgespräch festgestellt, um was es geht und ob eine Behandlung nötig ist. Das ist auch in Corona-Zeiten möglich. Derzeit besteht ebenfalls die Möglichkeit einer Video- oder Telefonsitzung.

Einen Ansturm auf die Praxen gab es bis jetzt noch nicht, das könne sich aber noch ändern: „In den ersten Wochen der Kontaktsperre waren viele so unsicher. Alles andere musste hinten anstehen“, sagt Peper. Es sei das gleiche Phänomen wie derzeit auch bei Hausärzten. Erst wenn die Maßnahmen gelockert werden, würde man sehen, wie sich die Krise tatsächlich auf die Seele der Menschen ausgewirkt hat.

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