Sind Homosexuelle auf dem Kiez nicht mehr sicher?
Unter dem Motto „Der Kiez ist bunt“ demonstrierten am Mittwochabend 200 Menschen auf der Reeperbahn. Anlass ist der homophobe Angriff auf zwei Gäste der Wunderbar am 31. Oktober. Auch in den Wochen zuvor war es zu Gewalt gegen Schwule gekommen. In der MOPO erklärt Axel Strehlitz, Betreiber der Wunderbar und Anmelder der Demo, wie sich die Situation für Homosexuelle in den vergangenen Jahren verschärft hat, und zwar nicht nur auf dem Kiez.
Sind Homosexuelle auf dem Kiez nicht mehr sicher, Herr Strelitz?
So pauschal kann man das nicht sagen. Was man sagen kann: Die homophoben Übergriffe haben zugenommen. Selbst ich erlebe so etwas, und das, obwohl ich in St. Georg lebe. Sogar auf dem Hansaplatz ist es mir passiert, dass ich homophob beleidigt wurde. Diese Angriffe stehen auf einer Stufe mit Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, aber es wird weniger darüber gesprochen.
Unter dem Motto „Der Kiez ist bunt“ demonstrierten am Mittwochabend 200 Menschen auf der Reeperbahn. Anlass ist der homophobe Angriff auf zwei Gäste der Wunderbar am 31. Oktober. Auch in den Wochen zuvor war es zu Gewalt gegen Schwule gekommen. In der MOPO erklärt Axel Strehlitz, Betreiber der Wunderbar und Anmelder der Demo, wie sich die Situation für Homosexuelle in den vergangenen Jahren verschärft hat, und zwar nicht nur auf dem Kiez.
Sind Homosexuelle auf dem Kiez nicht mehr sicher, Herr Strelitz?
So pauschal kann man das nicht sagen. Was man sagen kann: Die homophoben Übergriffe haben zugenommen. Selbst ich erlebe so etwas, und das, obwohl ich in St. Georg lebe. Sogar auf dem Hansaplatz ist es mir passiert, dass ich homophob beleidigt wurde. Diese Angriffe stehen auf einer Stufe mit Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, aber es wird weniger darüber gesprochen.

Woran liegt das?
Die Betroffenen schämen sich. Ich habe mit den Opfern gesprochen, die vor unserer Wunderbar von Passanten zusammengeschlagen wurden. Die fragten sich, ob sie das nicht vielleicht provoziert haben, weil sie offen schwul sind. So wie man früher zu Frauen sagte ‚Was trägst du auch für einen kurzen Rock’, wenn sie sexuell belästigt wurden. Dabei ist es wurscht, was du anziehst oder welche sexuelle Orientierung du hast: Es ist dein verfassungsgemäßes Recht, dich frei zu entfalten.
Was ist vor der Wunderbar passiert?
Eine Zeugin sagte, da kam eine Gruppe, pöbelte, die beiden Männer vor der Bar sagten: „Geht doch weiter“ – und dann wurde aus der Gruppe heraus einfach auf die eingedroschen. Zwei prügelten, die anderen feuerten sie an. Erst Passanten haben die auseinander gebracht.

Weiß man inzwischen, wer das war?
Ja, die Polizei hat zwei Männer festgenommen, die schon als gewaltbereit bekannt waren, allerdings bisher nicht als homophob aufgefallen waren. Der Staatsschutz ermittelt, das wird also sehr ernst genommen. Das beruhigt mich.
Geht es immer nur um körperliche Gewalt?
Nein, was wirklich massiv zugenommen hat, sind Beleidigungen nach dem Motto: „Scheiß-Schwuchtel“. Sowas zu sagen, trauen sich heute viel mehr Menschen als früher. Das ist mir aufgefallen, als wir während Corona eine Terrasse betrieben haben und viel sichtbarer waren als vorher: Wie viele Leute so im Vorbeigehen eine Beleidigung in unsere Richtung sagen. Und dann gibt es auch Fälle, in denen es nicht bei Worten bleibt.

Wie gehen die Gäste Ihrer Bar mit dem Thema um?
Als wir den Vorfall auf Facebook gepostet haben, haben wir so viele Reaktionen bekommen, das war verrückt. So viele Menschen schilderten uns, wie oft sie Beleidigungen erleben, wie sie die Straßenseite wechseln, weil da bestimmte Gruppen entgegenkommen. Es ist ein massives Problem, das muss man öffentlich machen.
Was raten Sie Betroffenen?
Publik machen, Anzeige stellen. Fast 90 Prozent der Taten werden nicht angezeigt. Und bloß keine Vermeidungshaltung annehmen. Niemand muss sich fragen, wo er oder sie Händchen halten darf.