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Cosco schnappt sich den Tollerort
  • Sie basteln an dem Cosco-Deal: Chinas Vizepräsident Wang Quishan (M.) auf dem Terminal Tollerort mit HHLA-Chefin Angela Titzrath und Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher
  • Foto: HHLA / Thies Rätzke

Cosco steigt im Hafen ein: Hilfe! Die Chinesen kommen

Zeitenwende im Hamburger Hafen: Erstmals in der Geschichte gibt die Hansestadt die Kontrolle über einen Teil der Hafenanlagen ans Ausland ab. Der Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco beim zweitgrößten Hamburger Terminal Tollerort in Steinwerder ist offenbar so gut wie besiegelt. Damit bekommt China Zugang zu kritischer Infrastruktur.

„Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten. Ich gehe davon aus, dass es demnächst einen Abschluss gibt.“ Mit diesen Worten zitiert die „Welt“ Angela Tizrath und beendet damit die Spekulationen über einen bevorstehenden Deal mit Cosco. Die Chefin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) habe außerdem erklärt, die Bundesregierung sei bereits über die beabsichtigte Transaktion informiert worden. Einem HHLA-Sprecher zufolge steht der Abschluss nur noch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen in beiden Ländern. „Die dafür notwendigen Unterlagen werden von uns gerade vorbereitet und eingereicht“, so der Sprecher zur MOPO.

Chinesen wollen den Terminal Tollerort zu einem Drittel übernehmen

Nach MOPO-Informationen wollen die Chinesen 35 Prozent der Anteile am Terminal Tollerort der zu 69 Prozent städtischen HHLA übernehmen. Zwar bleiben die Flächen im Eigentum der Stadt, doch beim Betrieb der Anlagen hat Cosco künftig ein Mitspracherecht. HHLA-Chefin Tizrath betonte, der Terminal Tollerort werde auch weiterhin für andere Reedereien zugänglich sein. „Wir wollen Cosco, mit dem wir seit 36 Jahren zusammenarbeiten, enger an uns binden“, so Tizrath in der „Welt“. Auch Bürgermeister Peter Tschentscher hatte sich im Juli für eine chinesische Beteiligung am Hafen ausgesprochen.

Der Handel mit China ist für Hamburg das mit Abstand wichtigste Geschäft. Rund 30 Prozent des gesamten Containerumschlags betrifft Ladung aus dem Land der aufgehenden Sonne. Ohne China ist heutzutage kein Wachstum mehr möglich. Der Deal soll auch helfen, Hamburgs schwächelnde Position gegenüber den Rivalen Rotterdam und Antwerpen zu stärken.

Gewerkschaft Verdi sorgt sich um die Folgen für die Hafenarbeiter in Hamburg

Gleichzeitig bedeutet der Deal aber auch einen Gesichtsverlust. Denn mit Hamburg schließt sich nun die letzte Lücke in der Strategie der „Neuen Seidenstraße“, mit der China einen zielgerichteten Expansionskurs vorantreibt. Bereits an 14 europäischen Häfen besitzt China eigene Terminals oder hält Anteile an Hafenbetreibern. Experten zufolge werden bereits mehr als zwei Drittel der 50 größten Containerterminals der Welt von China kontrolliert. „Europa hat ein Stück Souveränität verloren“, kritisierte Frankreichs Ex- Premierminister Jean-Pierre Raffarin kürzlich.

Welche Folgen dieser Ausverkauf für die Beschäftigten haben kann, zeigt sich am Beispiel des Hafens von Piräus, den das bankrotte Griechenland 2016 an Cosco verscherbelte. Dort wurden die Gehälter und Sozialleistungen gekürzt, die Gewerkschaften ausgeschlossen, die Mitbestimmung abgeschafft. Droht das nun auch in Hamburg? Doris Heinemann-Brooks, stellvertretende Landesbezirksvorsitzende bei der Gewerkschaft Verdi, die den Hafen von Piräus häufig besucht hat, erklärte kürzlich in der MOPO: „Meinen persönlichen Beobachtungen nach wird Cosco sich mit einer kleinen Beteiligung nicht zufrieden geben. Die Chinesen bringen, wie in Griechenland, ihre eigenen Leute mit und werden versuchen, Einfluss auf die Arbeitsorganisation in Hamburg zu nehmen.“

Hamburg: Linkspartei kritisiert Cosco-Deal scharf

Natale Fontana, Verdi-Landesfachbereichsleiter Verkehr, ergänzt: „Natürlich sind Investitionen notwendig. Aber die Stadt Hamburg muss sich gut überlegen, an wen sie öffentliche Bereiche verkauft. Das ist schon mehrmals schief gegangen, wie zum Beispiel der Verkauf von Krankenhäusern und die Privatisierung von Teilen des Flughafens bis heute zeigen.“

Der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch kritisierte den Cosco-Deal scharf. „Ein solcher Schritt muss unbedingt in der Bürgerschaft und damit öffentlich diskutiert werden. Es handelt sich um einen kräftigen Eingriff in die bisherige öffentliche Struktur des Hamburger Hafens. Die Verträge und Bedingungen müssen offen und transparent vorliegen. Wir wollen keine bösen Überraschungen.“

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Selbst die CDU, die traditionell für mehr Wettbewerb im Hafen ist, gibt sich reserviert: „Den Verkauf kritischer Infrastruktur im Hafen lehnen wir ab. Aber Minderheitsbeteiligungen an einzelnen Terminals und Joint Ventures auf Zeit können unter Umständen für mehr Wettbewerb, mehr Ladung und mehr Beschäftigung im Hamburger Hafen sorgen. Hierfür braucht Hamburg dringend eine Strategie“, so Götz Wiese, hafenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

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