• Der Elbstrand in Hamburg war am Sonntag teils gut besucht – doch es waren keine Gruppen unterwegs, alle hielten Abstand. Nur am Eingang war es manchmal etwas eng.
  • Foto: Marius Roeer

Coronavirus: Danke, Hamburg! Das war eine reife Leistung

Der Hauptbahnhof: leergefegt. Spielplätze: verwaist. S-Bahnen: alle Plätze frei. Fischmarkt und Hafenstraßen-Promenade: komplett tote Hose. In den Parks und am Elbstrand: keine Gruppen. Der Kiez: trist. Die Landungsbrücken: menschenleer.

Hamburg wirkte am Sonntag teilweise wie in einem dieser apokalyptischen Endzeit-Filme. Und das ist eine gute Nachricht. Denn Hamburg hat bewiesen: Wir brauchen keine staatlich verordnete Ausgangssperre wie in Dutzenden Ländern weltweit. Wir brauchen kein Militär in den Straßen wie in Frankreich oder Spanien.

Coronavirus: Wir brauchen keine Ausgangssperre

Was wir brauchen, ist eine klare Ansage, ist Einsicht, ist Vernunft. Und dann kriegen wir das auch so hin.

Hamburg HBF

Menschenleer: der Hamburger Hauptbahnhof am Sonntag

Foto:

Marius Röer

Die Hamburger haben, wie offenbar die allermeisten Menschen in diesem Land, verstanden, was auf dem Spiel steht. Sie haben gezeigt, dass die Bürger in einer liberalen Demokratie nicht gezwungen werden müssen, sich an so drastische Regeln wie derzeit zu halten. Dass man auch auf Einsicht setzen kann.

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Coronavirus in Hamburg: Einsicht statt Zwang

Und so haben die Hamburger einen großen Beitrag dazu geleistet, dass wir in den kommenden Wochen weiter alleine, als Paar, als Familie vor die Tür gehen und einfach mal frische Luft schnappen können.

spielplatz

Die Polizei sperrt am Sonntag an der Holstenstraße (Altona) einen Spielplatz ab. 

Foto:

Marius Röer

Wir von der MOPO können da nur „Danke, Hamburg“ sagen – und dass wir stolz darauf sind, Teil dieser in der Krise so erwachsenen, solidarischen Stadt zu sein.

Okay, auf einigen Wochenmärkten und Straßen wie dem Steindamm war es am Sonnabend viel zu eng und voll. An manchen Spielplätzen musste die Polizei erklärend tätig werden. Manch‘ Jogger könnte beim Vorbeihecheln mehr Abstand waren, beklagen einige MOPO-Leser. Und auch die Stadt müsste an Hot-Spots wie der Alster oder dem Elbstrand die Spaziergänger-Ströme besser lenken, andere Städte haben da gute Ideen gezeigt. 

Corona-Party bei Hamburg: Trottel gibt es immer

Natürlich, ein paar Trottel gibt es immer: In Barsbüttel vor den Toren Hamburgs musste die Polizei am Samstagabend Jugendliche bei einer „Corona-Party“ auseinandertreiben. In Hamburg aber zeigte sich die Polizei hochzufrieden und lobte die Bürger.

Steindamm Hamburg

Der Steindamm in Hamburg-St. Georg: Am Sonnabend war es hier noch zu voll, am Sonntag kaum noch Publikum.

Foto:

Marius Röer

Diese feierten und sangen von Balkon zu Balkon, gingen spazieren, achteten auf den Abstand, standen brav in der Baumarkt-Schlange, ohne sich zu nahe zu kommen.

Coronavirus: Es braucht keine Diktatur

Ich finde das bemerkenswert, weil es vor wenigen Wochen, als China erstmals Städte abriegelte, hieß, das gehe nur in einer Diktatur. Dann kamen europäische Länder dazu, immer mit martialischer Rhetorik, von Krieg wurde da gesprochen, das Militär mobilisiert, bewaffnete in den Straßen positioniert.

Fischmarkt Hamburg

Der Fischmarkt in Hamburg: Sonntags ist hier sonst die Hölle los, heute war niemand unterwegs. 

Foto:

Neuburger

Zumindest am Sonntag haben die Hamburger bewiesen, dass man weder Diktaturen noch Soldaten braucht, um in dieser epochalen Krise das Richtige zu tun. Man braucht einfach nur Verstand und Solidarität.

Jetzt gilt: Nerven bewahren!

Hoffen wir, dass es so bleibt, dass wir nicht kollektiv die Nerven verlieren. Und Virologen und Politiker einen Weg finden, die Risikogruppen in den kommenden Monaten effektiv zu schützen und gleichzeitig die Wirtschaft vor dem Kollaps durch monatelangen Schließungen zu bewahren.

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