• Bars, Kneipen und Kioske werden kontrolliert.
  • Foto: Röer

Corona-Wochenende in Hamburg: Party machen bis zum nächsten Lockdown?

Noch einmal Feiern vor dem nächsten Lockdown – so in etwa lässt sich die Stimmung am Wochenende auf dem Kiez zusammenfassen. Angesichts steigender Neuinfektionen mit dem Coronavirus, verschärft Hamburg ab dieser Woche vor allem die Regeln für Gastronomie und Partymeilen deutlich. In den Nächten zu Samstag und Sonntag führten Polizei und Behörden Großkontrollen rund um den Kiez durch – einzelne Läden ignorieren bisher jegliche Warnungen.

In insgesamt 700 Hamburger Bars, Kneipen, Clubs und Shisha-Bars haben Polizei und Behörden am Wochenende die Einhaltung der Corona-Regeln kontrolliert. Der Großteil der Betriebe hielt sich an die Auflagen – in rund 30 Prozent der Betriebe (182) wurden Verstöße festgestellt.

Corona-Kontrollen auf dem Kiez: Zehn Läden geschlossen

So seien zum Beispiel Gästelisten nicht ordentlich geführt und Mindestabstände nicht eingehalten worden. In einer Shisha-Bar wurden die Wasserpfeifen ohne Wechsel der Mundstücke herumgereicht. Andere Bars wie das „Albers Eck“ und das „Shooters“ waren überfüllt. Einige Kioske hätten trotz Verbots Alkohol verkauft. Nach MOPO-Informationen waren viele dieser Läden schon vorher negativ aufgefallen. 

Auch Falko Droßmann, Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte, beteiligte sich an den Kontrollen. Er beobachtete, wie einige Türsteher versuchten, die Polizei hinters Licht zu führen: „Türsteher lösten einen internen Alarmknopf aus, um Kollegen im Inneren der Etablissements zu warnen. Andere flüchteten vor den Beamten in die Läden, um schnell für Ordnung zu sorgen und das Tanzen zu unterbinden, bevor sich die Beamten ein Bild vom Geschehen machen konnten“, so Droßmann zur MOPO.

Insgesamt wurden 205 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und 86 mündliche Verwarnungen ausgesprochen. Zehn Läden mussten schließen, darunter sieben Gastro-Betriebe, zwei Shisha-Bars und ein Kulturverein.

Steigende Corona-Zahlen: Hamburg greift durch

Hintergrund der verstärkten Kontrollen in Bars und Kneipen sind besonders viele Infektionen in der Gruppe der 20- bis 40-Jährigen. Die von Menschen dieser Altersgruppe gern besuchten Bars und Clubs gelten als mögliche Ansteckungsherde. Am Sonntag vermeldete der Senat 38,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Damit hat Hamburg den vierten Tag in Folge den kritischen Inzidenzwert von 35 überschritten.

Um die Ausbreitung des Virus abzubremsen, wird ab Montag eine verschärfte Maskenpflicht für Hamburg gelten. In öffentlichen Gebäuden und in Gastronomiebetrieben soll grundsätzlich ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Samstag. Auf öffentlichen Plätzen mit starkem Gedränge sowie auf Demonstrationen und Großveranstaltungen werde ebenfalls eine Maskenpflicht gelten.

Corona-Regeln: Sperrstunde und Alkoholverbot im Gespräch

Hierzu veröffentlichte die Stadt eine Karte mit den Straßen, in denen zu bestimmten Uhrzeiten auch unter freiem Himmel eine Maskenpflicht gelten soll. Vor allem sind davon bekannte Partymeilen und Corner-Hotspots betroffen – darunter natürlich auch die Reeperbahn auf St. Pauli und das Schulterblatt in der Schanze. Aber auch an einzelnen Adressen täglich zwischen der Mittagszeit und der späten Nacht das Tragen einer Maske zur Pflicht, wie am Steindamm 33 oder am Mühlenkamp 1 und 22.

Hier gilt nun die Maskenpflicht im öffentlichen Raum. 

Hier gilt nun die Maskenpflicht im öffentlichen Raum. 

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Stadt Hamburg 

Sollte der Inzidenzwert weiter in Richtung 50 steigen, stellte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) bereits schärfere Maßnahmen für die Gastronomie in Aussicht. Als Beispiele nannte er „eine mögliche Sperrstunde, ein Alkoholverbot oder eine deutliche Reduzierung der gleichzeitig anwesenden Gäste“. In Berlin ist eine solche Sperrstunde bereits seit dem Wochenende Realität. „Ein erneuter Lockdown wäre eine Katastrophe für die Branche und würde das Aus für viele Betriebe bedeuten“, warnte Fritz Klein, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga).

Hamburger Virologe sieht Sperrstunde kritisch

Was sagt die Wissenschaft zu den Verboten auf den Partymeilen? Aus anderen großen Städten sei bekannt, dass es nach der Sperrstunde im privaten Raum erst richtig losgehe, sagte Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut in der„Welt“.

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Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit äußerte sich zu den bevorstehenden Corona-Maßnahmen. 

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picture alliance/dpa

„Man braucht daher viele Kontrollen. Ich bezweifle allerdings, dass es für diese überall die Ressourcen und den Willen gibt.“ Neben den Beschränkungen sei es wichtig den jungen Leuten auch Angebote zu machen. „Ein Angebot könnte es etwa sein, den Clubbesuchern Tests anzubieten und nur die negativ Getesteten in den Club reinzulassen“, so Schmidt-Chanasit in der Zeitung.

Der Virologe hält eine flächendeckende Sperrstunde für Restaurants und Bars in Hamburg nicht für sinnvoll. „Ein singuläres Ausbruchsgeschehen, sagen wir die Hochzeitsfeier einer Großfamilie, kann dazu führen, dass die Inzidenz von 35 überschritten wird. Und wenn das der Fall ist, sollte das nicht der Anlass sein, massenhaft Restaurants und Bars um 23 Uhr zu schließen.“

Party trotz Corona: Merkel und Minister appelieren an junge Leute

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehrere Ministerpräsidenten appellierten in der vergangenen Woche vor allem an junge Leute. An der Entwicklung in den Ballungsräumen zeige sich, „ob wir die Pandemie in Deutschland unter Kontrolle halten können oder ob uns die Kontrolle entgleitet“, so Merkel am Freitag nach einer Videoschalte mit den Bürgermeistern der elf größten Städte in Deutschland. Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sagte in der „Welt am Sonntag“: „Jetzt sind nicht volle Partys gefragt, sondern Vorsichtsmaßnahmen – und Kontrolle.“ (abu/dpa)

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