x
x
x
  • Foto: dpa

Corona-Demonstrationen in Hamburg: Senat erwartet weiteres Protest-Chaos in der Stadt

Hamburg steht für eine bunte Vielfalt, offensichtlich auch beim Protest. Seit Wochen mehren sich die Demonstrationen in unserer Stadt, höchst unterschiedliche Gruppen wenden sich gegen die Corona-Maßnahmen – oder eben gegen deren Kritiker. Eine unübersichtliche Lage, die auch an den kommenden Wochenenden erwartet wird.

Das hat Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Dienstag im Rahmen der Landespressekonferenz angekündigt. „Es wird ähnliche Konstellationen wie am vergangenen Wochenende geben“, sagte er. Da versammelten sich am Samstagnachmittag plötzlich mehr als 1000 Menschen aus unterschiedlichen Lagern auf dem Rathausmarkt, um jeweils für ihr eigenes Anliegen zu protestieren. Mal friedlich, mal höchst aggressiv – so dass auch Hamburgs Polizei alle Hände voll zu tun hatte. „Wir haben eine dynamische Lage“, sagte ein Sprecher am Wochenende.

Corona-Demos in Hamburg: Das sagt Andy Grote

Übersetzt heißt das: Selbst die Beamten konnten zwischenzeitlich nicht einmal mehr sagen, welche Person eigentlich zu welcher Gruppe gehört. „Die Mischung der Teilnehmer und Motive ist bunt. Mancher Protest von Betroffenen ist grundsätzlich verständlich, andere Strömungen wirken dagegen skurril und diffus“, sagt Innensenator Andy Grote (SPD) zur MOPO.

Neuer Inhalt (13)

Andy Grote (SPD) nennt die Corona-Proteste in Hamburg „diffus“.

Foto:

picture alliance/dpa

Natürlich sei es für rechte und rechtsextremistische Gruppierungen attraktiv, daraus politisches Kapital zu schlagen. „Aber wir können für Hamburg bislang keine relevante Vernetzung oder Beeinflussung feststellen. Wir verfolgen die Entwicklung aber weiterhin sehr aufmerksam“, sagt er.

Hamburg: Viele verschiedene Corona-Demonstranten

Bereits jetzt lohnt es sich, genau hinzuschauen, welche einzelnen Gruppen es gibt. Da wären zum Beispiel die normalen Bürger. Sie sind in der Regel eher unpolitisch, jedoch von den Corona-Maßnahmen höchst genervt oder sogar existenziell bedroht, so dass sie für weitere Lockerungen der Maßnahmen streiten.

Das könnte Sie auch interessieren: Corona in Hamburg! Alle wichtigen News im Liveticker

Bei einem anderen Protest-Block wird es schon etwas diffuser. Es geht um jene, die in ihren Protesten gern aufs Grundgesetz – und die durch den Corona-Lockdown eingeschränkten Bürgerrechte – verweisen. Bei diesen Demonstranten sieht man auch mal Plakate mit Aufschriften wie „Merkel, du Fresse – Hände weg vom Rechtsstaat“ – Aussagen, die auch noch ein ganz anderes Demo-Publikum anlocken.

Hamburgs NPD-Chef zeigt sich bei Corona-Demo

„Stand jetzt, haben wir noch keine Lage wie in anderen deutschen Städten, aber es ist nicht verwunderlich, wenn auch in Hamburg Extremisten, zum Beispiel aus dem Milieu der Reichsbürger oder des Rechtsextremismus, bei bestimmten Demonstrationen, die einen regierungskritischen Tenor haben, mitlaufen“, sagt ein Sprecher des Verfassungsschutzes. Die rechte Szene, sie war am Samstag vor Ort – in Person von NPD-Chef Lennart Schwarzbach sowie einer Reihe von Anhängern seiner Partei. Sie beobachteten laut Grote die Demonstrationen, in der Hoffnung, neue Gefolgschaft zu finden. Diese Gruppe habe am vergangenen Samstag aber nur 30 bis 50 Personen ausgemacht, die Corona-Kritiker dagegen 400 bis 500.

Sie haben Themenhinweise für die MOPO-Redaktion? Schreiben Sie uns bei Whatsapp: 017641104112

Und wo die Rechten sind, da ist bekanntlich auch die linke Szene als Gegenprotest nicht weit. Etwa 200 bis 300 linke Demonstranten zeigten am Samstag Transparente wie „Rechte Hetze stoppen“. Außerdem riefen sie auf dem Rathausmarkt: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“. Innensenator Andy Grote bezeichnete deren Vorgehen als zum Teil „sehr aggressiv“. In einzelnen Fällen seien Menschen körperlich angegriffen worden. Der Protest der linken Szene richtete sich jedoch nicht nur gegen die rechte Szene, sondern auch gegen Kritiker der Corona-Regeln.

Hamburg: Linke Szene protestiert gegen Corona-Zweifler

Etwa jene, die sich in den vergangenen Tagen immer mal wieder still meditierend auf bekannten Plätzen niedergelassen hatten, um zu protestieren. Die waren auch am Samstag mit dabei, allerdings deutlich lauter, weil sie sowohl das Lied „Die Gedanken sind frei“ als auch die deutsche Nationalhymne gesungen hatten. Mit diesen „Hippies“ legten sich Personen der linken Szene genauso an, wie mit sogenannten Verschwörungsideologen.

„Verschwörungstheorien gefährden Ihre Gesundheit“, stand auf einem Transparent und galt unter anderem einer Gruppe, die sich mit Alu-Hüten ausgestattet hatte. Oder Personen, die „Gib Gates keine Chance“ auf ein Plakat geschrieben hatten. Zur Erinnerung: Viele dieser Personen glauben, dass Microsoft-Vater Bill Gates hinter der Corona-Krise steckt, um Menschen zwangszuimpfen und dabei Mikrochips transplantieren zu können, um diese zu versklaven.

Corona: Auch Impfgegner demonstrieren in Hamburg

Apropos Impfen: Zu der Vielzahl an Protestlern gehören auch die Impfgegner, die vom Überzeugungstäter bis hin zum kruden Verschwörungsfanatiker reichen. Obwohl die Bundesregierung bereits betont hat, dass es keine Impfpflicht geben wird, führen die Impfgegner dieses Argument immer wieder an, um sich Gehör zu verschaffen. Aus ihren Reihen wird auch gerne behauptet, dass das Coronavirus „gar nicht so schlimm“ sei.

Ähnlich sehen es auch die Anhänger der Bewegung „Widerstand 2020“, die sich ebenfalls gegen die Corona-Maßnahmen richtet und von Innensenator Andy Grote (SPD) jüngst als „trübe Brühe“ bezeichnet wurde, da sich auf deren Veranstaltungen bereits eine vom niedersächsischen Verfassungsschutz beobachtete Person aus der rechten Szene gezeigt hatte.

Nach Angaben der Hamburger Verfassungsschützer sind die Veranstaltungen in Hamburg bislang keine Beobachtungsobjekte der Behörde. „Aber natürlich verfolgen wir die Situation sehr sensibel und aufmerksam und behalten die Entwicklung im Fokus“, so ein Sprecher. Einfach ist das nicht, weil die Grenzen zwischen den einzelnen Protestgruppen zum Teil fließend sind.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp