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  • Foto: picture alliance/dpa

CarSharing-Boom in Hamburg: Wird sich das Verhältnis zum Auto komplett verändern?

Luftverschmutzung, Staus und Parkplatznot prägen das Verkehrsgeschehen in Hamburg. CarSharing hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschlands Großstädten etabliert und verspricht dem Nutzer maximale Flexibilität und den Stadtplanern eine Entlastung der Verkehrssituation. Ist das Konzept wirklich so erfolgsversprechend und problemorientiert?

Obwohl sich Bewohner der Innenstädte nicht über einen Mangel an öffentlichen Verkehrsmitteln beklagen können, lassen sich viele den komfortablen Luxus eines Fahrzeugs nicht nehmen. Ein Auto verspricht Unabhängigkeit und Flexibilität. Schnell von A nach B zu gelangen, ohne dabei Rücksicht auf Bus oder Bahn nehmen zu müssen, scheint für viele Hamburger Grund genug zu sein, die hohen Kosten eines Autos in Kauf zu nehmen.

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In vielen Ballungsräumen beklagen sich PKW-Besitzer über Parkplatznot und verstopfte Innenstädte. Zu regulären Ausgaben wie für Versicherung und Wartung kommen oft noch teure Stellplatzmieten. Die „Wirtschaftswoche“ berechnete, dass sich ein eigenes Fahrzeug nur lohnt, wenn man damit jährlich mehr als 11.250 Kilometer zurücklegt. Das tun aber nur die wenigsten Stadtbewohner.

Hamburg: CarSharing will Verkehrsprobleme lösen

Carsharing soll nun die neue Lösung sein, um die Vorteile eines Autos zu genießen zu können, ohne dabei die lästigen Kosten zu tragen. Die Anbieter versprechen maximale Freiheit und Flexibilität für minimalen Aufwand. Die Vorteile sind für den Verbraucher sofort ersichtlich: Es fallen keine Anschaffungskosten an, Ausgaben für Wartungs- und Reparaturleistungen übernimmt der Anbieter.

Die eingesetzten Autos sind häufig nicht älter als vier Jahre und der Nutzer kann je nach Bedarf zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen auswählen. Zudem wirkt das Modell besonders umweltfreundlich, da ein Fahrzeug von mehreren Menschen effizienter genutzt werden kann.

Besonders freefloating ist bei Nutzern beliebt

Das Konzept erfreut sich großer Beliebtheit: Aus Hamburgs Innenstädten sind die Fahrzeuge der verschiedenen Anbieter nicht mehr wegzudenken. Im Städteranking 2019 des Bundesverbandes CarSharing (bcs.) verzeichnet Hamburg nach Karlsruhe und München mit 1,61 Autos pro 1000 Einwohnern die dritthöchste Dichte an CarSharing-Fahrzeugen. Auch die Anzahl der Hamburger Kunden steigt seit Jahren kontinuierlich: Allein der Betreiber „share now“, gab auf Rückfrage an, im Raum Hamburg etwa 280.000 Mitglieder zu haben.

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Besonders das sogenannte „freefloating“, also das Leihen eines standortunabhängigen Wagens, ist gefragt. Die Benutzer können die Autos nach Nutzung im öffentlichen Parkraum abstellen, ohne dabei für anfallende Kosten aufkommen zu müssen. Per App kann dann der nächste Nutzer den Standort ermitteln und weiterfahren. Die Alternative ist das stationsbasierte CarSharing, bei dem die Fahrzeuge an einer Mietstation abgeholt und an den gleichen Ort zurückgebracht werden müssen.

Das sind die Erfolgsaussichten für CarSharing

Der Verkehrsexperte der Uni Hamburg, Prof. Wolfgang Maenning, sieht in dem Konzept großes Potenzial. Gerade junge Menschen änderten ihr Nutzungsverhalten in Bezug auf Kraftfahrzeuge, sodass langfristige Änderungen abzusehen seien. Besonders Elektrofahrzeuge schnitten bei der jungen Zielgruppe gut ab.

Defizite gibt es laut Maenning noch in der Ausführung: Die Anbieter seien zu sehr auf den Innenstadtbereich fokussiert. Er empfiehlt, die Infrastruktur für Anbieter auszubauen, beispielsweise durch weitere reservierte Bereiche für CarSharing Fahrzeuge, zusätzlich zu den freien Abstellmöglichkeiten. Solche Bereiche sollten auch an den öffentlichen Nahverkehr angebunden werden. 

Feste Stellplätze könnten die Parkplatzsuche vereinfachen und die Lademöglichkeit für Elektro-Autos vereinfachen. Um das Angebot familienfreundlicher zu gestalten, sollten die Fahrzeuge mit Kindersitzen ausgestattet werden.

Nutzungsweise ist entscheidend für die Verkehrsentlastung

Überzeugte Anhänger der Bewegung prophezeien eine Entwicklung, bei der am Ende eine völlig veränderte PKW-Besitzkultur steht. Ob das Modell wirklich einen sinnvollen Beitrag zu einem ökologisch nachhaltigen Verkehrswandel darstellen kann, hängt stark vom Nutzungsverhalten der Kunden ab.

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CarSharing wird wohl auch in Zukunft Hamburgs Verkehr prägen. Die positive Resonanz in den Innenstädten zeigt sich an den wachsenden Nutzerzahlen. Im Sinne einer nachhaltigen Umstrukturierung des Verkehrs ist das Konzept ein Hoffnungsträger. Ob langfristig die Anzahl von Privat-PKW verringert und so die Ballungszentren entlastet werden können, hängt davon ab, wie die Hamburger das Angebot nutzen werden. Konzepte, die den öffentlichen Nahverkehr mit den Angeboten kombinieren, scheinen vielversprechend. Die gemeinschaftliche Nutzung von Transportmitteln, sei es nun öffentlich oder privat, gilt es weiter anzustreben.

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