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Hafenarbeiter protestieren gegen den Verkauf der HHLA auf dem Rathausmarkt
  • Protest gegen den Teilverkauf der HHLA an MSC: Mehr als 600 Menschen kamen zu der Kundgebung auf dem Rathausmarkt.
  • Foto: Marius Roeer

Hafenarbeiter fordern bei Demo vor dem Rathaus Ende des MSC-Deals

Fahnen, Tröten und wütende Worte: Mehr als 600 Hafenarbeiter haben am Samstag vor dem Rathaus gegen den geplanten Teilverkauf des städtischen Hafenkonzerns HHLA an die Reederei MSC protestiert. Die Stimmung war aufgeheizt. Es blieb aber friedlich.

Kälte und Nieselwetter herrschten an diesem trüben Samstag in der Hamburger Innenstadt. Doch nichts konnte die Arbeiter aus dem Hamburger Hafen davon abhalten, in ihren gelben Jacken direkt vor das Haus zu ziehen, in dem diejenigen regieren, welche der weltgrößten Reederei so schnell wie möglich den Erwerb von 49,9 Prozent der Anteile an der HHLA ermöglichen wollen. Die Stadt soll eine hauchdünne Mehrheit von 50,1 Prozent behalten.

Solidarität von anderen Hafenbetrieben sowie von Arbeitern aus ganz Europa

Unterstützung erhielten sie dabei von Kollegen aus zahlreichen weiteren Betrieben im Hafen. Von den Laschern, von den Festmachern, von Arbeitern des Gesamthafenbetriebs (GHB), aber auch von Airbus-Arbeitern und Vertretern anderer Unternehmen der Hansestadt.

Darüber hinaus wurden Solidaritätsbotschaften von Hafenarbeitern aus ganz Europa verlesen – aus den Niederlanden, aus Griechenland, aus der Türkei. Botschaften von denjenigen also, die eine Privatisierung ihrer Häfen bereits erlebt haben und vor den schlimmen Folgen warnen.

Die stellvertretende Landesbezirksleiterin der Gewerkschaft Verdi, Heike Lattekamp, trat als erste auf die vor dem Rathaus aufgebaute Bühne. „Der Hamburger Verdi-Landesverband lehnt den Verkauf von städtischem Eigentum an private Investoren ab“, rief sie ins Mikro. „Wir halten die Beteiligung an einem Hafenbetrieb für kritisch, weil der Druck auf die Arbeitsbedingungen steigen wird.“

„Nacht- und Nebelaktion“: Verdi-Chefin kritisiert Deal zwischen Senat und Reederei MSC

Lattekamp kritisierte, dass der Deal zwischen dem Hamburger Senat und der Schweizer Reederei in einer „Nacht- und Nebelaktion“ durchgezogen worden sei. „Weder die Bürger:innen der Stadt, noch die Arbeiter:innen oder ihre Vertreter:innen sind in den Prozess einbezogen worden.“ Die Vorgehensweise sorge dafür, dass die Skepsis innerhalb der HHLA-Belegschaft wachse und gleichzeitig das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik verloren gehe.

Auch Malte Klingforth, Betriebsrat beim GHB, warnte vor dem „Verschachern von öffentlichem Eigentum“ und erinnerte an den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser im Jahr 2004, der aus seiner Sicht ein „Desaster“ war. Klingforth: „Es geht hier nicht nur um uns Hafenarbeiter. Der Verkauf der HHLA geht gegen die Interessen aller Bürger:innen der Stadt!“

Kritik: MSC gewinnt immer mehr Kontrolle über europäische Lieferketten

Sein Kollege Sebastian Kalkowski ergänzte, dass die Dimensionen des Verkaufs noch viel größer sein könnten als bisher abzusehen. Denn: Die Schweizer Reederei MSC gewinnt bei dem Deal nicht nur Einfluss auf die Hamburger Containerterminals, sondern auch auf die wichtige Bahngesellschaft Metrans. „MSC hat sich schon bei der italienischen und der spanischen Bahn eingekauft. Wenn jetzt noch Metrans dazu kommt, hat die Reederei weitreichende Kontrolle über die europäischen Lieferketten“, so Kalkowski.

Warnt vor den Folgen des HHLA-Verkaufs: Sebastian Kalkowski, Betriebsrat beim Gesamthafenbetrieb Marius Roeer
GHB-Betriebsrat Sebastian Kalkowski
Warnt vor den Folgen des HHLA-Verkaufs: Sebastian Kalkowski, Betriebsrat beim Gesamthafenbetrieb

Kämpferisch trat auch HHLA-Betriebsrätin Sonja Petersen auf. Sie richtete ihre Worte direkt an den Senat und die Bürgerschaft: „Beenden Sie diesen Verkauf!“ Schon jetzt würden die Reeder sich beim Durchsetzen ihrer Interessen gegen die der Stadt „erpresserisch“ verhalten. „Wir brauchen nicht noch einen weiteren, erpresserischen Reeder in unserer Stadt!“, so Petersen. Auch für die Aktionäre der HHLA hatte Petersen eine Botschaft: „Verkaufen Sie Ihre Anteile nicht und unterstützen Sie uns in unserem Kampf!“

Altes Grundprinzip im Hamburger Hafen heißt: Der Staat behält die Kontrolle

Schließlich traten auch Personen ans Mikro, die nicht aus dem Hafen stammen. So wie Jürgen Bönig, Kurator des Museums der Arbeit. Er warf einen Blick auf die Geschichte des Hamburger Hafens und erinnerte an alte Traditionen. „Der Verkauf der HHLA ist der Bruch mit einem Jahrhunderte alten Grundprinzip im Hafen“, so der Historiker. Dieses Grundprinzip heiße: „Kein Beteiligter erhält die Macht im Hafen. Stattdessen gilt: Der Staat gestaltet, die anderen können den Hafen nutzen.“

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Dieses Grundprinzip sei wichtig, betonte Bönig. Denn wenn der Staat die Kontrolle verliere, gebe es Kämpfe und am Ende gewinne der Stärkste. Außerdem wies Bönig auf die bewusst unverbindlich formulierten Textstellen im Kaufangebot der Reederei MSC hin. Dort heißt es, die Reederei „beabsichtigt, die Rechte der Arbeitnehmer zu respektieren“.

Nach Ansicht von Bönig sollte diese Formulierung dem Senat und der Bürgerschaft Warnung genug sein. „Da steht nicht drin, dass man sich an Recht und Gesetz halten wird!“, rief Bönig empört und traf dabei den Nerv der auf dem Rathausmarkt versammelten Hafenarbeiter. Seine Worte wie auch aller anderen Redner wurden begleitet von lautem Applaus, Tröten-Gehupe und zustimmenden Rufen. In einem sind sich alle einig: Es wird nicht die letzte Kundgebung gewesen sein.

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