Brandbrief zum MSC-Deal: HHLA-Belegschaft keilt gegen Gewerkschaft aus
Die Nervosität steigt. Nach der Ablehnung der von der Linksfraktion vorgeschlagenen Kommunalisierung der HHLA durch die Bürgerschaft verlieren die Hafenarbeiter zunehmend die Hoffnung, dass es für den umstrittenen MSC-Deal eine politische Lösung geben könnte. Der Unmut ist groß. So groß, dass das Misstrauen sich nun auch gegen die eigenen Vertreter und die Gewerkschaft richtet. Ein jetzt verschickter Brandbrief lässt tief blicken.
Die Nervosität steigt: Nach der Ablehnung der von der Linksfraktion vorgeschlagenen Kommunalisierung der HHLA durch die Bürgerschaft wächst bei den Hafenarbeitern in ihrem Kampf für eine politische Lösung beim umstrittenen MSC-Deal die Verzweiflung. Der Unmut ist groß. So groß, dass das Misstrauen sich nun auch gegen die eigenen Vertreter und die Gewerkschaft richtet. Ein jetzt verschickter Brandbrief lässt tief blicken.
Schon die am Montag erteilte Zustimmung des HHLA-Vorstandes und Aufsichtsrats ist auf Empörung gestoßen. Es kam zu einem wilden Streik, in dessen Zusammenhang die Rücknahme der Zustimmung gefordert wurde. Dabei wurden auch die im Aufsichtsrat vertretenen Arbeitnehmervertreter scharf für ihr Stimmverhalten kritisiert.
Umstrittener HHLA-MSC-Deal: Hafenarbeiter kritisieren Vorgehensweise der Gewerkschaft Verdi
Jetzt gerät auch die Gewerkschaft Verdi in die Kritik. „Die undurchsichtigen Verhandlungen und Entscheidungen, die hinter unserem Rücken getroffen werden, stoßen bei uns auf Unverständnis und Empörung“, heißt es in einem mit „die Arbeitnehmer der HHLA“ unterzeichneten Brief, der bei der MOPO einging. „Wir fühlen uns massiv übergangen und nicht ausreichend in den Prozess eingebunden, obwohl es um unsere berufliche Zukunft und Arbeitsbedingungen geht.“
Hintergrund: Die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Christine Behle hatte die HHLA am 1. November zu Verhandlungen über einen Überleitungstarifvertrag aufgefordert. Darin soll der Übergang der HHLA in das Gemeinschaftsunternehmen mit MSC geregelt werden. Für viele Arbeiter fühlt sich das so an, als habe Verdi den MSC-Deal damit als gegeben akzeptiert.
Vorwurf: Hat Verdi Berlin sich nicht mit der Tarifkommission in Hamburg abgestimmt?
Hinzu kommt, dass Verdi Berlin sich dabei offenbar nicht mit der zuständigen Konzerntarifkommission in Hamburg abgestimmt hat. „Wir sind zutiefst enttäuscht darüber, dass die Verhandlungen ohne ausreichende Rücksprache mit der Konzerntarifkommission eingeleitet wurden“, so der Brief der Arbeiter.
Betriebsrätin Sonja Petersen, die der Konzerntarifkommission angehört, bestätigt das: „Verdi Berlin hat mit uns keine Absprachen getroffen.“ Es habe lediglich eine Anfrage gegeben, ob man sich mal zusammensetzen wolle. Nur sei diese Anfrage am selben Tag verschickt worden wie die Tarifforderung an die HHLA.

„Es ist mehr als befremdlich, dass sich die Verdi-Bundesvorsitzende mit dem Arbeitgeber trifft, ohne sich zuvor mit den Mitgliedern der Tarifkommission darüber abzustimmen“, so Petersen.
Pikant: Christine Behle und HHLA-Personalvorstand Torben Seebold sind alte Bekannte. Bevor Seebold auf die Arbeitgeberseite wechselte, war er Bundesfachgruppenleiter Maritime Wirtschaft bei Verdi. Für viele Beschäftigte gibt das Raum für Spekulationen.
MSC-Deal: Verdi läuft die Zeit davon
Nicht wenige fühlen sich hintergangen. „Es fühlt sich nicht gut an, wenn diejenigen, die auf Seiten der Arbeitnehmer:innen stehen sollten, einem in den Rücken fallen“, sagt Sonja Petersen. Im Übrigen verstoße Verdi mit diesem Vorgehen gegen seine eigene Satzung.
Dort heißt es in Abschnitt VIII., §68: „Die Tarifarbeit der ver.di wird von den durch die Fachbereiche gebildeten Tarifkommissionen wahrgenommen. Die Tarifkommissionen führen die Tarifverhandlungen und entscheiden
über die Tarifforderungen, die Annahme und Ablehnung von Verhandlungsergebnissen und
über das Scheitern der Verhandlungen sowie den Abschluss und die Kündigung von Tarifverträgen.“
Eine Stellungnahme zu der Vorgehensweise lehnte Verdi Berlin gegenüber der MOPO ab und schob die Verantwortung an den Hamburger Landesbezirk weiter. Dort will man sich zu der Sache nicht äußern und sieht Berlin in der Pflicht.
Krisengespräche, Betriebsversammlung, Kundgebung: In der HHLA-Belegschaft brodelt es
Fakt ist: Verdi läuft die Zeit davon. Der Hamburger Senat will den MSC-Deal so schnell wir möglich über die Bühne bringen. Die Gewerkschaft will die Beschäftigungsverhältnisse bei der HHLA absichern, bevor die Reederei MSC mit an Bord ist. Wie häufig bei komplexen Prozessen kommt es angesichts des Zeitdrucks zur Kommunikationspannen.
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In einer Pressemitteilung vom 6. November hatte Verdi mitgeteilt, dass man „den Verkauf von HHLA-Anteilen und damit den Verkauf öffentlichen Eigentums an private Investoren grundsätzlich“ ablehne. Verdi begrüße aber, dass es Vereinbarungen zur Absicherung für die Beschäftigten gibt. Diese müssen nun jedoch per Tarifvertrag abgesichert werden.“ Nachbesserungen forderte Christine Behle lediglich im Bereich der Mitbestimmung.
Um dem Unmut Raum zu geben, hat der Konzernbetriebsrat am Dienstag zu einer Betriebsversammlung im Schuppen 52 eingeladen. Nach MOPO-Informationen soll es zeitnah auch ein Krisengespräch zwischen Verdi Berlin und der Tarifkommission in Hamburg geben.