Filz-Vorwurf: Neuer Ärger in Freikarten-Affäre
Der VIP-Karten-Skandal um Hamburgs SPD-Innensenator und den Polizeipräsidenten weitet sich aus: Nachdem bereits ein Disziplinarverfahren gegen den Hamburger Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich eingeleitet wurde, steht die Justizbehörde nun in der Kritik, einem SPD-nahen Ermittler das Verfahren übertragen zu haben. Die Opposition wittert einen neuen Fall von „Rotem Filz“ – die Behörde reagiert empört.
Hat Hamburgs Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich eine Hausdurchsuchung beim heutigen Innensenator Andy Grote (SPD), beim Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer und bei dem ehemaligen Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) verhindert? Um diese Vorwürfe auszuräumen, hat Fröhlich zuletzt ein Disziplinarverfahren gegen sich beantragt.
Die Justizbehörde bestellte als Ermittler in diesem Verfahren den ehemaligen Bundesrichter Dr. Nikolaus Berger. Doch dessen Vita zeichnet eine ausgesprochene Nähe zur SPD.
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Der VIP-Karten-Skandal um Hamburgs SPD-Innensenator und den Polizeipräsidenten weitet sich aus: Nachdem bereits ein Disziplinarverfahren gegen den Hamburger Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich eingeleitet wurde, steht die Justizbehörde nun in der Kritik, einem SPD-nahen Ermittler das Verfahren übertragen zu haben. Die Opposition wittert einen neuen Fall von „Rotem Filz“ – die Behörde reagiert empört.
Hat Hamburgs Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich eine Hausdurchsuchung beim heutigen Innensenator Andy Grote (SPD), beim Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer und bei dem ehemaligen Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) verhindert? Um diese Vorwürfe auszuräumen, hat Fröhlich zuletzt ein Disziplinarverfahren gegen sich beantragt.
Die Justizbehörde bestellte als Ermittler in diesem Verfahren den ehemaligen Bundesrichter Dr. Nikolaus Berger. Doch dessen Vita zeichnet eine ausgesprochene Nähe zur SPD.
Demnach verfolgte Berger nicht nur seine Karriere als Richter, sondern war zwischen 1991 und 1993 auch Pressesprecher der Justizbehörde und zwischen 1993 und 1995 juristischer Berater der SPD-Fraktion im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags bei der sogenannten „Schubladen-Affäre“.
Hamburg: CDU kritisiert „roten Filz“ und mögliche Nähe des Ermittlers zur SPD
Steht der ehemalige Bundesrichter Berger der SPD also zu nah? Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion, kritisiert die Justizbehörde für ihre Entscheidung: „Es wäre jetzt eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass eine vor allem auch parteipolitisch unabhängige Person die Ermittlungen übernommen hätte. Sollte es zutreffen, dass nun ausgerechnet eine Person die Ermittlungen übernimmt, die der SPD nahesteht, dann wäre es der nächste Fall der Kategorie „Roter Filz“. Er appelliert an die Behörde, ihre Entscheidung zu überdenken und eine unabhängige Person mit den Ermittlungen im Fall Fröhlich zu beauftragen.
Diese sieht dafür jedoch keinen Grund: „Dr. Berger führt seine Ermittlungen unabhängig“, sagt Dennis Sulzmann, Sprecher der Justizbehörde. „Als ehemaliger Bundesrichter und amtierender Verfassungsrichter verfügt er ohne Zweifel über die notwendige Expertise und Unabhängigkeit. Wir sehen in diesen haltlosen Anschuldigungen den Versuch, einen angesehenen Richter zu diskreditieren, den die CDU als Verfassungsrichter seinerzeit übrigens selbst mitgewählt hat.“
VIP-Ticket-Affäre: Verfahren gegen Grote, Meyer und Horch eingestellt
Zum Hintergrund: Der Skandal um die VIP-Tickets reicht zurück in den Oktober 2018. Damals fiel der Finanzbehörde bei der Steuerprüfung auf, dass Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und der ehemalige Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), Karten vom FC St. Pauli erhalten hatten. Der Wert: zwischen 400 und 1700 Euro. Die Korruptionsabteilung der Finanzabteilung sah laut einem internen Vermerk einen Anfangsverdacht wegen Vorteilsannahme gegen die drei Amtsträger und informierte daher den Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich.
Laut der Antwort des Senats (25. Oktober 2022) auf eine kleine schriftliche Anfrage der CDU, waren die Ermittlungen Gegenstand einer Dienstbesprechung der Staatsanwaltschaft am 9. Juli 2019, an der auch die für die Bearbeitung des Verfahrens zuständige Dezernentin der Staatsanwaltschaft teilgenommen hat. Weisungen und Anordnungen seien jedoch nicht ergangen.
Des Weiteren heißt es in der Antwort, dass die Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte und jetzigen Innensenator, gegen den Polizeipräsidenten und den ehemaligen Wirtschaftssenator eingestellt wurden, beziehungsweise es bei Letzterem keine ausreichenden Anhaltspunkte für Straftaten gegeben habe.
Verdacht: Ist die vorläufige Ermittlungsakte verschwunden?
Wie das Portal „t-online“ berichtet, geschah die Einstellung der Verfahren nicht reibungslos. Der Redaktion liege ein Vermerk vor, wonach mehrere Staatsanwälte in der Besprechung im Juli darauf gedrängt hätten, die Räume von Grote, Meyer und Horch zu durchsuchen – auch um einen „Prominentenbonus“ auszuschließen. Generalstaatsanwalt Fröhlich sei jedoch hart geblieben und sagte demnach, man müsse einen „politischen Tsunami“ wenige Monate vor der Bürgerschaftswahl verhindern.
Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft, laut der Antwort des Senats, ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses eingeleitet. Es könnte sich hierbei um jenen Vermerk handeln, der „t-online“ zugespielt wurde.
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In dem Vermerk stehe auch, dass ein Vorprüfungsvorgang (AR-Vorgang) angelegt wurde. Bedeutet: Es gibt eine Akte mit den schon vorhandenen Dokumenten wie dem Entwurf des Durchsuchungsantrags, dem Gesprächsvermerk, eine Nummer des Prüfvorgangs und weitere Unterlagen. Der Senat bestätigte das bereits 2019 auf Anfrage der CDU.
Die Behauptung von „t-online“, diese Akte sei inzwischen verschwunden, weist die Staatsanwaltschaft entschieden zurück: „Selbstverständlich liegen der Staatsanwaltschaft sämtliche für die Angelegenheit relevanten Verfahrensakten und Vorgänge vor“, heißt es gegenüber der MOPO.