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  • Antonia Tönnies ist für die Freiwillige Feuerwehr Schnelsen im Einsatz.
  • Foto: Marius Röer

Mein brandheißes Hobby: Leben retten!

Ein flackerndes Licht ist aus einer Ecke des Raumes zu erkennen. Ansonsten sehe ich die Hand kaum vor Augen. Vorsichtig taste ich mich am Schlauch durch den Raum. Die Ausrüstung ist schwer und ich kann mich nur eingeschränkt bewegen. Mir ist heiß. Nur wenige Meter von mir entfernt liegt ein Körper leblos auf dem Boden. Jetzt muss alles schnell gehen, auch wenn es sich hier nur um eine Übung für eine so genannte „Crashrettung“ handelt. Denn Menschen retten ist mein Hobby: Ich bin bei der Freiwilligen Feuerwehr!

In Hamburg gibt es 17 Feuer- und Rettungswachen, die von 2981 Berufsfeuerwehrfrauen und -männern in Zwölf-Stunden-Schichten besetzt werden. Unterstützt werden sie von 86 Freiwilligen Feuerwehren, die wiederum von 2659 ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und -männern nach dem Feierabend belegt werden (Stand: 2020). Vom Studierenden über den Handwerker bis hin zum Geschäftsführer ist alles dabei.

Feuerwehrfrau Antonia Tönnies im Feuerwehrwagen / MARIUS ROEER
FF Schnelsen Antonia Tönnies
Feuerwehrfrau Antonia Tönnies im Feuerwehrwagen

Hintergedanke der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr war, dass die Bürger:innen sich unter einander selbst schützen wollten – vor allem im Bereich der Brandbekämpfung. Heute sind die ehrenamtlichen Helfer:innen unersetzlich. Sie entlasten und unterstützten die Beamten und Kamerad:innen in ihrer Arbeit. Ich gehöre nun schon fast mein halbes Leben dazu.

Mein härtester Einsatz: Ein Großfeuer in einem Tierfutter-Fachhandel

Als ich elf Jahre alt war, meldete meine Mutter mich und meinen Bruder in Schnelsen an. Sie hatte im Wochenblatt einen Artikel über die Arbeit der Jugend Feuerwehr gelesen, in der Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren mitmachen können. Mittlerweile gehöre ich der Einsatzleitung an.


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Ende 2020 bestand ich zusammen mit 22 weiteren Kameraden:innen aus dem Bereich Eimsbüttel die Grundausbildung, die Anwärter:in innerhalb von zwei Jahren absolvieren müssen. Im März folgte dann die Atemschutzträger-Ausbildung – der wahrscheinlich härteste Lehrgang in der Feuerwehr. Einfach ausgedrückt: Ich habe hier gelernt, wie man mit einer Sauerstoffflasche auf dem Rücken in ein Feuer geht, um zu retten und die Flammen zu löschen. Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe.

Freiwillige Feuerwehr Hamburg: Personell vielschichtig aufgestellt

Ein lautes Piepen lässt meinen Puls in die Höhe schießen. Es ist nach 23 Uhr, ein Tag im Juli. Die Meldung, die ich empfange, lautet: „Feuer in der Holsteiner Chaussee“. Ich bin sofort hellwach. Gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr rücken wir kurz darauf zu einem Brand in einem Geschäft für Tierfutter. Auf der Anfahrt wird mir schnell klar: „Das ist kein kleiner Mülleimer, der so viel Rauch entwickelt. Das ist ernst.“

Antonia Tönnies hat die Atemschutzträger-Ausbildung bestanden und darf nun mit Gasmaske in den Einsatz. / MARIUS ROEER
FF Schnelsen Antonia Tönnies
Antonia Tönnies hat die Atemschutzträger-Ausbildung bestanden und darf nun mit Gasmaske in den Einsatz.

In den darauffolgenden Stunden mache ich, was der Gruppenleiter verlangt. Zu dritt halten wir an der hinteren Hauswand die Stellung. Weitere Löschzüge sind da längst alarmiert. Und auch wenn die Flammen weiterhin lodern, ist der Brand unter Kontrolle. Nach rund sechs Stunden sind die letzten Glutnester gelöscht. Uns allen ist die Anstrengungen der Nacht deutlich anzusehen. Es hat aber auch irgendwie Spaß gemacht. Nicht falsch verstehen: Dieses Gefühl, etwas mit vollem Einsatz gerettet zu haben, ist unbeschreiblich – einer der Gründe, weshalb ich dieses gefährliche Hobby wohl nicht so schnell aufgeben werde.

Ich weiß noch, dass ich erst gegen kurz nach sieben Uhr morgens nach Hause kam. Meine Klamotten und Haare rochen stark nach Rauch und ich war komplett erledigt. Ein Großbrand wie dieser ist eine Erfahrung, die man glücklicherweise nicht so häufig macht – meistens ein bis zweimal im Jahr.

Was man bei der Feuerwehr alles lernen kann

„Grundsätzlich suchen wir immer Menschen mit der Grundeinstellung, das eigene Wohl zurückzustecken, um andere zu retten“, so beschrieb es mir mal Jan Ole Unger, Pressesprecher der Feuerwehr Hamburg. Das trifft auf alle Feuerwehrangehörigen, die ich bisher kennengelernt habe, zu.

Bei einer Übung wird mit einem Dummy die Rettung einer verletzten Person aus einem brennenden Gebäude simuliert. / MARIUS ROEER
FF Schnelsen Antonia Tönnies
Bei einer Übung wird mit einem Dummy die Rettung einer verletzten Person aus einem brennenden Gebäude simuliert.

Durch die Arbeit bei der Feuerwehr habe ich viel gelernt und bin zeitweise über mich hinaus gewachsen. Die Kameraden:innen sind mir sehr wichtig – das Gemeinschaftsgefühl und einfach dazuzugehören, ist wundervoll. Das Hobby selbst ist spannend. Du weißt nie was, was passiert, aber du lernst, dich darauf vorzubereiten, um bestmöglich zu handeln. Das bringt im Alltag auch Vorteile – man weiß in bestimmten Situationen zu helfen und einen kühlen Kopf zu bewahren.

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Jeder zwischen 18 und 45 Jahren kann sich über die Seite „feuerwehr-hamburg.de“ in der Wehr in seinem Stadtteil bewerben – es gibt keine körperliche Voraussetzung. Doch für bestimmte Arbeiten (z.B. Atemschutzträger:in) sollte man einigermaßen körperlich belastbar sein. Am Ende des Tages wollen wir retten und nicht gerettet werden.

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