Cap Arcona vor Hamburg
  • Tragödie um die „Cap Arcona“: Seit 1927 war der Dampfer die Nummer eins unter den Passagierschiffen der Hamburg Süd. Am 3. Mai 1945 wurde sie von britischen Bombern versehentlich attackiert. An Bord: 4600 Kz-Häftlinge. Fast alle kamen ums Leben.
  • Foto: Hamburg Süd/hfr

150 Jahre Hamburg Süd: Kaffee, Oetker und das Drama um die „Cap Arcona“

Mit drei Dampfern fing alles an. Die „Rio“, die „Santos“ und die „Brazilian“ brachten Kaffee, Kakao und Kautschuk aus Südamerika nach Hamburg. Auf dem Rückweg nahmen die Schiffe Auswanderer und Saisonarbeiter mit. 150 Jahre sind seit der Gründung der Reederei Hamburg Süd vergangen. Eine Sonderausstellung im Internationalen Maritimen Museum zeigt die bewegte Geschichte des Unternehmens, das zwischenzeitlich zu den zehn größten Reedereien der Welt gehörte.

Die Glocke der Nikolaikirche hatte gerade zu Mittag geschlagen, als elf wohlhabende Hamburger am 4. November 1871 das Geschäftshaus an der Großen Johannisstraße 13 betreten. Sie lockt die Ferne – die Bodenschätze Brasiliens, Argentiniens und Uruguays. Und so unterzeichnen die Herren die Gründungsurkunde für die Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.

Die Sturmflut von 1962 zerstöre das Archiv der Hamburg Süd

Dass diese Urkunde noch erhalten ist, ist fast schon ein Wunder. Denn bei der großen Hamburger Sturmflut 1962 wird das Archiv der Hamburg Süd überspült und fast vollständig zerstört. Die wenigen Dokumente, die gerettet werden können, sind nun im Maritimen Museum zu sehen.

Dazu gehört auch ein altes Foto, das ein noch aus der Barockzeit stammendes Giebelhaus am Rödingsmarkt 21 zeigt, dem ersten Sitz der neuen Reederei. Von einem repräsentativen Firmengebäude, wie man es von einer der bekanntesten Reedereien der Welt erwarten könnte, kann jedoch keine Rede sein. Es ist nur ein kleines Büro, von dem aus die Hamburg Süd ab 1871 mit dem Aufbau einer regelmäßigen Schiffsverbindung durch die drei Dampfschiffe beginnt.

Nach dem Ersten Weltkrieg lag die Hamburg Süd am Boden

Kaffee, Kakao, Kautschuk, Fleisch, Salpeter, das Düngemittel Guano (Vogelkot) – das Geschäft mit den Rohstoffen aus Südamerika blüht – und wächst. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs ist die Flotte der Hamburg Süd auf 61 Schiffe gewachsen. Auch das parallel aufgebaute Geschäftsfeld der Passagierschifffahrt floriert. Der Krieg macht all das zunichte.

Die Schiffe der Hamburg Süd werden erst von der Kriegsmarine beschlagnahmt, später von den Alliierten. Einige werden bei militärischen Auseinandersetzungen versenkt. Hamburg Süd muss 1919 praktisch bei Null anfangen. Doch es gelingt. Mit Rückkäufen und Neubauten gelingt der Wiederaufbau der Flotte.

Katastrophe: 1945 sank die „Cap Arcona“ mit 4600 KZ-Häftlingen an Bord

Während des Dritten Reiches finden auf den Schiffen der Hamburg Süd „Braune Messen“ statt. Als die Firma Dr. August Oetker Mitte der 1930er Jahre bei Hamburg Süd einsteigt, kooperieren die Oetker-Chefs Richard Kaselowsky und Rudolf August Oetker nicht nur aus taktischen Gründen, sondern aus politischer Überzeugung mit dem NS-System. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wird die „Cap Arcona“ in der Lübecker Bucht zum schwimmenden Massengrab für 4600 KZ-Häftlinge, die sich nach einem Todesmarsch an Bord befinden und nach einem britischen Bombenangriff mit dem Schiff versinken.

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Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutet erneut den Totalverlust der Flotte für die Hamburg Süd. Und wieder rappelt sich die Reederei Stück für Stück auf. In den 50er Jahren wird der Liniendienst nach Südamerika wieder aufgenommen. In den 60ern kommen Nordamerika, Australien, Neuseeland hinzu. Zum Erfolg der Reederei tragen auch die sechs „Cap San“-Schiffe bei, auch als „Die weißen Schwäne des Südatlantiks“ bekannt, von denen eins heute im Hamburger Hafen als Museumsschiff liegt – die „Cap San Diego“.

Vor vier Jahren verkaufte Oetker die Reederei an die dänische Maersk-Gruppe

Unter Rudolf August Oetker, der seit 1961 Alleininhaber der Hamburg Süd ist, stellt die Reederei frühzeitig auf den Containertransport um – ein weiser Schachzug, der das Wachstum des Unternehmens in den folgenden Jahrzehnten garantiert. Dem Druck der Globalisierung hält die Reederei eine Zeitlang durch die Übernahme kleinerer Wettbewerber vor allem aus Südamerika stand, bevor auch die Hamburger nach der Jahrtausendwende hart von der Banken- und Finanzkrise getroffen werden.

Die Hamburg Süd gerät in den Strudel der großen Reederei-Konsolidierungen. Es wird immer deutlicher: Allein kann die Hamburg Süd nicht mehr bestehen. Am 1. Dezember 2017 geht eine Ära zu Ende: Die Eigentümerfamilie Oetker beschließt, sich aus der Schifffahrt zurückzuziehen. Hamburg Süd wird an die dänische Maersk-Gruppe verkauft.

Einziger Trost für die Bürger der Hansestadt: Wenn sie im Urlaub die im dänischen rot-weiß gehaltenen Schiffe auf den Meeren erblicken, grüßt noch immer der Name der Heimatstadt vom Bauch der Frachter zurück. Hamburg Süd heißt noch immer Hamburg Süd. So wie seit 150 Jahren.

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