Schiff Yi Peng von hinten
  • Der chinesische Frachter „Yi Peng 3“
  • Foto: picture alliance / Ritzau Scanpix | Mikkel Berg Pedersen

Auf der Ostsee läuft ein Agenten-Thriller

Der Kapitän ließ den Anker auf den Grund der Ostsee fallen und zog ihn mehr als hundert Seemeilen hinter seinem Massengutfrachter her. Um nicht beobachtet werden zu können, schaltete er das AIS-Erkennungssignal aus. Dann verringerte er die Geschwindigkeit und fuhr Zick-Zack-Kurse über Stellen, an denen wichtige Datenverbindungen verlaufen.

Zwei Leitungen wurden durch den Anker zerstört, darunter das Seekabel C-Lion1, das von Helsinki nach Rostock verläuft.

Was derzeit auf der Ostsee passiert, erinnert an einen Agenten-Thriller von John Clancy. Dänische und schwedische Kriegsschiffe haben den Verursacher verfolgt. Einen Massengutfrachter namens „Yi Peng 3“, chinesische Flagge. Das Schiff liegt weniger als eine Seemeile außerhalb der Hoheitsgewässer Dänemarks.


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Noch sind die dänischen Behörden nicht bereit, einen Frachter unter chinesischer Flagge zu entern. Patt-Situation. Es ist auch ein Nervenspiel.

Beweise liefert ein Sonderbericht der schwedischen Polizei

„Niemand glaubt, dass diese Kabel versehentlich beschädigt wurden“, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) schon vergangene Woche. Beweise liefert nun ein Sonderbericht der schwedischen Polizei, aus dem das „Wall Street Journal“ zitiert. Außerdem zeigen Bilder des dänischen Fernsehens, wie stark der Anker beschädigt ist; sogar die Ankerfluken sind verbogen.

Der Kapitän der „Yi Peng 3“ soll im letzten Hafen eingestiegen sein, in Ust-Luga, etwas außerhalb von St. Petersburg. Offenbar ist es ein Russe. Wusste die chinesische Crew, was sie tat? Oder sind gar russische Agenten an Bord, die sie unter Druck setzen?

Der letzte Vorfall war im Oktober 2023

Es ist das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass ein chinesisches Schiff mit einem Anker Millionenschäden an der Unterwasserinfrastruktur in der Ostsee verursachte. Der letzte Vorfall ereignete sich im Oktober 2023; damals beschädigte das Containerschiff „Newnew Polar Bear“ die Balticconnector-Gaspipeline zwischen Finnland und Estland und durchtrennte wenig später zwei Glasfaserkabel.

Natürlich weisen die Regime in Peking und Moskau alle Anschuldigungen als „haltlos“ zurück. Es ist ein hybrider Krieg, der ausgetragen wird, ein Schattenkrieg. „Die russischen Geheimdienste sind, offen gesagt, ein wenig außer Kontrolle geraten“, warnte der britische Geheimdienstchef Richard Moore vor Kurzem. Er bezog sich auch auf einen versuchten Anschlag auf den Vorstandsvorsitzenden des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, eines wichtigen Zulieferers der ukrainischen Streitkräfte.

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Während ich die Kolumne schreibe, kommt die Agenturmeldung, dass der polnische Regierungschef Donald Tusk eine Überwachung des Meeres durch die Marine der westlichen Anrainerstaaten vorschlägt. Kriegsschiffe auf Patrouille. Die Idee ist überfällig. 

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