Ein erkälteter Mann am Telefon

Krankmeldung: Was erlaubt ist – und was nicht. Foto:  Christin Klose/dpa-tmn

Krankmeldung: Was Beschäftigte dürfen – und was nicht

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Die Nase läuft, der Hals kratzt, an Arbeiten ist nicht zu denken: Dann heißt es, sofort beim Arbeitgeber Bescheid geben. Doch was genau muss man mitteilen? Wann braucht man ein Attest? Und darf man trotz Krankschreibung einkaufen gehen? Ein Überblick, was erlaubt ist – und was nicht.

Wer krank wird, muss den Arbeitgeber sofort informieren – ohne schuldhaftes Zögern. „Im Regelfall vor Beginn der Arbeitszeit“, sagt Fachanwältin für Arbeitsrecht Nathalie Oberthür. Ein Beispiel nennt Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott: Ein Arbeitnehmer arbeitet in Teilzeit und hat freitags frei. Am Donnerstagabend verletzt er sich und geht am Freitag zum Arzt, der ihn krankschreibt. Obwohl er an diesem Tag nicht arbeitet, muss er sich trotzdem am Freitag krankmelden.

Braucht der Arbeitgeber Details zur Diagnose? 

Der Arbeitgeber darf außerdem festlegen, wie die Krankmeldung zu erfolgen hat – etwa telefonisch. Gibt es keine Vorgabe, kann der Arbeitnehmer den Kommunikationsweg frei wählen.

Arbeitgeber haben kein Recht darauf zu erfahren, woran jemand erkrankt ist. Sie dürfen aber jederzeit eine ärztliche Bescheinigung verlangen. Wenn der Arbeitgeber den Krankenschein anzweifelt – etwa bei Verdacht auf Täuschung –, kann er die Lohnzahlung zunächst einstellen, bis die Krankheit belegt ist.

Aus welchen Gründen darf ich mich krankmelden?

Arbeitsunfähig ist man, wenn man wegen Krankheit die geschuldete Arbeit nicht leisten kann. Das hängt im Einzelfall von der Art der Arbeit und der Art der Erkrankung ab. Routineuntersuchungen ohne Beschwerden sind kein Krankheitsgrund. Auch wer nach einer Schönheits-OP Zeit zum Auskurieren braucht, hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung – das gilt als selbstverschuldet.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Fuhlrott nennt weitere Beispiele: Wer am Vortag „richtig feiern“ war und am nächsten Tag verkatert ist, ist zwar arbeitsunfähig, aber selbst schuld – Lohnfortzahlung gibt es nicht. Und wer sich selbst krankmeldet, obwohl das eigene Kind krank ist, riskiert eine Kündigung wegen Betrugs. Denn für solche Fälle gibt es Kinderkrankengeld von der Krankenkasse, nicht vom Arbeitgeber.

Ab wann man ein Attest braucht

Ein Arztbesuch und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) sind laut Gesetz erst nötig, wenn man länger als drei Kalendertage krank ist. Wer also nur zwei Tage ausfällt, braucht kein Attest. Der Arbeitgeber darf aber verlangen, dass die AU schon am ersten Krankheitstag vorgelegt wird. Übrigens: Auch Zahn- oder Fachärzte dürfen eine AU ausstellen, solange die Diagnose in ihren Fachbereich fällt.

Was sich mit der eAU geändert hat

Seit dem 1. Januar 2023 übermitteln Arztpraxen die Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch an die Krankenkassen. Die Arbeitgeberin muss die eAU eigeninitiativ abfragen, so dass der Nachweis erst zeitlich später verfügbar ist. Zudem sieht die Arbeitgeberin in der eAU nicht mehr die Person des ausstellenden Arztes.

Der Arbeitnehmer ist weiterhin verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren, muss jedoch keine AU-Bescheinigung in Papierform mehr vorlegen. Für Privatversicherte gilt dies übrigens nicht, für sie gibt es die AU weiterhin auf Papier. 

Kann ich mich auch online/per App krankschreiben lassen? 

Es gibt mittlerweile zulässige Formen der Telemedizin, die in begrenztem Umfang auch eine telefonische oder virtuelle Untersuchung als Grundlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ermöglichen.

Vorsicht vor unseriösen Anbietern von Krankschreibungen, warnt Fuhlrott. Bei ihnen sei nicht sichergestellt, dass eine Befundung – so wie gefordert – durch einen Arzt erfolgt. „Teilweise wird hier nach Beantwortung einiger Multiple-Choice-Fragen eine AU generiert“, sagt Fuhlrott. Derartigen Bescheinigungen komme kein Beweiswert zu. „Arbeitnehmern ist von deren Nutzung dringend abzuraten“, so der Anwalt.

Was während der Krankschreibung erlaubt ist

Niemand muss bei Krankheit zwingend zu Hause bleiben. Einkäufe, Spaziergänge oder ein Cafébesuch sind erlaubt, solange sie die Genesung nicht behindern. Dies hängt immer von der Diagnose ab. „Bei einer psychischen Erkrankung mag sogar Sport sinnvoll sein, bei einer Erkältung sicherlich nicht“, sagt Fuhlrott. Im Zweifel muss durch ärztliche Stellungnahme beurteilt werden, ob es sich um eine genesungswidrige Tätigkeit handelt.

Je nach Art der Erkrankung kann eine Freizeitaktivität auch den Verdacht begründen, die AU sei nur vorgetäuscht. Erkrankte Arbeitnehmer sind daher gut beraten, sich während der Krankheit „zurückzuhalten“, meint Fuhlrott. „Auch wenn es gesundheitlich vertretbar sein mag, eine Party zu besuchen, ist es sicherlich unglücklich, wenn der Arbeitgeber seinen erkrankten Arbeitnehmer auf Partybildern in sozialen Netzwerken beim Feiern sieht.“

Wichtig zu wissen: Das Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern kann zur außerordentlichen Kündigung führen, erklärt Nathalie Oberthür. Zudem könne der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung erschüttert werden, etwa wenn sich Arbeitnehmer passgenau während der Kündigungsfrist krankschreiben lassen, so die Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. 

Dann kann die Arbeitgeberin die Entgeltfortzahlung verweigern, bis der Arbeitnehmer die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf andere Weise – etwa durch ein sachverständiges Zeugnis des Arztes – nachweist.

Muss man erreichbar sein?

Nein. Eine Pflicht zur ständigen Erreichbarkeit gibt es nicht. Der Arbeitgeber darf sich nur bei dringenden organisatorischen Fragen melden – und auch nur, wenn der Arbeitnehmer gesundheitlich dazu in der Lage ist. Das Diensthandy darf in dieser Zeit ausgeschaltet bleiben.

Was bei längerer Krankheit gilt

Auch bei längerer Krankheit gilt: Immer unverzüglich melden. Nach sechs Wochen endet die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Dann springt die Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld – 70 Prozent des Bruttogehalts. Wenn der sechswöchige Zeitraum überschritten ist, darf der Arbeitgeber die konkrete Krankheitsursache erfahren.

Wie oft darf ich mich pro Jahr krankmelden?

Es gibt keine Regel. Wiederholte Krankheitszeiten können allerdings zu einer Begrenzung der Entgeltfortzahlung führen oder, wenn die Krankheitszeiten über mehrere Jahre hinweg sechs Wochen jährlich übersteigen, im Einzelfall auch einen Kündigungsgrund darstellen.

Verspätete Krankmeldung kann Folgen haben

Das wäre eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, die der Arbeitgeber mit einer Abmahnung sanktionieren kann. In gravierenden Fällen oder bei einer Wiederholung kann auch die Kündigung drohen.

Krank im Urlaub oder im Ausland

Wer krank ist, befindet sich nicht mehr im Urlaub. Heißt: Der Arbeitnehmer muss sich unverzüglich bei seinem Arbeitgeber melden und auf die eingetretene Arbeitsunfähigkeit hinweisen. Der Urlaub wird dann nicht „verbraucht“, sondern wieder dem Urlaubskonto gutgeschrieben.

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Ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werden anerkannt, wenn sie in Form und Inhalt einer inländischen Bescheinigung entsprechen. Insbesondere bei einer AU aus dem Nicht-EU-Ausland ist es wichtig, dass sie zwischen ‚Krankheit‘ und ‚Arbeitsunfähigkeit‘ unterscheidet, damit der Arbeitgeber diese anerkennt. Der Arbeitnehmer muss der Arbeitgeberin zusätzlich die Auslandsanschrift mitteilen. (dpa/vd)

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