„Im Stadtbild dieses Problem“: Merz Migrations-Äußerung löst Kontroverse aus
Die Kritik an Bundeskanzler Friedrich Merz reißt nach einer Äußerung zu Migration nicht ab. Am Dienstag hatte dieser eine kontroverse Aussage über das Problem des „Stadtbildes” im Kontext der Migration getätigt. Doch es gibt auch Zuspruch.
Eine Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz zu Migration im Stadtbild hat eine hitzige Debatte ausgelöst. Linke und Grüne kritisierten den CDU-Vorsitzenden und forderten eine Entschuldigung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stellte sich dagegen hinter seinen Parteifreund. Im „Spitzengespräch” des „Spiegel” sagte Kretschmer, es gehe nicht um Zuwanderung an sich, sondern um die Einhaltung gemeinsamer Werte. Die Debatte erinnert an frühere Kontroversen nach umstrittenen Merz-Äußerungen.
Stadtbilderscheinung – Grund für vermehrte Abschiebungen?
Der Kanzler war bei einem Termin in Potsdam am Dienstag von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Er sagte daraufhin unter anderem, dass man nun frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.”
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich Ende September im „Münchner Merkur” für mehr Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien starkgemacht – und gefordert, dass sich das Stadtbild wieder verändern müsse.
Kretschmer: Seit 2014 hat sich viel verändert
Kretschmer sagte über den gebürtigen Sauerländer Merz, dieser komme aus einem Landstrich in Deutschland, der immer sehr viel Migration erlebt habe, wo das völlig unkompliziert sei. „Und ich genieße es, ehrlich gesagt, wenn ich im Rheinland, Nordrhein-Westfalen bin, gerade auch in Köln, dieses unaufgeregte Miteinander.” Seit 2014 habe sich aber viel verändert.
„Die Zeitungen sind voll von Gewalttaten. Menschen, von denen wir dann feststellen, dass sie eigentlich vollziehbar ausreisepflichtig sind”, sagte Kretschmer. Es sei nicht damit getan, dass die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kämen, reduziert werde, sondern es müsse auch gelingen, „unsere Normen, unsere Werte durchzusetzen. Und es gibt eben Menschen, die aus anderen Kulturkreisen kommen. Und das will man vielleicht auch mal dazu sagen, die in ihrem Leben so viel Schreckliches erlebt haben, dass sie nicht dazu bereit sind, nicht willens sind, sich an unsere Regeln zu halten.”
Debatte um Integration: Sorgen in der Bevölkerung würden wachsen
Neben Kriminalität beschäftige die Menschen auch die Frage, ob Migranten zum Wohlstand Deutschlands beitrügen. Diejenigen, die sich auch abwendeten, sagten: „Das ist meine Haltung. Ich habe kein Problem, dass sie da sind, aber tragt etwas bei.”
Ähnlich äußerte sich die FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner. „Ich bin wahrlich kein Fan von Schuldenkanzler Merz, aber wenn er das ausspricht, was viele Menschen im Land in ihrem Alltag spüren und sie sich nicht mehr sicher fühlen, dann wäre es ein Fehler der Politik, das nicht anzuerkennen”, schrieb sie bei X. „Wir müssen diese Sorgen ernst nehmen.”
Andere Töne kamen von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU). „Berlin ist eine vielfältige, internationale und weltoffene Stadt. Das wird sich immer auch im Stadtbild abbilden”, sagte Wegner dem „Tagesspiegel” in Namibias Hauptstadt Windhoek. Es gebe ein Problem „mit Gewalt, Müll und Kriminalität in der Stadt. Aber das kann man nicht an der Nationalität festmachen.”

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Starke Kritik: Opposition fordert Entschuldigung
Grüne und Linke hatten die Äußerung scharf kritisiert. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte am Donnerstag im Bundestag an Merz gewandt: „Wie sieht man denn das „Problem“ außer an der Hautfarbe der Menschen? Wie wollen Sie dieses „Problem“ denn erkennen?” Die Aussage des Kanzlers sei verletzend, diskriminierend und unanständig.
Grünen-Chef Felix Banaszak sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wenn der Bundeskanzler von einem Stadtbild auf die Notwendigkeit weiterer Abschiebungen schließt, dann sendet er ein fatales Signal.” Das sei respektlos, gefährlich und „eines Kanzlers unwürdig”.
Der Linken-Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann schloss sich im Bundestag den grünen Aufforderungen zu einer Entschuldigung an. „Der offensichtliche Ausrutscher Ihrer Formulierung war nicht nur deplatziert, sondern es hat einen weiteren Stachel in unsere Demokratie gesetzt”, sagte er.
Regierungssprecher: Nicht zu viel hineininterpretieren
Regierungssprecher Stefan Kornelius hatte bereits am Mittwoch versucht, die Wogen zu glätten. Angesprochen auf den von Merz hergestellten Zusammenhang zwischen Rückführungen und dem Stadtbild sagte er: „Ich glaube, da interpretieren Sie zu viel hinein. Der Bundeskanzler hat sich zu dem geänderten Kurs in der Migrationspolitik der neuen Bundesregierung geäußert ‑ übrigens in seiner Funktion als Parteivorsitzender, was er auch explizit so kenntlich gemacht hat.” Merz habe immer klargemacht, dass es sich bei der Migrationspolitik in seinen Augen nicht um Ausgrenzung handeln dürfe, sondern um eine einheitlich geregelte Zuwanderung.
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Der Fall erinnert an frühere Debatten. 2023 hatte Merz etwa im Kontext von Krawallen in der Silvesternacht über den Umgang mit Lehrerinnen und Lehrern gesagt: „Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesondere, wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen.” Auch diese Äußerung löste eine Kontroverse aus. (dpa/ee)
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