Rücktritt nach Attacken: Hamburgs Antisemitismusbeauftragter wirft hin
Stefan Hensel ist seit mehr als vier Jahren Hamburgs Antisemitismusbeauftragter. Nun aber hat er seinen Rücktritt erklärt – und diesen auch mit persönlichen Übergriffen begründet.
Hamburg braucht einen neuen Antisemitismusbeauftragten. Stefan Hensel, der das Amt seit Juli 2021 inne hat, erklärte Anfang der Woche seinen Rücktritt: „Der zeitliche Aufwand und die anhaltende Konfrontation mit Hass und persönlichen Übergriffen sind im Rahmen eines Ehrenamts für mich nicht mehr vereinbar. Zukünftig möchte ich mich den positiven Seiten jüdischen Lebens widmen.“
Antisemitismusbeauftragter wirft hin: Lob für seine Arbeit – und Warnung vor Hass und Hetze
Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal (Grüne), deren Ressort Hensels Amt angegliedert ist, lobte seinen Einsatz: „Stefan Hensel hat die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Hamburg spürbar gestärkt“. Zudem habe er als erster Antisemitismusbeauftragter „diese wichtige Funktion nachhaltig geprägt“. Dass er Hass und Hetze zu den Gründen für seinen Rücktritt zählt, „mache deutlich, wie wichtig der Kampf gegen Antisemitismus bleibt“.
Auch aus der Opposition kamen lobende und mahnende Worte: Dennis Thering, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft, nannte Hensels Rückzug einen „Verlust für unsere Stadt – und ein bedrückendes Signal. Dass Hass und Hetze ihn zu diesem Schritt gezwungen haben, ist beschämend“. Es zeige, „wie tief das Problem des Antisemitismus in Hamburg verwurzelt“ sei.
Bürgerschaftspräsidentin mahnt: Antisemitismus richtet sich nicht nur gegen Juden
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit lobte Hensels Arbeit und würdigte ihn als „Vermittler und Botschafter für jüdisches Leben und die Menschen in Hamburg“. Sein Rücktritt sei ein „schwerwiegender Verlust für unsere Stadt“.
Veit verurteilte Hass und Gewalt gegen „engagierte Menschen“ wie Hensel und mahnte: „Antisemitische Botschaften richten sich nicht nur gegen Jüdinnen und Juden, sondern gegen die Grundwerte unserer Gesellschaft. Wer versucht, die Grenzen des Sagbaren zu dehnen und Ausgrenzung und Hetze salonfähig zu machen, bereitet den Boden für Täter:innen, die danach handeln wollen. Dem stellen wir uns entschieden entgegen, auch indem wir die Sicherheit und Sichtbarkeit jüdischen Lebens fördern. Hamburg ist bunt, offen und tolerant. Gehen Sie zu den Kulturtagen, besuchen Sie Feste und Veranstaltungen, um unseren Mitbürger:innen zu zeigen, dass sie an ihrer Seite stehen.“
Antisemitismusbeauftragter war persönlich attackiert worden
Hensel war zuletzt nach dem Mord am rechten, evangelikalen Influencer Charlie Kirk in die Schlagzeilen geraten. Er hatte diesen als „verlässlichen Freund Israels“ gelobt und die Berichterstattung über das Attentat auf Kirk kritisiert. Daraufhin war er von vielen Seiten kritisiert worden.
Vor einigen Monaten hatte Hensel einen antisemitischen Übergriff auf sich publik gemacht: Er hatte zusammen mit seiner Tochter im Auto an einer Ampel gestanden und einen israelischen Pop-Hit gehört, als ihn plötzlich der Fahrer eines anderen Wagens wüst beschimpfte, weil er wohl erkannt habe, dass es sich um einen Song auf Hebräisch handelte.
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Hensel bleibt noch bis zur Bestellung eines neuen Antisemitismusbeauftragten im Amt – spätestens zum Jahreswechsel aber gibt er es endgültig ab. Um das Auswahlverfahren hatte es zuletzt Streit gegeben. Der liberale Tempelverband hatte Hensel als Mitglied der Jüdischen Gemeinde Hamburg Parteilichkeit vorgeworfen und kritisiert, dass der liberale Gegenbewerber bei der Bestätigung Hensels nicht ausreichend berücksichtigt worden war.
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