Henning umarmt seinen Spieler.

Weltmeister-Trainer André Henning kritisiert den Umgang der Politik mit dem Sport. Foto: imago/Kirchner-Media

Mit einem bitteren Beispiel: Weltmeister-Trainer übt harte Kritik an der Politik

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Hockey-Bundestrainer André Henning hat die Umstände für seine Berufsgruppe in Deutschland scharf kritisiert und nimmt auch die Politik in die Pflicht. „Die Gehälter und die dafür gebotenen Arbeitsbedingungen sind absolut mangelhaft, da müssen wir nicht drumherum reden“, sagte der Coach im Interview mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Viele Spitzenleute würden deshalb ins Ausland abwandern: „Trainer werden Exportschlager bleiben, wenn sich nichts ändert.“

Dass Verträge meist nur für einen Olympiazyklus gelten würden „und es viele Kolleginnen und Kollegen gibt, die Ende Oktober noch nicht wissen, ob sie im Folgejahr noch unter Vertrag stehen, ist ein Unding“, führte Henning weiter aus: „Dass viele sich diesem Risiko nicht aussetzen wollen, verstehe ich. Die Politik könnte es ändern, wenn sie wollte. Sie will es aber nicht. Sicherheit ist ein entscheidender Faktor. Aber wenn wir schon den Basisfaktor Vergütung nicht verbessern wollen, wird die Frustration immer groß sein. Man könnte denken, das betrifft nur den Leistungssport, aber das wird uns als Gesellschaft wahnsinnig viel kosten.“

André Henning deutlich: „Deutschland ist kein Sportland!“

Angesprochen auf die Verteilung der Mittel sprach sich Henning für die Vielfalt in Deutschland aus. Er sei „kein Freund davon, andere Sportarten ausbluten zu lassen“ zu Gunsten der stärkeren Sparten. Die Fragen, die man sich stattdessen viel deutlicher stellen müsse, seien: „Wollen wir Leistungssport auf absolutem Toplevel überhaupt? Wollen wir wirklich ein Sportland sein? Deutschland ist kein Sportland! Und das finde ich wahnsinnig schade, denn Sport hat für die Gesellschaft eine enorm wichtige Funktion und ein unglaubliches Potenzial mit einem hohen Kosten-Nutzen-Faktor.“


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Auch die mangelnde, öffentliche Wertschätzung für den Trainerberuf monierte Henning, der sich mit den deutschen Hockey-Männern 2023 zum Weltmeister gekrönt hatte und im Sommer zudem Europameister wurde. „Es gibt den Trainer des Jahres, da darf ein Coach, der schon Gold gewonnen hat für zwei Minuten auf die Bühne. Aber sonst? Ich gebe ein Beispiel: Wir haben es hinbekommen, dass unsere Mannschaft für den WM-Titel 2023 nun fast drei Jahre später das Silberne Lorbeerblatt als Auszeichnung erhält“, erklärte Henning: „Aber aus dem Staff darf niemand mitkommen. Ich persönlich brauche für mich solche Events wirklich nicht. Aber das steht doch symbolisch dafür, welchen Platz der Trainerberuf in der Gesellschaft hat.“

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In Bezug auf Hockey erklärte Henning, dass man trotz des Erfolges „weiterhin auf jeden Euro gucken“ müsse: „Dadurch lassen wir sicherlich unfassbar viel Potenzial liegen. Aber ich trage das mit. Wir machen aus dem System das Beste, was wir können.“ (sid/sd)

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