Martijn Kaars, James Sands und Andréas Hountondji stehen vor der Fankurve

Zwei Torjäger für St. Paulis Sturmspitze: Andréas Hountondji (r.) und Martijn Kaars (l.) nach dem Derbysieg. Foto: imago/Oliver Ruhnke

„Gar nicht böse“: Wie Blessin den heißen Kampf um St. Paulis Sturmspitze moderiert

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Im Sturm des FC St. Pauli weht jetzt ein anderer Wind. Mit sieben Toren in den ersten drei Saisonspielen haben die Kiezkicker ein Ausrufezeichen gesetzt und gezeigt, dass sie in dieser Saison auch in der Offensive erstklassig aufgestellt sind. Einen Traumstart hat Mittelstürmer Andréas Hountondji erwischt, der in jedem Ligaspiel getroffen und damit einen Klubrekord aufgestellt hat. Dass die hervorragende Ausbeute aber keine automatische Startelf-Garantie für die nächsten Wochen bedeutet, liegt am Herausforderer: Mit Martijn Kaars verfügt St. Pauli über einen zweiten hochwertigen Mittelstürmer, der sich als echter Torjäger einen Namen gemacht hat und in die Startelf drängt. Ein Luxus-Problem, wie es die Braun-Weißen im Sturm lange nicht mehr hatten.

Eines dürfte klar sein: Der Kiezklub hat nicht rund vier Millionen Euro Ablöse für einen Edel-Reservisten hingeblättert. Kaars ist zu gut und zu teuer, um viel auf der Bank zu sitzen und ihm wird der Wechsel von Zweitligist 1. FC Magdeburg auf den Kiez zwar mit der Bundesliga, aber sicher nicht mit einer Joker-Rolle schmackhaft gemacht worden sein. Der wuchtig-schnelle Hountondji, Leihgabe von Premier-League-Klub Burnley, ist wiederum aktuell zu wirkungsvoll und treffsicher, um ihn aus der ersten Elf zu nehmen.

Hountondji oder Kaars? „Ein schöner Kampf“

Von einer „Qual der Wahl“ hat Trainer Alexander Blessin in den letzten Wochen immer wieder gesprochen, wenn es um die Personalsituation und den Konkurrenzkampf im Sturm ging. Dabei ist die Redewendung in diesem Fall nur bedingt zutreffend. Qualen empfindet der Coach bei der Besetzung des Angriffs nämlich nicht, sondern vielmehr Freude. Über die hohe Qualität der Alternative. Zu gut, um eine Alternative zu bleiben, jedenfalls mittelfristig.

„Ich freue mich über die Performance von beiden und freue mich, dass wir beide haben“, betont Blessin im Vorfeld des Auswärtsspiels am Freitagabend beim VfB Stuttgart (20.30 Uhr, Liveticker bei MOPO.de). Die Konkurrenzsituation bewertet er ausschließlich positiv. „Es ist ein schöner Kampf und beide nehmen das sehr gut an.“ Hountondji und Kaars seien „hochmotiviert und klar in der Birne“. Aber solch ein offener Konkurrenzkampf erfordert auch offene Kommunikation, wenn er dauerhaft gesund und konfliktfrei bleiben soll.

Alexander Blessin spricht viel mit den Stürmern

Blessin, früher selbst Stürmer im Profifußball, versucht, die aktuelle Situation und die Verteilung der Rollen und Einsatzzeiten möglichst transparent mit den beiden Stürmern zu erörtern, damit jeder genau weiß, woran er ist. Der 52-Jährige „versucht, klar anzusprechen, was ich von den Spielern erwarte“.


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Hountondji hat den Vorteil, dass er die gesamte Vorbereitung mitgemacht hat und sich zudem formstark präsentiert, weshalb der Nationalspieler des Benin auch in Stuttgart von Beginn an spielen dürfte. Kaars war erst vor dem zweiten Spieltag verpflichtet worden, zur Mannschaft gestoßen und beim Derbysieg im Volkspark nach knapp 70 Minuten für Hountondji eingewechselt worden. Beim jüngsten 2:1-Heimsieg gegen Augsburg tauschte Blessin die Stürmer schon zur Halbzeit, obwohl der 23-Jährige unmittelbar vor dem Pausenpfiff den Ausgleichstreffer erzielt hatte. Beide spielten also 45 Minuten. Arbeitsteilung. Das hatte Gründe.

Hountondji musste früh runter, Kaars „brennt“

„Ich habe mit Andréas nach dem Spiel klar darüber geredet, wie er sich gefühlt hat“, berichtet Blessin. „Er hatte Magenschmerzen, war ein bisschen müde und hatte auch ein bisschen muskuläre Probleme.“ Wahrscheinlich Auswirkungen der vorangegangenen Länderspielreise mit zwei Partien. „Er war gar nicht böse in dem Moment, ausgewechselt zu werden“, versichert der Coach.

Kaars konnte in der zweiten Halbzeit zwar keinen Torerfolg feiern und sich damit für mehr bewerben, aber er arbeitete mit hoher Laufbereitschaft gegen den Ball, war mehrfach gefährlich und hatte eine gute Torchance, die er jedoch nicht nutzen konnte. „Martijn brennt wirklich auf einen Einsatz“, sagt Blessin über den 26-Jährigen, der in der vergangenen Saison für Magdeburg 19 Tore erzielt und sechs Treffer vorbereitet hatte und auch in den ersten drei Spielen der laufenden Spielzeit im SCM-Trikot bereits zwei Buden hat verbuchen können. Der Trainer meint einen Einsatz von Anfang an. „Er ist auch fit dafür. Deshalb hat er in den letzten beiden Spielen auch viel Spielzeit bekommen und wird sie auch weiter erhalten.“

Blessin lobt Hountondji: „Sehr, sehr gut gemacht“

Bei der laufintensiven Spielweise der Kiezkicker, die auch von den Stürmern einen hohen läuferischen Aufwand in Umfang und Intensität erfordert, wird es ohnehin immer wieder dazu kommen, dass der Mittelstürmer, der in der Startelf steht, deutlich vor Ablauf der 90 Minuten ausgewechselt und durch einen frischen Angreifer ersetzt wird. Auf diese Weise kann das Tempo hochgehalten und die gegnerische Abwehr konstant und ohne Ermüdungserscheinungen und Geschwindigkeitsverlust unter Druck gesetzt werden. Der Effekt war in der Schlussphase des Augsburg-Spiels sehr gut zu beobachten.

Einen Stürmer, der trifft, nimmt man nicht so einfach aus der ersten Elf – schon gar nicht, wenn er wie Hountondji auch fleißig gegen den Ball arbeitet oder bei den geforderten Tiefenläufen den Turbo zündet. „Andréas hat es sehr, sehr gut gemacht – ob ihr das jetzt als Startelf-Garantie nehmen wollt, oder nicht.“ Es klingt jedenfalls stark danach, zumindest für das kommende Spiel.

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Aus eigener Erfahrung weiß Blessin: „Als Stürmer ist es wichtig, ein gewisses Vertrauen zu entwickeln. Das bekommen beide von mir.“ Am Mittwoch habe er auch nochmal gegenüber Kaars klargestellt, „wie wichtig er ist, er muss einfach jetzt dranbleiben“. Als Herausforderer. Das kann sich allerdings schnell ändern.

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