Tarek Ehlail

Tarek Ehlail mit Mario Adorf bei den Dreharbeiten zu „Gegengerade“ (2011). Der Film spielte im Umfeld des FC St. Pauli. Foto: picture alliance/dpa

Nachruf auf Tarek Ehlail: Ein urgewaltiger Mann, der das Leben liebte

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Tarek Ehlail war Film-Regisseur, Geschäftsführer einer Security-Firma und ein Mann mit urgewaltiger Präsenz. Am vergangenen Freitag starb der gebürtige Saarländer, der eine neue Heimat auf dem Kiez gefunden hatte, bei einem Autounfall, zwei Tage vor seinem 44. Geburtstag. Ein sehr persönlicher Nachruf.

Einen Nachruf auf Tarek zu schreiben, fühlt sich total absurd an. Ich kenne niemanden, der mehr am Leben ist als er. Am Leben war, muss ich jetzt schreiben. Irgendwann wird das real, vermute ich. Wir waren vier Jahre lang ein Liebespaar. Sehr viel Liebe war da im Spiel, bis jetzt, zehn Jahre nach der Trennung. „Tarryman, ich bin froh, dass wir uns haben“, das war eine meiner letzten Nachrichten an ihn.  

Seit letztem Freitag gibt es also nur noch Erinnerungen. Immerhin, die sind auch lebendig.

Die erste reicht ziemlich genau 15 Jahre zurück. Eine schöne Anekdote. Unsere Kennenlerngeschichte. Mario Adorf drehte in Hamburg, hatte angeblich Zeit für ein kurzes Interview. 

„Trainiert, tätowiert, Typ Buddy vom Kiez“

Ein Filmset an der Feldstraße, irgendwas mit Fußball. Mario Adorf! Sensationell, dachte ich. „Gegengerade“? Mit dem Titel konnte ich nichts anfangen. Hinter einem kulissenhaft verkokelten Campingwagen kam darauf aber nicht das Urgestein des deutschen Kinos hervor, sondern ein tätowierter Kerl um die 30. Mit stechendem Blick und heiserer Stimme. „Tarek Ehlail. Ich bin der Regisseur. Adorf hat keine Zeit. Aber mach doch ein Interview mit mir.“

Ich glaube, ich war zumindest kurz ein bisschen empört. Ich wollte ja die Filmlegende für ein Gespräch. Stattdessen war er da: „Trainiert, tätowiert, Typ Buddy vom Kiez“. So habe ich Tarek in meinem Text beschrieben. Er trug ein rotes T-Shirt. Seine Präsenz war unfassbar.

Zuckersucht und Tatendrang

Tarek hatte die Fähigkeit, Menschen für sich einzunehmen. Und sie dazu zu bringen, Dinge zu tun, die ihnen vorher niemals eingefallen wären. Mario Adorf davon zu überzeugen, in einem Low-Budget-Film über sich kloppende St.-Pauli-Fans auf dem Kiez mitzuspielen – ein bescheidenes Beispiel seiner Überzeugungskraft.

Tarek saß im Jogginganzug im Keller seines Elternhauses im Saarland – und holte die Stars ran für einen Film, für den er das Drehbuch in zwei Nächten runtergeschrieben hatte. Total überzuckert, Schokolade und Spezi waren Aufputschmittel für ihn. 

Mario Adorf verzichtete auf eine Gage

Und weil Tarek so ist, wie er ist (so war, wie er war?), klappte es. Adorf lud ihn nach Paris ein, sagte: „Du hast zehn Minuten, um mich zu überzeugen.“  Nichts leichter als das. Fun Fact: Mario Adorf verzichtete schließlich sogar auf eine Gage für „Gegengerade“.

Tarek Ehlail und die ehemalige MOPO-Redakteurin Miriam Kaefert verband eine langjährige Beziehung Privat.
Tarek Ehlail und Miriam Kaefert
Tarek Ehlail und die ehemalige MOPO-Redakteurin Miriam Kaefert verband eine langjährige Beziehung

Tarek war überzeugend in dem, was er tat. Er hat kompromisslos viel gegeben, sehr viel gewollt und viel bekommen. Viel Ego und Verletzlichkeit. Er war fordernd und freigiebig. Er war körperlich stark – und er konnte Goethes Faust auswendig. Den ersten Teil. Von vorne bis hinten. „Ich bin der Geist, der stets verneint …“

Verneint hat er selten. 

Und er war ein Geist, der viel vereint. Regisseur war nur eine Rolle in seinem Leben: Tarek hatte ein Security-Unternehmen, beschützte Pink und andere Stars, war Coach und sogar im Bundestag  –  im Auftrag der Sicherheit von Moses Arndt, Abgeordneter der Linken und Freund seines Lebens. „You are Mighty“, sagt Mighty Maus auf seinem WhatsApp-Profilbild. Irgendwie passt das. 

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Oh Mann, Tarry, jetzt mal ganz direkt: Es gibt so viele Menschen, deren Leben du geprägt, aufgewühlt und berührt hast. Weil sie dich lieben. Oder manchmal auch, weil sie dich nicht (mehr) lieben. Du hast auf jeden Fall genug Liebe und Energie für die nächsten 100 Jahre in dir gehabt. Und jetzt? Bist du einfach weg. Mit dem Audi aus dem Leben geknallt, weil du einen Moment nicht aufgepasst hast. Darüber möchte ich bitte noch ein paar Tage wirklich sauer sein. Bis ich weine.

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