Führerschein-Schummler: Hamburger betrügen immer häufiger – mit Spionage-Methoden
Knopf im Ohr, Doppelgänger oder Handy unterm Tisch: Bei theoretischen Führerscheinprüfungen wird immer öfter betrogen. Dabei erinnern die Methoden mancher Fahrschüler an die Spionagetechnik in den James-Bond-Filmen. Auch in Hamburg gab es dieses Jahr bereits viele Betrugsversuche – manche Banden sind sogar darauf spezialisiert.
Täuschungsversuche seien seit mehreren Jahren ein wachsendes Problem, erklärte der Tüv-Verband. Für das erste Halbjahr 2025 seien bereits 2193 Fälle in Deutschland festgestellt worden. Fast 4200 unerlaubte Tricks seien im Gesamtjahr 2024 registriert worden – ein Anstieg um zwölf Prozent im Vergleich zum Jahr 2023 und um fast 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020.
Allein in Hamburg gab es in den ersten sechs Monaten 91 Täuschungen in Prüfungen, die aufgeflogen sind, wie das „Abendblatt“ berichtet. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Zweimal hätten die Prüflinge Identitätsbetrug begangen und einen Vertreter mit gefälschten Ausweisdokumenten geschickt, in zwei weiteren Fällen seien unerlaubte Hilfsmittel wie Spickzettel benutzt worden, und in 85 Fällen basiere der Betrug auf dem Einsatz von technischen Hilfsmitteln wie Mikrokameras und Mikrofonen, in zwei Fällen handelte es sich wohl um „sonstige Täuschungsversuche“.
Zum Teil organisierte Banden im Hintergrund
Der Tüv warnt nun vor den Folgen solcher Gaunereien: „Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, birgt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer.“ Aber trotz dieser Gefahren werde Betrug in der Fahrerlaubnisprüfung oft weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit geahndet.
Insbesondere beim Technikbetrug – etwa mit Mini-Kamera-System oder winzigem Knopf im Ohr – und dem Identitätsbetrug mit gefälschten Ausweisdokumenten seien professionell agierende Organisationen im Hintergrund zu vermuten, so der Verband. Denn dabei könne der Führerscheinbewerber nicht allein agieren. Diese Betrugsformen machen nach Beobachtung des Tüv-Verbands mehr als die Hälfte der Täuschungsversuche aus.
„Die Zusammenarbeit mit Dritten, Passmissbrauch oder Urkundenfälschung sowie der Einsatz ausgefeilter technischer Hilfsmittel zeugen von einem hohen Maß an krimineller Energie“, betonte der Tüv-Verband.
Ex-Mitarbeiter der Stadt Kassel vor Gericht
Ein Fall von Führerscheinbetrug im großen Stil wird derzeit vor dem Landgericht Kassel juristisch aufgearbeitet. Dort stehen zwei mutmaßliche Mitglieder einer Bande vor Gericht. So soll ein ehemaliger Mitarbeiter der Fahrerlaubnisstelle der Stadt Kassel Führerscheine an mindestens 112 Personen verkauft haben, obwohl sie keine Prüfung abgelegt hatten. Der heute 26-Jährige muss sich in dieser Woche wegen des Verdachts der besonders schweren Bestechlichkeit und der Falschbeurkundung im Amt in 112 Fällen verantworten.
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Die Staatsanwaltschaft Kassel verdächtigt ihn, weitere Personen in sein illegales Geschäftsmodell integriert zu haben, um die Abläufe gewinnbringend zu organisieren und eine Art Vertriebsnetz aufzubauen. Ein weiteres mutmaßliches Mitglied der Bande steht derzeit wegen besonders schwerer Bestechung in 47 Fällen und Anstiftung zur Falschbeurkundung in 44 Fällen in einem gesonderten Verfahren vor dem Landgericht Kassel. Der 35-Jährige wird verdächtigt, einen Teil der Vertriebsorganisation aktiv betrieben zu haben. (dpa/mp)
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