Derby, Aufstieg, Vorbild: Schonlau geht als HSV-Held – mit Beigeschmack
Für ihn wird es auch weiterhin um die oberen Tabellenregionen gehen. Geht nichts mehr schief, wechselt Sebastian Schonlau zu den Vancouver Whitecaps, um dort an der Seite von Thomas Müller in die MLS-Play-offs einzuziehen – während sein langjähriger Verein um den Bundesliga-Klassenerhalt kämpft. Schonlau hat den HSV-Aufstieg miterlebt, seine Zeit im Volkspark nach fast vier Jahren gekrönt, nun endet diese zwar – der 31-Jährige aber geht als Held. Einer, der sich immer vorbildlich verhielt und sportliche Ausrufezeichen setzte.
Als die HSV-Profis am Mittwoch in die erste Bundesliga-Trainingswoche seit sieben Jahren starteten, war Schonlau nicht mehr dabei. Der Verteidiger fliegt im Laufe des Tages nach Kanada, um seinen Medizincheck zu absolvieren und bei den Whitecaps einen Vertrag bis 2027 zu unterschreiben. Übereinstimmenden Berichten zufolge kassiert der HSV eine niedrige sechsstellige Ablösesumme, die er Schonlau als Abfindung allerdings mit auf den Weg geben wird. Sein Vertrag im Volkspark wäre im Sommer 2026 geendet, sein vorzeitiger Abschied zeichnete sich längst ab.
Schonlau wechselt zu den Vancouver Whitecaps in die MLS
Merlin Polzin hat Schonlau gegenüber schon vor Wochen kommuniziert, dass er es in der Bundesliga schwer haben werde. Der Trainer setzte auf Ehrlichkeit, weil sein (Ex-)Kapitän diese verdient. Dass Schonlau zuletzt aber nicht mal mehr im Pflichtspielkader stand, während in Guilherme Ramos ein anderer Abgangskandidat in Pirmasens zum DFB-Pokal-Helden avancierte, sorgte mancherorts für Kopfschütteln. Geht man so mit einem verdienten Spieler um? Diese Frage begleitet Schonlaus Abschied als Beigeschmack. Und trotzdem: Am Ende ist der Deal ein guter für alle Seiten.

Vancouver bekommt einen charakterlich einwandfreien Profi, der in Hamburg jahrelang voranmarschierte, der in der Kabine den Ton vorgab und der sich nach nahezu jedem Rückschlag den kritischen Fragen der Öffentlichkeit stellte. Schonlau war ein Spielführer, wie Tim Walter und Steffen Baumgart sich ihn nicht besser ausmalen konnten, er war ein Vorbild – was vor allem in der Rückrunde der Vorsaison deutlich wurde. Schonlau verlor seinen Stammplatz, bevor es im Aufstiegskampf richtig heiß wurde, er musste auf der Bank schmoren und konnte nicht auf dem Platz um die Erfüllung des Traums spielen, wegen dem er im Sommer 2021 vom SC Paderborn zum HSV gekommen war.
Der langjährige HSV-Kapitän erlebte alle Höhen und Tiefen
Aber: Der gebürtige Warburger stellte sein Ego hinten an, freute sich über die Siege seiner Kollegen, baute sie nach Rückschlägen wieder auf – und lernte, wie er im April erklärte, in dieser harten Zeit so viel über sich wie nie zuvor. Nicht zu vergessen: Schonlau prägte den HSV auch sportlich, sorgte in 115 Pflichtspielen für zahlreiche Highlights. In seiner Debütsaison 2021/22 glich er im Heimspiel gegen den FC St. Pauli per Kopf aus. Er ermöglichte somit erst, dass der HSV nach zuvor fünf Niederlagen in Folge mal wieder ein Stadtderby gewann – Endstand: 2:1 im Volkspark.

Am letzten Spieltag ebendieser Spielzeit erzielte er beim 3:2 in Rostock den zwischenzeitlichen 2:1-Führungstreffer – und ebnete so den Weg dafür, dass der HSV nach spektakulärem Schlussspurt noch in die Relegation einzog. Der Abwehrchef stand in beiden Relegationen über zweimal 90 Minuten auf dem Feld, erlebte die Pleiten gegen Hertha BSC und den VfB Stuttgart – und verlängerte drei Monate nach dem Drama von Sandhausen seinen HSV-Vertrag. Das war am 22. August 2023. Fast auf den Tag genau zwei Jahre später endet Schonlaus Profi-Kapitel im Volkspark.
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Sein Abschied ist konsequent und aus sportlicher Sicht nachvollziehbar. Schonlaus Qualitäten im Spielaufbau und in der Zweikampfführung sind unbestritten, über sein Tempo indes wurde in den vergangenen Monaten immer öfter diskutiert. Der HSV setzt in der Bundesliga auf Intensität – ohne Schonlau. In Kanada steht ihm ein neues Abenteuer bevor – inklusive viel Spielzeit, die ihm bei den Whitecaps angesichts des Ausfalls von Verteidiger Ranko Veselinovic winkt, die er in Hamburg aber nicht mehr bekommen hätte. Die Bilder von den Aufstiegspartys im Volksparkstadion und am Rathaus werden in Erinnerung bleiben. Auch in diesen Momenten ging Schonlau voran – als Partymaschine.
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