Bundespolizist hält kuriosen Karl-May-Rekord
Als Lokomotivführer ist Christoph Bobe im weiten Rund der Kalkberg-Arena in Bad Segeberg nicht zu übersehen. Auch ohne Text hat der 53 Jahre alte Komparse im Stück „Halbblut“ bei den Karl-May-Spielen eine große Bühnenpräsenz.
Das mag auch an seiner unvergleichlichen Erfahrung liegen. Bobe hat vor 40 Jahren angefangen und inzwischen mehr als 2600 Aufführungen absolviert. Soldat und Siedler, Bahnarbeiter, Sheriff und Bandit, Saloonbesitzer, Arbeiter und einmal eine Frau – nichts, das der Bundespolizei-Beschäftigte nicht schon gespielt hätte.
Erster Auftritt als 13-Jähriger
Bobe konnte 1985 viel früher einsteigen, als das jungen Leuten heute möglich ist. 13 Jahre war er in seiner ersten Saison alt. Weil Mutter und Tante in der Karl-May-Schneiderei mit den Kostümen beschäftigt waren, gab es eine Sondergenehmigung. Vater, Onkel, Mutter – fast die ganze Familie war auch schon als Kleindarsteller dabei.
Heute müssen Komparsen mindestens 18 Jahre alt sein. „Geplant war ein Jahr“, sagt Bobe. Es kam anders und ein Ende ist nicht abzusehen. „Solange man mich lässt und ich darf. Es ist eine lange Zeit, aber es kommt mir auch vor, als ob es vorgestern war“ Er erinnere sich gut an seinen ersten Auftritt. „Ich war Indianer, kam heruntergelaufen und habe einen Schuss abgegeben.“

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Einmal musste er nur mit einem knallroten „Long John“ – einer langen Unterhose – bekleidet in jeder Aufführung in eine wassergefüllte Badewanne springen. Bei Hitze angenehm, bei schlechtem Wetter eher nicht. In einem Jahr durfte er einen betrunkenen Mann spielen. Die Regieanweisung lautete sinngemäß: „Mach, was du willst, es muss passen.“ Für Bobe eine schöne Sache. „Da hatte ich Narrenfreiheit, da habe ich dann immer improvisiert und was anderes gemacht.“
Früher gab es auch schon mal ein paar Sätze Text für Komparsen, heute nicht mehr. Seit 2007 ist der 53-Jährige, der mit seiner hünenhaften Erscheinung bestens in einen Führerstand passt, regelmäßig Lokomotivführer.
Elf Regisseure und sieben Winnetous
Im Laufe der Jahrzehnte hat Bobe gemeinsam mit vielen bekannten Schauspielern in der Kalkberg-Arena gespielt. Das seien alles gute Erfahrungen gewesen. Bei Sascha Hehn etwa sei gesagt worden, der Mann sei schwierig. „Das krasse Gegenteil war er.“
Von Bobe kommen nur freundliche Worte für sämtliche Protagonisten, ob Pierre Brice, Gojko Mitić, Alexander Klaws oder die aktuellen Gaststars Sonja Kirchberger und Francis Fulton-Smith. Elf Regisseure und sieben Winnetous umfasst Bobes Erfahrungsschatz.
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Eines eint die ganze Truppe: Sie spielen unter freiem Himmel. Wenn es regnet, werden alle nass, wenn die Sonne brennt, schwitzen alle. „Da kann man nicht sagen, nee, ich will heute nicht.“ Wenn man Pech hat, muss man zur zweiten Vorstellung des Tages wieder rein in die nassen Klamotten.
Unterstützung beim Arbeitgeber und Zuhause
Die Bundespolizei steht dem zeitaufwendigen Hobby aufgeschlossen gegenüber. Alle Chefs hätten gesagt: „Mach es, wir unterstützen das.“ Bobe sammelt Überstunden, um 72 Mal immer von donnerstags bis sonntags auftreten zu können. Die Kollegen tragen das mit.
Seine Frau habe er bei den Karl-May-Spielen kennengelernt, sie habe im Sanitätsdienst bei den Spielen mitgemacht und sei auch mal als Komparsin aufgetreten. „Sie wusste also, worauf sie sich einlässt.“ In den zwei Jahren Corona-Zwangspause habe sie es aber auch ganz schön gefunden, dass er im Sommer zu Hause war.
Wer viel Geld verdienen möchte, wird als Komparse bei den Karl-May-Spielen eher nicht glücklich. Es gibt den Mindestlohn, das summiert sich mit Proben und 72 Vorstellungen auf ein paar Tausend Euro. Aber: „Darauf kommt es nicht an“, sagt Bobe. Es sei und bleibe ein Hobby.
Was ist es, das einen in mehr als 2600 Vorstellungen bei Wind und Wetter immer wieder in die Arena zieht? Oft mehr als 7000 Zuschauer und ihre Reaktion seien es. „Ein geiles Gefühl“, sagt Bobe. „Das lässt auch nicht nach, im Gegenteil.“ (dpa)
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