„Kann nicht die ganze Welt verändern“ – HSV-Keeper spricht über Rassismus-Attacken
Er ist gekommen, um für mächtig Furore zu sorgen. Mit dem Anspruch, die Nummer 1 des HSV zu werden, unterschrieb Bayern-Leihgabe Daniel Peretz am vergangenen Montag seinen Vertrag im Volkspark. Am Samstag, im Test gegen Olympique Lyon (15 Uhr), will der Israeli erstmals zeigen, was er drauf hat. Mit mächtig Rückenwind – denn bereits am Freitag wird ein großer Wunsch des 25-Jährigen in Erfüllung gehen. Und dennoch: Nicht alle Menschen sind ihm wohlgesonnen, diese Erfahrung musste Peretz auch dieser Tage machen.
Sie haben sich eine Weile nicht sehen können, umso größer wird nun die Freude sein. Dieser Freitag wird ein guter Tag werden für Peretz, das steht bereits fest, denn nach ihm schwebt nun auch seine Lebensgefährtin Noa Kirel in die Hansestadt ein. „Ich freue mich sehr darauf, dass sie kommt“, verriet Peretz im Rahmen einer Medienrunde. Die israelische Sängerin, die in ihrem Land ein Superstar ist, wird entsprechend dabei sein, wenn Peretz am Samstag sein HSV-Debüt feiern will. Somit dürfte ein doppeltes Blitzlichtgewitter garantiert sein – auf dem Feld und der Tribüne.
Die Freundin von HSV-Keeper Peretz ist in Israel ein Superstar
Peretz und Kirel sind es gewohnt, im Rampenlicht zu stehen, sie zählen zu den glamourösesten Paaren Israels. Hier der Nationalkeeper, dort die Sängerin, die vor zwei Jahren ihr Land beim „European Song Contest“ vertrat. „Aber sie ist deutlich bekannter als ich“, sagt Peretz und muss schmunzeln.

Einen großen Namen will sich auch der Torhüter in den kommenden Monaten machen. Der HSV sicherte sich seine Dienste nicht nur, um den zu Union Berlin abgewanderten Matheo Raab zu ersetzen. Peretz soll sich mit Aufstiegskeeper Daniel Heuer Fernandes um den Platz im Tor duellieren. „Mein größtes Ziel ist es auf jeden Fall, zu spielen“, stellt er entsprechend fest und macht aus seinen Ambitionen kein Hehl. Doch Peretz weiß: „Im Fußball wie im Leben ist nichts garantiert, man weiß nie, was die Zukunft bringt. Ich arbeite jeden Tag sehr hart, um zu spielen, und ich bin mir sicher, dass es allen anderen drei Torhütern genauso geht. Jeder will spielen.“
Für Peretz geht es darum, den nächsten Entwicklungsschritt in seiner Karriere zu machen. Viel gelernt hat er in seinen beiden Münchner Jahren, im Besonderen von Manuel Neuer. „Er war mein Vorbild, seit ich elf, zwölf Jahre alt war“, erzählt der Keeper, der allerdings auch merkte, dass dem Bestreben, Neuer nachzuahmen, Grenzen gesetzt sind: „Es gibt Dinge, die nur er kann und die man nicht kopieren kann.“

Neuer war einer der Gründe, warum Peretz in den vergangenen beiden Jahren nur auf sieben Pflichtspieleinsätze bei den Bayern-Profis kam. Zudem wurde ihm im Winter Jonas Urbig (kam aus Köln) vor die Nase gesetzt. Zeit, zu gehen, zumindest vorläufig, dachte sich der Israeli. Der HSV diente dem Keeper, der auch von Sampdoria Genua umworben wurde, als passende Option: „Die Verantwortlichen hier sagten mir, ich könne viele meiner Erfahrungen der letzten zwei Bundesligajahre einbringen und mich sicher noch stark verbessern.“
Ex-HSV-Profi Choupo-Moting schwärmte Peretz von Hamburg vor

Auch aus der Branche erhielt Peretz großen Zuspruch, als er vom Werben des HSV erzählte. Insbesondere Maxim Choupo-Moting, Hamburger Jung und bis Sommer 2024 zusammen mit Peretz bei den Bayern, gab mächtig Gas. „Choupo hat so viel Gutes über den Verein, die Stadt und die Fans gesagt, dass er mir keine andere Wahl ließ, als hierher zu kommen“, sagt Peretz lachend. „Aber es gab noch andere.“ Jonathan Tah, auch gebürtiger Hamburger, und Keeper-Kollege Sven Ulreich, der 2019/20 beim HSV spielte. Sogar Bayern-Coach Vincent Kompany, von 2006 bis 2008 Profi beim HSV, war begeistert. „Er liebt Hamburg“, weiß Peretz.
Das könnte Sie auch interessieren: Unfassbar! HSV-Held Selke wurde schon wieder beklaut
Offen, wie der Israeli eines Tages über den HSV sprechen wird. Das dürfte insbesondere von seiner sportlichen Entwicklung abhängen. Eine Kaufoption über die Saison hinaus wurde dem HSV nicht eingeräumt. Will er Peretz behalten, wäre die Ablöse frei verhandelbar. „Im Vertrag steht, dass ich in einem Jahr nach München zurückkehre“, so Peretz. „Ich denke, alle Optionen, die sich ergeben, sind gut. Wir können sehen, wie es hier sein wird, und ich bin mir sicher, dass ich sehr glücklich sein werde. Man spürt die Wärme und das familiäre Gefühl.“
Den knallharten Zweikampf mit Heuer Fernandes geht der Neue mit Freude, aber auch Demut an. Zügig ging er im Volkspark auf seinen Kollegen zu und suchte den Austausch. „Egal, wo man ist: Wir Torhüter sind Kollegen, die jeden Tag zusammenarbeiten und mit denen man auch außerhalb des Platzes viel zu tun hat. Für mich ist es wirklich wichtig, eine gute Energie zu haben. Ich bin immer sehr positiv.“
Peretz und Heuer Fernandes duellieren sich um den Platz im HSV-Tor
Eine Lebenseinstellung, die am Freitag mit der Ankunft seiner Lebensgefährtin nochmals gesteigert werden dürfte. Das Paar freut sich darauf, nicht an jeder Straßenecke erkannt zu werden, anders als es in der Heimat der Fall ist. „Wir werden hier mehr Privatsphäre haben“, ahnt Peretz, der sich aufgrund der terminlichen Verpflichtungen seiner angehenden Ehefrau (im November wird geheiratet) auch immer wieder allein wird zurechtfinden müssen: „Sie macht Shows und Werbespots und muss flexibel sein. Aber wir versuchen, dass sie die meiste Zeit über hier ist.“
Das private Glück, dazu die sportlich faire Chance im Kampf um den Platz im HSV-Tor. Alles in Butter also soweit bei Peretz, sollte man meinen. Wären da nicht immer wieder Hasskommentare, denen sich der Israeli aufgrund seiner Herkunft in den sozialen Medien ausgesetzt sieht. Auch unter Peretz‘ ersten Instagram-Posts nach seinem HSV-Wechsel finden sich teils widerwärtige Kommentare.
Peretz sieht sich immer wieder Hass-Kommentaren ausgesetzt
Der Keeper hat seine eigene Methode entwickelt, damit umzugehen und ignoriert die Bemerkungen in aller Regel. „Kommentare sind ein großer Teil der sozialen Medien“, weiß er. „Ich bin Israeli, aber Rassismus ist überall, in allen Formen. Die Leute hinter den Tastaturen können machen, was sie wollen – aber ich werde mich davon niemals beeinflussen lassen.“ Und weiter: „Ich habe es zu akzeptieren, weil die Welt halt so ist. Ich kann nicht die ganze Welt verändern, ich kann nicht so sehr dagegen ankämpfen. Aber ich kann es einfach aus meiner Blase verbannen und mich nicht davon beeinflussen lassen.“
Am Samstag will Peretz für sportliche Schlagzeilen sorgen. Aller Voraussicht nach werden Heuer Fernandes und er gegen Lyon jeweils eine Hälfte Spielzeit bekommen. Dann beginnt er so richtig, der heiße Kampf um den Platz in Hamburgs Kiste.
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.