Insolvenz bei Handball-Primus sorgt für Unruhe vor der Heim-WM
Finanzielle Schieflage beim Serienmeister, große Sorgen im deutschen Frauenhandball: Nach dem Antrag der HB Ludwigsburg auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens herrscht Aufruhr in der Szene. Einen Monat vor dem Saisonstart und vier Monate vor der Heim-WM kommen die Schlagzeilen um den sportlichen Vorzeigeklub zur Unzeit.
„Eine gute Situation sieht natürlich anders aus“, sagte Andreas Thiel am Mittwoch. Der Vorsitzende der Handball Bundesliga Frauen (HBF) weiß um die Signale, die vom Fall Ludwigsburg ausgehen. Zumal am 23. August mit dem Supercup die große Saisoneröffnungssause steigt – und ein Mitwirken des schwäbischen Starensembles mit seinen sechs Nationalspielerinnen um Xenia Smits im Münchener SAP Garden aktuell alles andere als sicher erscheint.
Die Stuttgarter Zeitung schrieb am Mittwoch von „dunklen Wolken“ am zuletzt erfolgreichsten deutschen Standort im Frauenhandball. Dem Standort, an dem seit 2022 vier Meistertitel in Folge gefeiert wurden. An dem im vergangenen Jahr der Einzug ins Champions-League-Finale gefeiert wurde. Und wo die Nationalmannschaft bei der WM im November den Grundstein für die lang ersehnte Medaille legen will.
„Die Nachricht berührt mich“: Bundestrainer Markus Gaugisch zur Situation von HB Ludwigsburg
„Die Nachricht berührt mich aufgrund vieler persönlicher Erfahrungen und Verbindungen aus meiner Zeit in Bietigheim“, sagte Bundestrainer Markus Gaugisch, der das Team (seinerzeit noch als SG BBM Bietigheim) von 2020 bis 2023 coachte, auf SID-Anfrage: „Das ist jetzt allerdings keine sportliche Frage, sondern ein Fall für Kaufleute und Juristen. Als Bundestrainer wünsche ich mir für alle unsere Nationalspielerinnen grundsätzlich ein stabiles Umfeld mit einem verlässlichen Spielrhythmus, um Top-Leistungen ermöglichen zu können.“

Selbst für Thiel, praktizierender Rechtsanwalt, kam die Nachricht vom Branchenprimus „überraschend“. Es sei aber kein Szenario, so Thiel, das „absolut unüblich ist. Fälle dieser Art hat es in der Vergangenheit schon gegeben.“
Momentan sieht die Liga keine Veranlassung, irgendwelche Maßnahmen zu Ergreifen. „Wir hoffen, dass Ludwigsburg regulär als zwölfte Mannschaft in der Bundesliga mitspielen wird. Rein rechtlich dürfen sie dabei sein“, sagte Thiel und erklärte: „Selbst wenn das Insolvenzverfahren tatsächlich eröffnet wird, darf Ludwigsburg mitspielen. Dies hätte erstmal allerdings zur Folge, dass dem Klub am Ende der Hauptrunde acht Punkte abgezogen werden.“
Es muss noch kein Insolvenzverfahren stattfinden
Noch, das betonen die Beteiligten, handelt es sich lediglich um einen Antrag, der beim zuständigen Amtsgericht Ludwigsburg eingegangen ist. Ein Insolvenzverfahren ist damit nicht zwangsläufig. Doch das ist nun auch Sache der Anwälte. Momentan führt der Verein Gespräche mit Gläubigern, Sponsoren und Verbänden, um tragfähige Perspektiven für den Fortbestand des Spitzenhandballs im Norden Stuttgarts zu entwickeln.
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„Die wirtschaftliche Lage ist angespannt, aber die Saisonvorbereitung läuft planmäßig. Unser Ziel ist es, Voraussetzungen für eine Fortführung des Handballstandorts Ludwigsburg zu schaffen“, sagte der zum vorläufigen Insolvenzverwalter berufene Holger Leichtle. Als Gründe für den Insolvenzantrag nannte HB-Geschäftsführer Sebastian Götz „insbesondere das gesamtwirtschaftlich angespannte Umfeld sowie das Scheitern kurzfristig vielversprechender Sponsorenverhandlungen“. (sid/hen)
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