Die CSD-Demo, der Höhepunkt jeder Pride Week, bekommt in diesem Jahr eine neue Route durch St. Georg.

Die CSD-Demo, der Höhepunkt jeder Pride Week, bekommt in diesem Jahr eine neue Route durch St. Georg. Foto: picture alliance/dpa/Georg Wendt

Pride Week stemmt sich gegen den gesellschaftlichen Rückschritt

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Hamburg Pride hat das Programm der diesjährigen Pride Week vorgestellt: Rund um den Höhepunkt, die CSD-Demo am 2. August, ist klar: Der politische Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung ist wichtiger denn je.

CSD-Demos in ganz Deutschland werden verkürzt, verlegt oder gleich ganz abgesagt, die Bundestagspräsidentin weigert sich, die Regenbogenflagge über dem Reichstag wehen zu lassen, der Bundeskanzler springt ihr mit einem geschmacklosen „Zirkus“-Vergleich bei; die Gewalt gegen queere Menschen nimmt zu: Das gesellschaftliche Klima, in dem die Hamburger Pride Week ihr Programm für 2025 ankündigt, es ist feindseliger geworden. Folgerichtig steht die Woche in diesem Jahr unter einem ganz klaren Motto: „Wir sind hier, um zu bleiben. Queere Menschen schützen.“

Pride Week 2025 Hamburg: „Größer, vielfältiger, politischer“

„Noch größer, noch vielfältiger, noch politischer als im Vorjahr“ soll die Hamburger Pride Week werden und will sich so gegen gesellschaftlichen Rückschritt stemmen, wie die Vorsitzenden von Hamburg Pride, Jenny Saitzek und Christoph Kahrmann erklären: „Wir sind kein Trend und unsere Existenz kein Debattenthema. Wir sind Teil dieser Gesellschaft und uns stehen die gleichen Rechte zu wie allen anderen.“ Hamburg Pride fordert laut Saitzek und Kahrmann entschlossenen Schutz für queere Menschen vor Diskriminierung, sichtbaren Schutz im öffentlichen Raum, flächendeckende Aufklärung sowie die verbindliche rechtliche Absicherung – „insbesondere durch die längst überfällige Ergänzung von Art. 3 des Grundgesetzes um die Merkmale „sexuelle und geschlechtliche Identität“.“

Ein gutes Zeichen dafür, dass queere Menschen selbstverständlich Teil des Hamburger Stadtbildes sind, gibt es gleich zum Auftakt der Pride Week: Anders als am Reichstagsgebäude wird am Hamburger Rathaus auch 2025 die Regenbogenfahne wehen: Traditionell startet die Pride Week mit der Aktion „Hamburg zeigt Flagge“. Am 25. Juli um 11.30 Uhr wird sie gehisst – und zwar nicht nur am Rathaus, sondern auch auf den Gebäuden von vielen anderen Institutionen, Firmen, öffentlichen Einrichtungen und Häusern von Privatmenschen. Auch die Hamburger Polizei will wieder Flagge zeigen: Die Regenbogenfahne sei ein „sichtbares, starkes Zeichen gegen Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung“.

Pride Night und Pride House: Auftaktveranstaltungen zur Pride Week

Offiziell eröffnet wird die Pride Week 2025 einen Tag später auf Kampnagel bei der Pride Night: Dort werden nicht nur die Pride Awards für herausragendes queeres Engagement verliehen, es gibt auch Poetry Slam, jede Menge Musik unter anderem von Boviy und dem Chor Bengelsstimmen und einen eigens für die Pride Week komponierten Song: „We are here to stay“ von Henrik Mrochen (Tickets ab 35 Euro im Vorverkauf).

Am 27. Juli öffnet das Pride House seine Türen: Bis zum 31. Juli gibt es rund 30 Veranstaltungen diverser queerer Organisationen. Hamburg Pride selbst gibt zunächst beim Workshop „Argumentieren gegen rechte Hetze“ Tipps und Hinweise, wie man sich gegen Anfeindungen wehrt (27. Juli, 16 Uhr) und lädt am 30. Juli ab 19.30 Uhr Vertreter aus Politik und Gesellschaft zum CSD-Motto-Talk „Wir sind hier, um zu bleiben. Queere Menschen schützen“ aufs Podium. Alle Veranstaltungen im Pride House (Rostocker Straße 7 in den Räumen des Integrations- und Familienzentrums und des Jugendzentrums Schorsch) können kostenlos besucht werden.

CSD-Wochenende 2025: Straßenfest, Dyke* March und Musikbühnen

Bunt und laut, das passt als Beschreibung nicht so schlecht sowohl zum Sommer-Dom als auch zur Pride Week. Entsprechend nahe liegt es, beim Regenbogentag auf dem Dom am 31. Juli (Start um 19 Uhr am Riesenrad) queere Sichtbarkeit auch auf dem größten Volksfest im Norden zu feiern.

Am 1. August ruft das Lesbennetzwerk Hamburg zum bereits zehnten Dyke* March (Treffpunkt um 18.30 Uhr am Gänsemarkt) für mehr lesbische Sichtbarkeit auf. Gleichzeitig beginnt das CSD-Wochenende mit dem Straßenfest in der Innenstadt auf Ballindamm, Jungfernstieg und Rathausmarkt: Auf der großen CSD-Bühne am Rathausmarkt stellt Hamburg Pride ab 19.45 Uhr das CSD-Motto noch einmal im ganz großen Rahmen vor. Laut Hamburg Pride wird das Straßenfest so groß wie nie zuvor: „Eine große Bühne, sechs Musikinseln und rund 150 Stände – darunter von zahlreichen queeren Vereinen – bieten von mittags bis abends Informationen, Unterhaltung und Verpflegung.“ Ab 20 Uhr gibt es Musik, unter anderem von der IndieKünstlerin BOVIY und dem Dance Pop-Duo Fast Boy.

CSD-Demo Hamburg: Neue Route sorgt für Diskussionen

Um den Höhepunkt der Pride Week, die CSD-Demo am Samstag (2. August, ab 12 Uhr), hatte es im Vorfeld einiges an Diskussionen gegeben. Aus Sicherheitsgründen musste eine neue Route für die Demo gefunden werden: Die traditionsreiche Lange Reihe, für viele queere Menschen Dreh- und Angelpunkt der Community in Hamburg, ist für den Andrang schlicht zu klein geworden. Bis zu 250.000 Menschen werden erwartet, die alle durch das Nadelöhr der Langen Reihe zu schleusen, ist auch logistisch kaum zu machen.

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Um die neue Route, die von der Lübecker Straße über Steindamm, Steinstraße, Mönckebergstraße und Glockengießerwall bis zur Lombardsbrücke führt, gab es trotzdem reichlich Diskussionen. Zum einen aufgrund der großen symbolischen Bedeutung der Langen Reihe – zum anderen, weil einige am multikulturell geprägten Steindamm Anfeindungen von Islamisten befürchten. Das haben sowohl die Schura als auch die Hamburger Polizei entschieden zurückgewiesen, von der Polizei hieß es: „Es gibt keine akute Bedrohungslage vom Steindamm aus.“

CSD Hamburg: 120 Gruppen, 250.000 Menschen und mehr Inklusion

Zur großen Demo werden unter anderem Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher, Hamburgs Zweite
Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Gleichstellungssenatorin Maryam Blumenthal sowie die Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch, erwartet. Hamburg Pride erwartet 120 Gruppen und 250.000 Personen. Unter den Gruppen sind etwa 50 Fußgruppen und ebensoviele mit einem Truck. Zum allerersten Mal wird Hamburg Pride die Fußgruppen zu größeren Blöcken formen, um ihnen nach eigenen Angaben mehr Sichtbarkeit zu verleihen und den Demo-Charakter zu stärken.

Unter den Gruppen sind demzufolge zahlreiche LGBTIQ*-Initiativen, darunter „Queere Familien Hamburg“, der Sportverein Startschuss, der Chor „Schola Cantorosa“ und „ver.di Regenbogen Hamburg“, Initiativen wie „Omas gegen Rechts“ und „Fridays for Future“, Einrichtungen wie das Jobcenter, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und die Nordkirche sowie Unternehmen wie die Hamburger Hochbahn, Hapag-Lloyd und Beiersdorf.
Von den politischen Parteien sind die SPD, die Grünen, die FDP, die Linke und Volt vertreten.

Und noch eine Neuigkeit gibt es: Durch ein CSD-Radio sollen blinde und sehbehinderte Menschen die Möglichkeit bekommen, die Demo noch näher mitzuerleben (man kann das Radio auf hamburg-pride.de abrufen). Für Rollstuhlfahrer steht ein Inklusionstruck zur Verfügung und ältere queere Menschen mit eingeschränkter Mobilität können auf einem Doppeldeckerbus mitfahren, der normalerweise für Stadtrundfahrten genutzt wird.

CSD-Wochenende: hvv passt Buslinien an

Durch Demonstration und Straßenfest gibt es einige Änderungen im Fahrplan des hvv. Von Donnerstag, 31. Juli, 6 Uhr, bis voraussichtlich Montag, 4. August, ca. 7 Uhr, gibt es laut dem Verkehrsverbund Änderungen im Bereich Grindel, Uhlenhorst, St. Georg und Innenstadt: Betroffen sind die Linien 2, 3, 4, 5, 6, 16, 17, 18, 19, 25, X3, X35, X80, 112, 120, 122, 124, 224, 530, 602, 603, 604 und 605. Der hvv empfiehlt, nach Möglichkeit auf U- und S-Bahn auszuweichen.

Abschlussparty der Pride Week: Pink Pauli Festival auf dem Kiez

Die offizielle Abschlussparty findet – wo auch sonst – auf dem Kiez statt: Beim Pink Pauli Festival am Samstagabend wird noch einmal die Vielfalt gefeiert, in 15 verschiedenen Locations und bis (mindestens) zum Sonnenaufgang. Wer will, kann danach noch einmal über das Straßenfest schlendern, auf dem auch noch am Sonntag Programm geboten wird, bevor die Pride Week 2025 endgültig zu Ende geht.

Was hingegen nicht endet: der Kampf der queeren Community um Anerkennung und Gleichberechtigung – und um ein Leben ohne Angst. „Queere Menschen schützen“, das liegt eben nicht nur an Organisationen wie Hamburg Pride oder der Polizei – sondern an uns allen. Egal, wen wir lieben.

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