Ein Skandal nach dem anderen: Wie konnte die WM überhaupt in Katar stattfinden?
Seit zwölf Jahren diskutiert die Welt über die Weltmeisterschaft in Katar. Lange weniger, zuletzt mehr. Nur 1966 wurde ein Endturnier mit so langem Vorlauf vergeben, die berüchtigte WM 1978 in Argentinien. Die MOPO blickt zurück auf den langen, von Skandalen gepflasterten Weg bis zum ersten Anstoß in Doha.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Seit zwölf Jahren diskutiert die Welt über die Weltmeisterschaft in Katar. Lange weniger, zuletzt mehr. Nur 1966 wurde ein Endturnier mit so langem Vorlauf vergeben, die berüchtigte WM 1978 in Argentinien. Die MOPO blickt zurück auf den langen, von Skandalen gepflasterten Weg bis zum ersten Anstoß in Doha.
Im Dezember 2010 stimmen die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees über die WM-Vergaben 2018 und 2022 ab. Es sind nur 22 von 24, denn zwei Funktionäre haben sich dabei filmen lassen, wie sie ihre Stimme zum Kauf anboten – das ist selbst für den notorisch korrupten Weltverband zu viel. Katar setzt sich schließlich im vierten Wahlgang mit 14:8 Stimmen gegen seinen ärgsten Rivalen USA durch. Mindestens drei Stimmen sind nach heutigen Erkenntnissen gekauft worden.
Katar baut sich ein sportliches Imperium auf
Für Katar ist es der bis dahin größte Erfolg in der Akquise von Großereignissen – und das Emirat baut seinen Einfluss in der Sportwelt weiter aus. 2011 übernimmt Qatar Sports Investments 70 Prozent des französischen Spitzenklubs Paris St. Germain. Es ist wohl auch ein Ausgleichsgeschäft dafür, dass Staatspräsident Nicolas Sarkozy und UEFA-Präsident Michel Platini sich für die WM-Vergabe nach Katar in die Bresche geschlagen haben. Im selben Jahr bestreitet Bayern München sein erstes Wintertrainingslager in Doha.
Was ist in dieser Woche im Volkspark passiert? Jeden Freitag liefert Ihnen die Rautenpost Analysen, Updates und Transfer-Gerüchte – pünktlich zum Wochenende alle aktuellen HSV-News der Woche kurz zusammengefasst und direkt per Mail in Ihrem Postfach. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
Zunächst konzentriert sich die Kritik am WM-Gastgeber an der fehlenden Fußballtradition im Golfstaat, was oft aus einer eurozentrischen Perspektive geschieht. Im September 2013 berichtet der „Guardian” erstmals von den katastrophalen Bedingungen auf den WM-Baustellen, die viele ausländische Arbeitskräfte mit ihrem Leben bezahlen – ein Thema, das Katar trotz einzelner Reformen im Arbeitsrecht bis heute begleitet.
Im März 2015 wird die WM wegen der klimatischen Bedingungen vom Sommer in den Winter verlegt. Zwei Monate später steht die Fußballwelt erneut Kopf: Ende Mai werden sieben Funktionäre kurz vor Beginn des FIFA-Kongresses im Zürcher Hotel „Baur au Lac” festgenommen – auf Ersuchen des FBI, das ihnen Betrug, Erpressung und Geldwäsche vorwirft. Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt parallel gegen Unbekannt wegen vermuteter Schmiergeldzahlungen bei den WM-Vergaben für 2018 und 2022. FIFA-Präsident Joseph S. Blatter kündigt für 2016 seinen Rücktritt an.
Auch der DFB ist in die Katar-Affäre um die WM verstrickt
Im November 2015 wird die DFB-Zentrale von der Polizei durchsucht, später kommt heraus, dass der Verband im Vorfeld der Heim-WM 2006 eine Millionenzahlung nach Katar verschleiert hat. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach tritt zurück.
Im Februar 2016 wählt die FIFA Gianni Infantino zu ihrem neuen Präsidenten. Im Juni 2017 veröffentlicht der Weltverband den knapp drei Jahre alten Bericht des Juristen Michael J. Garcia über Korruption bei den WM-Vergaben 2018 und 2022. Von den 22 Abstimmenden sind da nur noch zwei im Amt – die anderen 20 sind zurückgetreten oder abgesetzt worden. Auch Garcia ist bereits 2014 zurückgetreten, weil er den Glauben an den Reformwillen in der FIFA verloren hat.
Die Kritik am WM-Gastgeber verlagert sich durch Berichte von Menschenrechtsgruppen von den Arbeitsbedingungen teilweise auf die Diskriminierung von Frauen, Homosexuellen und Trans-Menschen im Golfstaat. 2018 findet die WM im autoritär geführten Russland statt, 2021 die EM in elf verschiedenen Ländern – ein Vermächtnis von Ex-UEFA-Boss Platini, der bereits 2016 wegen umstrittener Beraterhonorare in Millionenhöhe zurückgetreten ist.
Die WM 2026 wird nicht mehr vom Exekutivkomitee vergeben, sondern in einer Abstimmung aller Mitgliedsverbände. 2018 setzt sich die gemeinsame Kandidatur von USA, Kanada und Mexiko deutlich gegen Marokko durch. Nach und nach drängt FIFA-Präsident Infantino alle kritischen Stimmen aus dem Weltverband – und bezieht eine Zweitwohnung in Katar, um die WM-Vorbereitungen vor Ort zu verfolgen.
Das könnte Sie auch interessieren: Wer wird Weltmeister? Alle 32 WM-Teilnehmer im großen MOPO-Check
Wie diese Wohnung in Rufweite des Emirs finanziert wird, hat der Schweizer nicht erklärt. Am 16. März 2023 steht seine Wiederwahl an. Der DFB hat seine Enthaltung angekündigt.