• Freude im Volkspark: Die HSV-Vorstände Frank Wettstein (l.) und Jonas Boldt freuen sich über die Erteilung der Lizenz für die kommende Spielzeit.
  • Foto: WITTERS

Wettstein und Boldt: Das sagen die HSV-Bosse über ihre Pläne mit Kühne

Seit wenigen Tagen bilden sie die Doppelspitze im Volkspark. Sportvorstand Jonas Boldt (38) und Finanz-Boss Frank Wettstein (46) führen die Geschäfte nach Bernd Hoffmanns (57) Entlassung allein. In der MOPO verraten Sie, wie sie den HSV durch die Corona-Krise führen wollen – und warum ein Saison-Abbruch für Sie undenkbar ist.

MOPO: Dass sich der HSV vor wenigen Tagen von Vorstandschef Bernd Hoffmann trennte, rief auch Kritiker auf den Plan. Tenor: Ausgerechnet in der Corona-Krise sorgt der Verein auch noch intern für Wirbel. Konnten Sie diesen Vorwürfen etwas abgewinnen?

Jonas Boldt: Das Thema war weder von uns geplant noch initiiert. Aber man bedenke: Für solche Entscheidungen gibt es auch nie den richtigen Moment. Im normalen Spielbetrieb wären wir jetzt genau zwischen den Spitzenspielen gegen Bielefeld und Stuttgart. Da wäre so ein Thema sicherlich ebenfalls ein ungünstiger Zeitpunkt gewesen.

HSV-Vorstandsboss Bernd Hoffmann ist wild entschlossen, seine Pläne umzusetzen.

HSV-Vorstandsboss Bernd Hoffmann kämpft um seinen Job – und muss gehörig zittern.

Foto:

WITTERS

Wie wurden Sie am vergangenen Sonnabend über die Entscheidung informiert?

Boldt: Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen hat uns angerufen und auch gleichzeitig über seinen Rücktritt in Kenntnis gesetzt. Im Anschluss haben wir dann mit dem neuen Aufsichtsrats-Vorsitzenden Marcell Jansen zusammengesessen und die notwendigen Maßnahmen durchgesprochen.

Wettstein und Boldt: Das sagen sie zu HSV-Investor Kühne

Sprachen Sie dabei auch über Klaus-Michael Kühne? Nicht wenige Fans fürchten, der Investor könne sein Engagement ausweiten und wieder deutlich mehr Einfluss auf den HSV nehmen, als es unter Hoffmanns Führung geplant war.

Frank Wettstein: Es gab ja in der jüngeren Vergangenheit Gespräche mit Herrn Kühne (u.a. über die Verlängerung der Namensrechte am Stadion, die Red.). Die werden sicherlich fortgesetzt, sind aber ergebnisoffen. Wir wünschen uns alle, dass Herr Kühne sich weiter engagiert. Über eine Ausweitung des bisherigen Engagements ist aber bisher nicht gesprochen worden. Das steht kurzfristig auch nicht auf der Agenda.

Halten Sie Anteilsverkäufe von mehr als den bislang erlaubten 24,9 Prozent für möglich?

Wettstein: Wir müssen erstmal die weiteren Entwicklungen abwarten. Aktuell befinden wir uns in der Corona-Pandemie-Phase, die vor vier Wochen keiner hat kommen sehen. In welchem Ausmaß wir davon betroffen sein werden, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Stand heute sage ich: Was wir erwarten, ist leistbar, da stellt sich die Diskussion nicht. Es kann aber auch ein Zeitpunkt kommen, wo solche Diskussionen zu führen sein könnten.

Wann wäre das der Fall?

Wettstein: Wenn das Eigenkapital, das wir noch in den Büchern stehen haben (Zum Jahreswechsel mehr als 45 Millionen Euro, die Red.), auf der Strecke bleiben sollte. Ob es dazu kommt, weiß heute keiner. Dann könnten solche Diskussionen notwendig sein. Wir wissen aber auch, dass dies der Mitbestimmung der Mitglieder unseres Hauptgesellschafters HSV e.V. unterliegt, darauf würden wir Rücksicht nehmen und nicht vorschnell Erwartungshaltungen kreieren.

Wie lange wäre der HSV in der aktuellen Lage denn noch liquide?

Wettstein: Derzeit haben wir weder Spiel-, noch Trainingsbetrieb. Wir haben keine TV- oder Ticketing-Einnahmen, die Fanshops sind geschlossen. Da ist der Zeitraum, das auszuhalten, sicher endlich. Aber selbst in diesem Szenario wird es über den 30. Juni hinaus reichen.

Bis wann?

Wettstein: Das müsste man offenhalten. Aber es werden ja wieder Fußballspiele stattfinden, wenn auch zunächst ohne Zuschauer. Dann werden in erster Linie wieder Medienerlöse fließen. Je schneller wir in den Spielbetrieb kommen, desto länger haben wir die Gewissheit, dass unsere Mittel ausreichen.

Frank Wettstein und Jonas Boldt

Frank Wettstein und Jonas Boldt sind das neue Führungsduo beim HSV.

Foto:

WITTERS

Derzeit sind viele Szenarien denkbar, wie mit der laufenden Saison verfahren wird. Ein Modell umfasst auch einen Abbruch der Spielzeit ohne Absteiger aber mit zwei Aufsteigern. Der HSV als Tabellendritter wäre in dem Fall der große Verlierer.

Boldt: Früher hätte Platz drei zum direkten Aufstieg gereicht. Durch die Relegationsspiele muss man noch einen Umweg nehmen. Aber ich bin mir sicher: Ein Saisonabbruch wird kein Thema sein. Alle Klubs haben zugestimmt, die Saison zu Ende spielen zu wollen, denn alle wissen, was dahinter steckt. Dass der HSV am Ende der einzige von 36 Bundesliga-Vereinen wäre, der bei so einem Szenario benachteiligt wird, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Das würde in keiner Weise dem Solidaritäts-Gedanken entsprechen.

HSV: So geht es mit den Spieler-Verträgen weiter

Sollte die Saison nicht bis zum 30. Juni zu Ende gespielt werden, stellt sich die Frage, was mit auslaufenden Verträgen geschieht. Einige Leihspieler müssten dann eigentlich zu ihren Vereinen zurück, beim HSV betrifft das fünf Spieler (Fein, Harnik, Schaub, Pohjanpalo, Beyer, die Red.). Halten Sie eine Ausweitung der Verträge bis zum Saisonende für möglich?

Boldt: In der aktuellen Situation sind sämtlichen Ideen keine Grenzen gesetzt. Wir befinden uns im Austausch mit der Liga und den Vereinen. Noch ist nicht klar, dass die Saison über den 30.6. hinausgehen müsste, Möglichkeiten gäbe es aber. Die Aufgabe ist es, hinsichtlich der Verträge Szenarien zu entwerfen, die niemandem bevor- oder benachteiligen.

Noch wartet der HSV auch auf die Ausnahmegenehmigung der Stadt, um wieder als Mannschaft trainieren zu dürfen.

Boldt: Wir trainieren ja, nur etwas ungewohnt im Home Office. Das ist nicht leicht für die Jungs, aber sie machen es vorbildlich.

Ihr Nachbar FC St. Pauli hat schon auf dem Platz trainiert.

Boldt: Wir sind so gestrickt, dass wir auf uns selbst gucken. Und wir sind der Empfehlung der DFL gefolgt, erstmal weiter zu Hause trainieren zu wollen. Allerdings arbeiten wir an der Möglichkeit, einen kleinen Schritt nach vorn zu machen und in Gruppen trainieren können.

Wann kann das soweit sein?

Boldt: Da stehen wir weiterhin im Austausch mit den Behörden. Wir hoffen, relativ zügig dem Beruf als Profi-Fußballer weiter nachgehen zu können. Wann das so weit ist, müssen andere beantworten.

Sie selbst haben nach dem Abschied Hoffmanns noch mehr zu tun. Wie haben Sie die Aufgaben untereinander aufgeteilt?

Wettstein: Ich kümmere mich um den Bereich Vermarktung und Sponsoring. Das ist nicht wirklich neu für mich, wir hatten vor dem Abstieg 2018 eine ähnliche Situation, da habe ich letztlich auch die Gespräche mit den Partnern führen dürfen. Insofern bestehen gute Beziehungen.

Boldt: Ein Großteil dieser Aufgaben wurde zuletzt ja ohnehin von unserem Marketing-Direktor Henning Bindzus übernommen. Ich übernehme das Ressort Kommunikation, weil es eng am Sport dran ist. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen war ohnehin schon gut, nun wissen sie, dass sie einen neuen Ansprechpartner haben.

HSV: Muss ein dritter Vorstand her?

Ist es denkbar, dass das Team in absehbarer Zeit wieder um einen dritten Vorstand erweitert wird?

Boldt: Die Bereiche sind nun erstmal gut aufgestellt, das kann wunderbar funktionieren. Frank und ich haben uns insbesondere in den letzten Monaten in diversen Dialogen befunden und verstehen uns als Teamplayer. Ob ein dritter Vorstand dazukommt, muss sicher nicht heute oder morgen entschieden werden. Davon werden Wohl und Wehe des HSV nicht abhängen.

Kürzlich waren Sie noch zu Dritt im Vorstand. Hand aufs Herz. War eine weitere Zusammenarbeit mit Bernd Hoffmann wirklich undenkbar?

Boldt: Ich denke, dazu wurde zuletzt schon alles gesagt. Wir sind gut beraten, nun nach vorn zu schauen. Wir haben viel vor, da braucht es alle Energien.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp