„Wir haben nicht geliefert“: Knorr entschuldigt sich bei den Fans – und seiner Oma
Das Halbfinale ist erreicht, aber in Jubelstimmung waren Deutschlands Handballer nicht nach dem Fehlwurf-Festival gegen Kroatien im letzten Hauptrundenspiel der Heim-EM. Die 24:30-Niederlage, besonders die Art und Weise, sorgte für Enttäuschung, Selbstkritik und auch Scham. Spielmacher Juri Knorr haderte ganz besonders mit der Minusleistung, auch seiner eigenen. Er entschuldigte sich bei den Handball-Fans – mit bemerkenswerten Aussagen. Ganz einig waren sich die Spieler bei der Bewertung der Pleite allerdings nicht.
Den Spannungsabfall vor dem Spiel, nachdem durch Frankreichs Sieg über Ungarn der vorzeitige Halbfinal-Einzug bereits festgestanden hatte, ist ein Teil der Erklärung – aber als Entschuldigung wollten die meisten Spieler das nicht gelten lassen.
„Es ist glaube ich menschlich, dass ein bisschen Druck abfällt. Trotzdem wollten wir es heute besser gestalten“, sagte Rückraum-Riese Julian Köster nach der Partie mit 24 Fehlwürfen und weiteren Fehlern. Youngster Renars Uscins meinte: „Wenn der gegnerische Torwart 22 Paraden hat, ist es schwer, ein Spiel zu gewinnen. Das lässt das alles ein bisschen blöd aussehen.“
Juri Knorr nach Kroatien-Pleite: „Es tut mir leid für jeden“
Blöd auch für die 19.750 Zuschauenden in der Kölner Lanxess Arena, die mehr erwartet hatten. Knorr war sich bewusst, dass die DHB-Auswahl enttäuscht hatte, nahm sich das zu Herzen und wendete sich ans Publikum. „Es tut mir leid für jeden, der in der Halle war und Tickets gekauft hat“, sagte der 23-Jährige nach Spielschluss am Hallenmikrofon. „Das tut uns allen extrem weh, das ist nicht die Mentalität, mit der wir spielen wollten.“ Eine Entschuldigung. Das hatte Größe.
Auch beim Interview-Marathon in den Katakomben der Arena beschäftigte ihn die Sache. „Wir waren nicht voll da. Das werfen wir uns auch vor. Es ist einfach schade“, meinte der Rückraumspieler von den Rhein-Neckar Löwen. „Wir hätten heute eine Handball-Party liefern müssen und die haben wir nicht geliefert.“
Oma von Knorr bei Niederlage gegen Kroatien in der Halle
Die Leidtragenden waren vor allem die Fans vor Ort, wusste Knorr. „Wir kennen alle die Ticketpreise. Ich glaube nicht, dass jeder die Möglichkeit hat, sich für das Halbfinale nochmal ein Ticket zu kaufen.“ Der Verantwortung, dem Publikum für das Geld etwas zu bieten, mindestens vollen Einsatz, sei das Team „nicht gerecht geworden“.
Knorrs Enttäuschung hatte auch einen ganz persönlichen Grund. „Meine Oma war in der Halle“, berichtete er. Die könne nicht mehr so oft live dabei sein, wenn er spiele. Somit galt die Entschuldigung auch ihr. „Es ist für mich nur ein Beispiel, warum ich es heute besser machen wollte und im Großen und Ganzen ist einfach das Gefühl da, dass man dem heute nicht gerecht geworden ist.“ Bemerkenswerte Worte.
Wolff: „Niederlage nicht wichtig“, nur Dänemark zählt
Die meisten Spieler waren wie Knorr richtig angefressen nach der Partie und sagten das auch. Keeper Andreas Wolff dagegen wollte dem Auftritt gegen Kroatien nicht allzu viel Bedeutung beimessen, sprach von einem „Spiel um die goldene Wurst“ und reagierte auf kritische Fragen einigermaßen ungehalten. Die Niederlage sei „überhaupt nicht wichtig“, meinte Wolff. „24 Fehlwürfe sind zu viel“, stellte er klar, aber am Freitagabend im Halbfinale gegen Dänemark (20.30 Uhr, ZDF und Dyn). Dann „zählt es“. Auch das ist richtig.
Das könnte Sie auch interessieren: Handball-Held Wolff muss als Kabinen-DJ einstecken: „Thema klar verfehlt“
Nach dem ersten Frust werden die Spieler das Kroatien-Spiel abhaken und nach vorne schauen – oder es vielleicht sogar als zusätzliche Motivation nutzen.