Zimmermann gibt Gas bei der Tour de France – inmitten von Zuschauern

Die Fans sind in einigen Abschnitten, wie hier bei Georg Zimmermann, sehr nah an den Fahrern. Foto: imago/Panoramic International

„Tatsächlich lebensgefährlich!“ Radprofis schlagen Alarm bei der Tour de France

Louis Meintjes war nach der Tortur am Grand Colombier restlos bedient. „Radsport ist so ein Witz”, fluchte der Südafrikaner, stellte entnervt sein Rennrad ab und verschwand ohne Umschweife im Teambus. Was den sonst recht friedliebenden Mannschaftskollegen von Georg Zimmermann bei Intermarche-Circus-Wanty so fuchsig machte? Die Abfahrt hinab vom mächtigen Jura-Gipfel.

Die Fahrer, die das Rennen auf dem Colombier offiziell beendet hatten, mussten anschließend den gleichen Weg wieder hinunterrollen, um zu ihren Teambussen zu gelangen – im allgemeinen Chaos zwischen aufgepeitschten Fans und Autos. Einige waren zum eigenen „Schutz“ mit Trillerpfeifen ausgestattet und gaben damit ein doch recht amüsantes Bild ab.

Rad-Profi Zimmermann kritisiert betrunkene Fans

Den Profis aber war im Tal nicht zum Lachen zu Mute. Auch Zimmermann, der nicht im Verdacht steht, ein notorischer Nörgler zu sein, übte Kritik. „Das muss man sich mal vorstellen”, sagte der 25 Jahre alte Augsburger – „bei uns ist es normal, dass wir durch das Chaos 18 km runter müssen an den ziemlich betrunkenen Fans vorbei.” Er wolle, betonte Zimmermann, den Radsport-Enthusiasten gar keinen Vorwurf machen: „Aber das ist schon gefährlich und unangenehm”.

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Dabei lebt die Tour de France eigentlich gerade von ihrer ungewöhnlichen Nähe zwischen Fahrern und Fans. Eine teils unvergleichliche Stimmung und atemberaubende TV-Bilder sind das Produkt dieser Nähe, auf die sicher auch die Sportler nicht gänzlich verzichten wollen – doch sie wird eben immer wieder auch zum Problem. Im Jahr 2021 kollidierte Ex-Zeitfahrweltmeister Tony Martin mit dem Pappschild eines weiblichen Fans – die Frau hatte ihre Großeltern über die Fernsehbilder grüßen wollen. Die Folgen: Ein verheerender Massensturz, schwere Verletzungen und mehrere Aufgaben. Und auch in diesem Jahr gab es bereits vergleichbare Vorfälle. Auf der elften Etappe kollidierte Jordi Meeus vom deutschen Team Bora-hansgrohe in der Sprintvorbereitung mit dem Arm eines Zuschauers und kam beinahe zu Fall.

Van Aert plädiert für mehr Absperrungen im Radsport

Gänzlich verhindern lassen sich derartige Situationen bei teilweise über 200 km Strecke pro Tag sicher nicht. Bei sogenannten Evakuierungsrouten wie der Abfahrt am Freitag aber gäbe es Raum für Verbesserungen. Eine Option wäre es gewesen, die Fahrer auf einer Alternativroute ins Tal zu leiten, der Grand Colombier verfügt immerhin über vier verschiedene Wege zum Gipfel.

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So aber, sagte der belgische Topfahrer Wout van Aert, sei es „tatsächlich lebensgefährlich” gewesen: „Wenn beispielsweise der gesamte Anstieg mit Absperrungen versehen wäre, wäre es schon etwas sicherer, sowohl hinauf als auch hinunter zu fahren.” Nun liegt es in der Verantwortung des Veranstalters ASO, in Zukunft eine Lösung zu finden. Wie am Freitag auf die Vernunft teils stark alkoholisierter Fans zu setzen, sollte wohl eher nicht das Mittel der Wahl sein. (sid/mg)

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