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  • Hans-Joachim Stuck ist als langjähriger VW-Sportberater auch bei Audi immer noch gut vernetzt.
  • Foto: picture alliance/dpa

Rennsport in der Corona-Krise: „Strietzel“ Stuck: „Die Formel 1 muss sich neu erfinden“

Ellmau –

Auch das Coronavirus und die Polizei können einen Racer wie Hans-Joachim Stuck (69) nicht stoppen. Der frühere Formel-1- und DTM-Star und seine Ehefrau Uschi gerieten während unseres Telefon-Interviews in seiner Wahlheimat Tirol in eine Polizeikontrolle.

„Die Beamten wollten wissen, wo wir hinwollen. Unser Gas war ausgegangen, wir wollen uns eine neue Gasflasche holen“, erzählt Stuck, der schon seit 1990 in Tirol seinen Erstwohnsitz hat. Deshalb durfte er natürlich weiterfahren – und gibt auch im Interview Gas.

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Hans-Joachim Stuck mit seiner Frau Uschi beim Formel-1-Rennen in Monaco

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imago/Mandoga Media

Das Virus hat auch den Rennsport eingebremst. Wie erleben Sie diese Tage und wann glauben Sie wird wieder gefahren?

Stuck: Ich habe seit meinem Rücktritt als DMSB-Präsident weniger Termine, aber immer mit guten Freunden wie DTM-Boss Gerhard Berger und FIA-Präsident Jean Todt Kontakt. Beide haben ihre Rennkalender schon weit nach hinten verlegen müssen. Ich denke, ab Juli müssten Rennen wie im Fußball als englische Wochen in enger Abfolge durchgezogen werden. Vielleicht muss auch bis 2021 gefahren und alles mal überdacht werden: Braucht die Formel 1 wirklich 22 Rennen oder vielleicht nur zehn, dafür aber mit zwei Läufen pro Wochenende, wie es die DTM macht. Oder geht sie hin zu einer saisonübergreifenden Meisterschaft von Herbst bis Frühjahr, wie es die Formel E macht. Aber erstmal müssen wir diese Krise überstehen und schauen: Wie zahlungskräftig sind die Sponsoren noch aus der Automobilbranche? Schaffen es die kleinen Teams, zu überleben?

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In der DTM gibt es nach dem Aston-Martin-Aus nur noch Audi und BMW, und bei Audi Rückzugsgerüchte. Dabei wollte Berger die DTM mit Elektrifizierung in die Zukunft führen. Gibt das Virus ihr den Todesstoß?

Der Gerhard ackert wie verrückt, um die DTM zu retten. Ich denke der neue Audi-Vorstand geht den Weg mit – und BMW sowieso, die haben ja nichts anderes. Es gibt sogar Überlegungen, die Saison bis 2021 laufen zu lassen, dann würde man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Beide wären noch dabei, und man könnte mit einer Hybridisierung und alternativen Kraftstoffen die Weichen für die Zukunft stellen. Ich denke, das die Plattform dann für weitere Hersteller interessant ist. Und für die Fans würde ich mir wünschen, dass es mehr gemeinsame Rennen von DTM und ADAC GT Masters gibt. Das wäre interessanter und kostengünstiger, aber dafür müssten einige Herren beim ADAC mal von ihrem hohen Ross runtersteigen.

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Diese Formel-1- und Rallye-Legenden trafen sich in Hockenheim (v.l.): Jochen Mass, Keke Rosberg, Christian Geistdörfer, Jenson Button, Emerson Fittipaldi, Nico Rosberg, Hans Joachim Stuck, Gerhard Berger, Walter Röhrl

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imago images/HochZwei

Die Formel 1 wird durch die Reform ab 2021 günstiger und ab 2022 technisch einfacher. Wäre es für VW nicht sinnvoller, da seine Hybrid-Kompetenz zu beweisen als bei der Formel E mit Audi und Porsche gegeneinander zu fahren? Honda ist ja schon zurückgekommen und mit Red Bull erfolgreich.

Das stimmt. Wobei die Formel E natürlich ein anderes Publikum anspricht mit ihren Rennen in den Metropolen. Das ist günstige und emissionsfreie Unterhaltung für Familien, wo die Hersteller ihre Botschaften transportieren können. Die Formel 1 bleibt dagegen die Spitze des Motorsports. Aber sie muss sich neu erfinden. Die Zeiten, wo Konzerne 400 Millionen im Jahr ausgeben, sind vorbei, die Budgetgrenze ist das richtige Mittel. Und es ist wichtig, dass durch eine vereinfachte Aerodynamik das Fahrerische wieder in den Vordergrund rückt.

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Die aktuellen Formel-1-Autos sind doch fahrende Computern, lässt sich das Rad der Zeit noch zurückdrehen?

Solche technischen Spielereien, wie bei Mercedes die per Lenkrad verstellbare Spur oder die Motor-Tricks bei Ferrari, sowas gehört verboten. Da muss die Sportbehörde hart durchgreifen, und da darf es keine Hinterzimmer-Einigungen und Kumpanei geben. Da ist Transparenz gefragt. Sonst führen sie den Sport ad absurdum.

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Die Drei von der Boxengasse: ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk, Ex-DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck und FIA-Präsident Jean Todt

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imago sportfotodienst

Auch bei den Fahrern scharrt die junge Generation mit den Hufen. Können sich Lewis Hamilton und Sebastian Vettel noch gegen Max Verstappen und Charles Leclerc behaupten?

Ja, auf jeden Fall. Das, was dem Vettel mit Leclerc letztes Jahr passiert ist, das haben alle arrivierten Rennfahrer schon mal erlebt. Der ist ihm um die Ohren gefahren, doch in der zweiten Saisonhälfte hat sich Sebastian gefangen. Denn das Schlimmste, was dir als Rennfahrer passieren kann ist, dass du überlegst, warum der andere schneller ist. Das kostet wieder Zeit. Wenn ihm der neue Ferrari passt, traue ich ihm alles zu.

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Ferrari-Star Sebastian Vettel verließ mit düsteren Aussichten das Fahrerlager von Melbourne.

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Getty Images

Lenkt ihn sein auslaufender Vertrag nicht zusätzlich ab? Mit Carlos Sainz jr. und Daniel Ricciardo werden schon Nachfolger gehandelt.

Das fährt in den Gedanken schon mit. Aber das ist natürlich auch ein Luxusproblem. Wenn ihn Ferrari nicht mehr will, gibt es andere, die ihn mit Handkuss nehmen würden. McLaren mit Teamchef Andreas Seidl zum Beispiel, da geht es vorwärts. Doch er muss sich überlegen, ob er sich noch mal etwas Neues antun will. A fahre ich weiter, B für welches Team. Das sind schwerwiegende Entscheidungen, die im Kopf mitfahren.

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Die McLaren-Bosse Zak Brown und Andreas Seidl zogen ihre Autos direkt nach der Corona-Diagnose bei einem ihrer Mechaniker zurück.

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Getty Images

Für Mick Schumacher steht in der Formel 2 ein wegweisendes Jahr an. Glauben Sie, dass es für ihn durch die Corona-Pause noch schwerer ist, dem Erwartungsdruck stand zu halten?

Nein, ich denke der wird sich fit halten, viel im Simulator sitzen und im Juli gut vorbereitet in die Saison starten. Und dem Mick läuft ja nichts weg, wenn er mal ein Jahr verliert. Wenn man die Grundgene hat, setzt man sich durch.

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Mick_Ferrari-Overall_lacht

Mick Schumacher ist bereits Ferrari-Junior.

Foto:

imago images / Sven Simon

Trauen Sie ihm zu, Kimi Räikkönen bei Alfa Romeo zu beerben? Nur wegen seines Namens wird man ja kein Formel-Fahrer.

Sein Name hat ihn schon weit gebracht, aber jetzt muss er den normalen Weg gehen und das mit Leistung bestätigen. Aber da sehe ich kein Problem, der Mick wird seinen Weg in die Formel 1 schon machen.

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