Nach Anzug-Skandal: Norwegische Skispringer dürfen zurückkehren – unter Vorbehalt
Marius Lindvik und Co. kehren fünf Monate nach dem WM-Skandal auf die Schanze zurück. Die Norweger fühlen sich noch immer unschuldig.
Marius Lindvik darf wieder auf die Schanze, zumindest geht er fest davon aus. „Wir sind gemeldet. Also hoffe ich, dass alles gut geht”, sagt der Skisprung-Olympiasieger. Fünf Monate nach dem Anzugskandal bei der WM bestreitet der 27-Jährige am Samstag genau wie seine norwegischen Teamkollegen Johan Andre Forfang und Kristoffer Eriksen Sundal seinen ersten internationalen Wettkampf – wenn die FIS nicht noch dazwischen grätscht.
FIS-Ermittlungen laufen noch – Entscheidung steht aus
Ganz sicher ist sich auch der neue Cheftrainer Rune Velta nicht. „Die Sperren wurden aufgehoben, also habe ich meine besten Athleten nominiert”, sagte Velta dem Sender TV2. Lindvik und Co. sind daher am Dienstag nach Frankreich geflogen, um am Wochenende beim Start der Sommer-Saison in Courchevel gegen die besten der Welt anzutreten.
Möglich ist das, weil der Weltverband FIS seine Ermittlungen zu den Vorfällen bei der WM in Trondheim noch immer nicht abgeschlossen hat. Am 8. März hatte ein heimlich aufgenommenes Video einen handfesten Skandal ausgelöst. Zu sehen war, wie die Sprunganzüge von Lindvik und Forfang mit Nadel und Faden manipuliert wurden. Beide Springer wurden unmittelbar nach dem WM-Wettkampf von der Großschanze, in dem Lindvik zunächst Silber gewonnen hatte, disqualifiziert. Für den Rest der Saison war das gesamte WM-Team vorsorglich gesperrt.
„Man merkt das sofort“: Wellinger glaubt nicht an Unwissen
Alle Springer bestreiten, von der Manipulation gewusst zu haben, dem Trainerteam um den später entlassenen Chefcoach Magnus Brevig wurde die Hauptschuld angelastet. An dieser Darstellung bestehen allerdings erhebliche Zweifel. „Als Skispringer merkst du sofort, wenn an deinem Anzug rumgefummelt wurde”, sagte etwa Andreas Wellinger. Auch die Behauptung, die manipulierten Anzüge seien nur im letzten WM-Wettkampf benutzt worden, wirkt seltsam. Lindvik und Co. hatten bis dahin eine überaus starke WM gesprungen, ein Anlass für spontane Änderungen bestand also nicht – schon gar nicht ohne Rücksprache mit den Athleten.
Sollten alle WM-Ergebnisse Lindviks annulliert werden, würde Wellinger Gold von der Normalschanze erhalten. Der Norweger wäscht seine Hände aber weiter in Unschuld. Er sei sich „sicher”, seine drei verbliebenen WM-Medaillen zu behalten, sagte Lindvik vor der Reise nach Frankreich bei TV2: „Ich hoffe, es kommt nichts mehr. Ich finde, wir sind schon genug bestraft worden.”
Lindvik spricht vom „härtesten Start“ seiner Karriere
Lindvik, der im kommenden Winter wie in Peking Olympiasieger werden will, sprach auch vom „vielleicht härtesten Start in den Sommer meiner Karriere”. Die aktuelle Situation sei „einfach Mist”, er habe „keine Ahnung”, wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden. Lange wird es nicht mehr dauern: Am Mittwoch kündigte die FIS eine Entscheidung „in den kommenden Tagen” an. Ein Urteil vor dem Beginn der Sommer-Saison in Courchevel würde Sinn ergeben, ein Startverbot für Lindvik und Co. in letzter Sekunde wäre aber der nächste Skandal.
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Noch gilt für Lindvik und Co. die Unschuldsvermutung, und daher steht einem Start nichts im Weg. “Es wird Spaß machen, wieder mit den Jungs auf Reisen zu gehen”, sagte Lindvik: “Es wird gut sein, wieder zur Normalität zurückzukehren.” (sid/pmk)
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