Flavio Cobolli jubelt am Rothenbaum

Flavio Cobolli begeisterte die Fans am Rothenbaum und kürte sich zum Überraschungssieger. Foto: WITTERS

Krasser Wut-Ausbruch im Rothenbaum-Finale: Frauen-Liebling neuer Tennis-König

Bella Italia! Flavio Cobolli hat sich als fünfter Italiener in der 133-jährigen Geschichte des Hamburger Tennis-Turniers zum König vom Rothenbaum gekürt. Die Nummer 35 der Weltrangliste gewann das heißblütige Finale gegen den favorisierten Russen Andrey Rublev nach 1:28 Stunden mit 6:2, 6:4.

Selten zuvor dürften sich vor allem die weiblichen Fans so sehr über einen Sieger am Rothenbaum gefreut haben. „Der ist soooo schön“, war im Gespräch zwischen zwei Teenager-Mädels zu hören, bevor der finale Samstag an der Hallerstraße Fahrt aufnahm. Keine Einzelmeinung. Cobolli, das war schon in den Tagen zuvor zu spüren, flogen die Frauenherzen in Hamburg zu – und der 23-Jährige eroberte sie auch sportlich, mit dem bisher größten Erfolg seiner Karriere.

Wutausbruch von Rublev nach wenigen Minuten

Dabei war Rublev, der schon zum 17 Titel auf der ATP-Tour gewann, als Favorit ins Finale gegangen. Der Weltranglisten-17. hatte im Turnierverlauf nur einen Satz abgegeben, stand sich im Endspiel aber selbst im Weg. Mit einem Doppelfehler schenkte er Cobolli das erste Break. Nach 14 Minuten stand es 4:0.


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Vor allem, weil Rublev seine Nerven nicht in den Griff bekam. Schon beim Stand von 0:2 aus seiner Sicht warf er erstmals den Schläger. Und als er sein zweites Aufschlagspiel verloren hatte, kam es zu einem heftigen Wut-Ausbruch des 27-Jährigen. Mit voller Wucht trümmerte er den eigenen Schläger dreimal auf seinen linken Oberschenkel. Das blieb nicht folgenlos. Rublev musste sein Bein fortan kühlen.

Rublev verschwindet nach Satz eins in die Katakomben

Das größere Problem aber blieb der Kopf für den Mann, der sich so oft mit seinen Selbstzweifeln zerfleischt. Rublev führte Selbstgespräche, zuckte mit den Schultern und als nach nur 28 Minuten der erste Satz zu Ende war, suchte er ganz offen Hilfe bei seinem Trainer Fernando Vicente, der ihm offenbar dazu riet, erst einmal runterzukommen.

Rublev verschwand in den Katakomben und konnte plötzlich sogar mal kurz lachen. Über ein Missgeschick. Er schoss zwischen zwei Punkten einen Ball auf die gegnerische Seite, warnte Cobolli, der mit dem Rücken zu ihm stand, lautstark und schnell – aber nicht schnell genug. Die Filzkugel traf ihn am Rücken. Der Italiener aber lachte ebenso mit wie die knapp 10.000 Zuschauer auf dem fast ausverkauften Centre Court.

Cobolli lässt sich von knapp 10.000 Fans feiern

Einer unter ihnen brachte Rublev dann wieder aus der Fassung. Vor einem Angriffsball des Favoriten brüllte ein Mann laut „Wow“ – zu viel für den labilen Russen, der den Schlag ins Aus setzte und fortan wieder über vieles haderte. Auch über Magenprobleme. Rublev ließ den Arzt kommen, deutete auf seinen Magen, bekam ein Medikament und machte weiter.

Das Match wurde hochklassiger und Cobolli blieb der nervenstärkere. Vor allem in den langen Ballwechseln war er oft der stärkere Spieler. Beim Stand von 6:2, 2:3 entschied er die beste und längste Rallye auf dem Sandplatz für sich. Die Fans (nicht nur die weiblichen) erhoben sich von ihren Plätzen. Liebling Cobolli hielt sich die Hand ans Ohr. Party-Stimmung bei Sonnenschein.

Cobolli verbessert sich auf Platz 26 in der Weltrangliste

Nur nicht bei Rublev. Der erntete wegen einer Obszönität erst eine Verwarnung des Schiedsrichters und kassierte dann Buhrufe. Unnötig. Mehr noch wird ihn aber das Break im verflixten siebten Spiel des zweiten Satzes geärgert haben. Cobolli blieb cooler und konnte sein Glück kaum fassen, als er den Matchball verwandelt hatte.

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Der Italiener ließ sich auf den Rücken fallen, Rublev stieg übers Netz, nahm den vier Jahre jüngeren Gegner fest in den Arm. In der Weltrangliste wird sich Cobolli auf Platz 26 verbessern, steht damit so gut da wie nie zuvor. Rublev macht immerhin zwei Ränge gut und wird nun auf Platz 15 geführt.

Cobolli kassiert fast doppelt so viel Preisgeld wie Rublev

Ganz nebenbei darf sich Cobolli, der nach Lorenzo Musetti (2022), seinem Vorbild Fabio Fognini (2013), Paolo Bertolucci (1977) und Nicola Pietrangeli (1960) als fünfter Italiener am Rothenbaum gewann, über ein Preisgeld von 403.665 Euro freuen (Rublev bekam 217.200 Euro) – und über eine eigens für das Turnier gefertigte Uhr von Sponsor Tutima Glashütte im Wert von 1100 Euro.

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„Du hast mich inspiriert. Du bist nicht nur ein hervorragender Spieler, sondern auch eine fantastische Person“, verneigte sich Cobolli zunächst vor Gegner Rublev, bevor er seinem Team und seiner Freundin Matilde Galli dankte. „Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist mit mir“, sagte er. Seine Freundin habe ihn „hier fantastisch unterstützt. Das ist ein Zeichen, dass sie öfter bei Turnieren dabei sein sollte. Da kann sie sich noch verbessern.“

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