Alexander Zverev winkt ins Publikum

Geknickter Abgang: Für Alexander Zverev endeten die French Open in der Nacht zu Donnerstag. Foto: picture alliance / Anadolu

„Ihr könnt euch gar nicht vorstellen …“: Zverevs Null-Bock-Ansage an die Reporter

Es war der 37. Anlauf zum großen Grand-Slam-Glück. Und wieder endete er für Hamburgs größten Sport-Star mit hängenden Schultern. Alexander Zverev muss weiter warten auf seinen ersten Major-Titel, und die Hoffnung schwindet, dass sich der 28-Jährige seinen Traum irgendwann noch erfüllt. Denn das Viertelfinal-Aus bei den French Open zeigt, dass der Hamburger mental nicht bereit ist, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.

Als auf den Courts im Pariser Stade Roland Garros noch kein Staub aufgewirbelt worden war, hatte sich bereits der größte Sandplatzspieler aller Zeiten zu Wort gemeldet. Rafael Nadal plauderte vor seiner Verabschiedungszeremonie in „L’Équipe“ über Gott und die Welt, über seine schier unglaubliche Rekordbilanz in Paris mit 14 Siegen, über seine persönliche Zukunft – aber auch über einen Spieler, der nach seiner Ansicht deutlich unter seinen Möglichkeiten geblieben sei. „Bei Alexander Zverev ist es der Kopf, der einem Grand-Slam-Sieg im Weg steht“, sagte Nadal, „wenn man sein Tennisniveau sieht, sein Potenzial, hätte er schon längst einen Titel gewinnen müssen.“

Zverev scheidet bei French Open gegen Djokovic aus

An dieser Einschätzung dürfte sich nach den French Open nichts geändert haben – denn die endeten für den deutschen Frontmann kurz vor Mitternacht am Mittwoch mit einer überflüssigen und desillusionierenden Niederlage gegen Novak Djokovic. Wie blockiert ließ Zverev nach einem vielversprechenden Start die Gegenoffensive des Grand-Slam-Rekordchampions über sich ergehen und verschwand nach der 6:4, 3:6, 2:6, 4:6-Pleite vom Center Court. Es war der nächste traurige Auftritt Zverevs in einer Saison mit weit mehr Tiefen als Höhen. „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie wenig Bock ich jetzt auf Tennis habe“, rief Zverev den Journalisten später zu, „ich gehe jetzt erst mal Golf spielen.“

Fairer Glückwunsch: Alexander Zverev umarmt Novak Djokovic, der ihn ausgeschaltet hatte. WITTERS
Alexander Zverev umarmt Novak Djokovic nach dem Match
Fairer Glückwunsch: Alexander Zverev umarmt Novak Djokovic, der ihn ausgeschaltet hatte.

Ob Zverev dort den Frust und die Zweifel einfach so vergessen kann, vor weiteren Saisonhighlights daheim (Stuttgart und Halle) und in Wimbledon, ist fraglich. Denn obwohl er weiter auf Platz drei der Weltrangliste geführt wird, gehört er in der laufenden Saison nicht zu den absoluten Assen, die regelmäßig um die Toptitel mitspielen. Paris, der Höhepunkt der Sandplatz-Serie, war ein weiterer Ausweis einer Stagnation bei Zverev, auch eine Illustration für mentale und taktische Schwächen. „Sascha wird in zu vielen Spielen irgendwann zu defensiv, zu vorsichtig“, sagt Experte Boris Becker, „da ist jetzt auch mal eine Manöverkritik fällig.“

Hamburger Zverev ist noch immer ohne Grand-Slam-Titel

Nicht nur Becker sieht Zverev von „immer größerer Konkurrenz“ um die verlockendsten Pokalerfolge bedrängt. „Der Grand-Slam-Traum ist nicht ausgeträumt, aber mit jeder vertanen Chance wird es schwieriger“, gab Becker als Eurosport-Beobachter zu Protokoll und verwies auf hochkarätige Rivalen des Deutschen wie Jannik Sinner oder Carlos Alcaraz, aber auch der noch jüngeren Generation wie João Fonseca oder Arthur Fils. Amerikas Ex-Star Jim Courier befand trocken, es reiche für Zverev einfach nicht, „nur mit Herz und Seele“ in große Matches zu gehen: „Am Ende geht es um Strategie, um Coolness in brenzligen Situationen.“

Und wohl auch um den Mut, die Courage, die Selbstüberwindung, zu eingefahrene Wege zu verlassen. Ein Muster des Scheiterns von Zverev war auch gegen Djokovic wieder zu sehen, nämlich eine zu große Unentschlossenheit, das Spiel selbst an sich zu reißen, Tempo, Takt und Rhythmus zu bestimmen. Nach dem Eröffnungssatz diktierte nur noch Djokovic den Zermürbungskampf, während sich Zverev sichtlich zurückzog – Zentimeter für Zentimeter gab er Boden preis, agierte immer tiefer hinter der Grundlinie.

Das könnte Sie auch interessieren: „War wohl entscheidend“: Hamburgerin scheitert in Paris und weiß, warum

Und von dort düpierte ihn Altmeister Djokovic serienweise mit Stoppbällen, insgesamt 43-mal unterbrach der 38-jährige Serbe so den Schlagabtausch, punktete 33-mal. Zverev hatte dieser speziellen Verlangsamung nichts Wirksames entgegenzusetzen, schon gar nicht ein gewisses Maß an Aggressivität. Immer wieder blickte er hilflos hoch auf die Tribüne, wo seine Entourage saß. „Mit mir hätte er das mit den Stopps nicht gemacht“, rief Becker Zverev hinterher zu, „ich hätte ihm schnell einen in den Bauch gezogen. Dann wäre das vorbei gewesen.“

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test