Handball-Posse! Bundesliga-Team steigt wohl ab – weil Spieler im Urlaub sind
Abstiegskampf in der Sommerpause: Handball-Zweitligist Dessau muss am Sonntag zum Wiederholungsspiel in Essen antreten. Die Geschichte einer Posse.
Der Trainer ist verabschiedet worden, die Spieler urlauben in Argentinien oder Indonesien, die Geschäftsstelle macht Sommerpause – und währenddessen kämpft der Klub ums sportliche Überleben: Es gibt bessere Bedingungen für ein Finale um den Klassenerhalt als derzeit beim Dessau-Roßlauer HV aus der 2. Bundesliga.
Bei einer Niederlage steigt Dessau in Liga drei ab
Dessau muss drei Wochen nach Saisonende zum Wiederholungsmatch bei TuSEM Essen antreten – als Ergebnis einer wochenlangen Posse.
„Das ist nicht nur eine sportliche Herausforderung. Eine solche Verfahrensweise ist schon logistisch im Grunde nicht zu bewältigen“, sagt DRHV-Geschäftsführer Sebastian Glock vor dem Spiel am Sonntag (17 Uhr/Dyn) in der Essener Sporthalle „Am Hallo“, das eigentlich niemand will und kaum Gewinner, aber letztlich viele, wenn nicht ausnahmslos Verlierer haben wird – vor allem in Dessau, das bei einer Niederlage in Liga drei abstürzt.
Wiederholungsspiel am 30.Juni
Am Anfang der Malässe stand ein Fehler der Dessauer. Am 27. April waren Essen und der Klub aus Sachsen-Anhalt aufeinandergetroffen. Der Turn- und Sportverein Essen-Margarethenhöhe, in den Achtzigern ein deutscher Spitzenklub mit drei Meistertiteln und Handball-Helden wie Stefan Hecker oder Jochen Fraatz, verlor 27:28. Nur: Dessau, das eigentlich in Unterzahl hätte spielen müssen, agierte in den letzten Spielsekunden mit einem Mann zu viel.
TuSEM legte Einspruch ein, scheiterte vor dem Bundessportgericht. Dessen Urteil vom 12. Mai hob das Bundesgericht am 12. Juni – fünf Tage nach dem letzten Spieltag – auf, ordnete ein bis zum Spieljahr-Ende am 30. Juni auszutragendes Wiederholungsspiel an. Dessau protestierte wiederum dagegen, verlangte die Wiederaufnahme des Verfahrens und blitzte endgültig am vergangenen Montag ab.
Viele Fragezeichen über den Kader
Da urlaubte freilich das Spieler-Gros längst, Dessau hatte zudem „Trainerlegende“ (Klub-Homepage) Uwe Jungandreas nach elf Jahren Amtszeit in Richtung EHV Aue komplimentiert, auch fünf Profis hatten die „Biber“ (benannt nach rund 90 Nassnager-Revieren rund um die Stadt) verlassen. Mit welchem Team Dessau nun in Essen antritt, war zuletzt offen.
„Selbst bei einer Rückkehr aller Spieler ist zu berücksichtigen, dass diese seit dem letzten Saisonspiel aus dem Training sind“, sagt Glock. Fairer Wettbewerb? Gesundheit? Beides nicht gewährleistet: „Das Verfahren hätte früher und vor dem letzten Spieltag abgeschlossen werden können.“
Brutaler Abstiegskampf in der zweiten Liga
Dabei geht es sportlich um einiges in einer Liga, deren Abstiegskampf ohnehin dramatisch war: Bayer Dormagen auf Platz neun lag nach 34 Spielen zwei Punkte auf den ASV Hamm-Westfalen auf Abstiegsplatz 17. Bei einer Niederlage in Essen wäre nun aber Dessau abgestiegen und Hamm gerettet. TuSEM würde bei einem Sieg auf Platz neun vorrücken und wäre direkt für den DHB-Pokal qualifiziert. Eine Lösung mit 19 Zweitligisten in der kommenden Saison wurde verworfen.
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Das alles wirft kein gutes Licht auf den deutschen Handball. „Wir müssen wirklich darüber nachdenken, wie wir diesen ganzen Prozess mit den vielen Fristen künftig optimieren“, sagte HBL-Chef Frank Bohmann bei handball-world. Klang nach Einsicht. Zumindest mehr als seine Worte am Dyn-Mikro: „Wer in den Urlaub fährt, muss ich sagen, selber schuld.“(sid/abl)
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