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Julian Köster wird beim Wurf gestoppt
  • Schmerzhaft: Julian Köster und Deutschlands Handballer fanden gegen Österreich kein Mittel. Das Remis: ein heftiger Rückschlag.
  • Foto: IMAGO/Maximilian Koch

„Grausam!“ Deutschlands Handballer nach Spiel gegen Österreich geschockt

Fiasko statt Feiertag. Kollektiver Schockzustand. Deutschlands Handballer haben im brisanten „Bruderduell“ der Heim-EM gegen Außenseiter Österreich mit einem erschütternd schwachen Auftritt einen Sieg weggeworfen, retteten mit einer Aufholjagd noch ein glückliches 22:22 (11:12)-Remis. Dennoch war es ein Tiefschlag und heftiger Rückschlag im Kampf um das Halbfinale, das die DHB-Auswahl nicht mehr aus eigener Kraft erreichen kann. Bitter.

Wie paralysiert standen die Spieler nach der Schlusssirene auf dem Parkett der riesigen Arena. Sie konnten es nicht fassen. Anstatt einen riesengroßen Schritt in Richtung Halbfinale zu machen, machte das Team des Gastgebers vor rund 20.000 Fans in der Kölner Lanxess Arena gegen die Überraschungsmannschaft das schlechteste Spiel des Turniers.

Handball-EM: Deutschland verzweifelt an Österreich und Möstl

Deutschlands Albtraum: Constantin Möstl. Der 23-Jährige Keeper vom österreichischen Provinzklub Alpla HC Hard machte das Spiel seines Lebens, hielt überragende 17 Bälle (46 Prozent).

Jetzt muss Deutschland seine beiden ausstehenden Hauptrundenspiele gegen Ungarn am Montag und zwei Tage später gegen Kroatien gewinnen und auf Schützenhilfe hoffen, um die Medaillenspiele zu erreichen.

„Wir haben heute unglaublich schlecht gespielt“, redete Linksaußen Rune Dahmke Klartext, gab sich dann kämpferisch. „Aber wir haben keine Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken. Wir werden uns nicht eingraben. Wir müssen das abhaken, alles auf Null stellen und dann wieder abliefern.“

DHB-Team will sich nach Rückschlag „nicht eingraben“

Das Spiel seiner Mannschaft? 60 Minuten Krampf. Ideenlos, kraftlos, langsam, ohne das nötige Feuer, aber voller Fehler. Bundestrainer Alfred Gislason: „Wir haben im Angriff den Punkt verloren.“ Die vielen technischen Fehler seien „grausam“ gewesen.

Kapitän Johannes Golla, der die Mitspieler nach Spielende zum Kreis versammelte und Worte ans Team richtete: „Wir werden das als Einheit schaffen. Heute Abend müssen wir natürlich darüber sprechen, was heute passiert ist, denn so werden wir nichts erreichen bei dem Turnier.“

Überraschend hatte Deutschland mit Philipp Weber statt mit Juri Knorr auf der Spielmacherposition begonnen. „Juri war schon vor dem letzten Spiel ein bisschen krank und hat sehr viel gespielt“, begründete Gislason die Maßnahme, die einen Wechsel zwischen Angriff und Abwehr erforderte, da Weber kein guter Abwehrspieler ist. Das machte sich beim Angriffstempo der DHB-Auswahl bemerkbar. Es lief kaum etwas zusammen. Gislason reagierte früh, brachte Knorr, doch es wurde kaum besser. Deutschland spielte langsam, phasenweise Stand-Handball.

Andreas Wolff hält Deutschland im Spiel

Von Anfang an „on fire“ war nur Keeper-Gigant Andreas Wolff, der wieder einmal seine Kiste vernagelte, in den ersten 15 Minuten sieben Würfe entschärfte, darunter einen Siebenmeter. Dumm nur, dass auch sein Gegenüber einen Sahnestart erwischte. Möstl hatte zu diesem Zeitpunkt ebenfalls sieben Paraden auf dem Konto und der Außenseiter führte mit zwei Toren (4:6), nach 23 Minuten sogar mit vier (6:10).

Die Österreicher waren wacher, griffiger, heißer – feierten jeden gewonnen Zweikampf wie ein Tor. So, wie auch die deutsche Mannschaft mit der Halle im Rücken hätte auftreten müssen. Stattdessen scheiterten die Spieler mit indiskutablen Trickwürfen, anstatt schnörkellos zu spielen.

Nur gut, dass neben Wolff auch die Abwehr in der Endphase der ersten Hälfte voll da war, sodass es mit einem glimpflichen 11:12-Rückstand in die Pause ging. In der Kabine dürfte es laut und deutlich geworden sein.

Heiner Brand wettert in der Halbzeit: „Das geht gar nicht“

Tacheles redete Ex-Bundestrainer Heiner Brand in der Halbzeit am ARD-Mikrofon: „Wir müssen hochzufrieden sein, dass wir nur mit einem Tor hinten liegen. Was wir im Angriff gezeigt haben, geht eigentlich gar nicht. Das war sowas von schlecht“, wetterte die Handball-Legende. „Ich hoffe, dass es sich in der zweiten Halbzeit ändert.“

Ein frommer Wunsch. Zwar konnte Timo Kastening unter dem Jubel der 20.000, die anders als ihre Mannschaft in Topform waren, zum 13:13 ausgleichen, doch die Österreicher drehten den Spielstand schnell wieder auf 15:18 (39.) und erhöhte sogar auf 15:19 (43.) und 16:21 (48.). Es lief einfach nicht. Fehlwürfe, Fehlpässe und in der Abwehr zu große Löcher, die dem Underdog einfache Tore ermöglichte. Es war zum Verweifeln.

Aufholjagd bringt Punkt, nächstes Endspiel gegen Ungarn

Mit aller Macht stemmten sich Knorr & Co. gegen die Niederlage, kämpften, holten auf, waren wieder auf 21:22 dran (56.) – und die Arena bebte. Keinen Zuschauer, keine Zuschauerin hielt es noch auf dem Sitz. Christoph Steinerts wuchtiger Wurf brachte den Ausgleich (60.), doch einen letzten Ballbesitz gelang nicht mehr der Siegtreffer – er wäre auch nicht verdient gewesen.

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Gegen Ungarn (20.30 Uhr, ZDF) ist der Druck auf der deutschen Mannschaft (2:4 Punkte) gewaltig. Die Magyaren (4:2 Punkte) sind wieder obenauf, meldeten sich nach der bitteren Niederlage gegen Österreich (4:2 Punkte) mit einem 29:26-Sieg über Kroatien zurück im Rennen um das Halbfinale, während die Kroaten (1:5 Punkte) nur noch theoretische Chancen auf die Runde der letzten Vier haben. Island (0:6 Punkte) kann nach der 32:39 Niederlage gegen Frankreich (6:0 Punkte) nicht mehr das Halbfinale erreichen.

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