Malaika Mihambo klatscht in die Hände

Malaika Mihambo übt scharfe Kritik an der neuen Gentest-Pflicht. Foto: IMAGO / NurPhoto

„Ethisch heikel“: Leichtathletik-Star übt scharfe Kritik an Gen-Tests

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„Juristisch fragwürdig, ethisch heikel, wissenschaftlich verkürzt“: Die kurzfristige Einführung verpflichtender Gentests sorgt rund drei Wochen vor der WM für reichlich Wirbel in der Leichtathletik. Tokio-Olympiasiegerin Malaika Mihambo erhebt deutliche Kritik am Vorgehen des Weltverbandes, auch der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) ließ am Mittwoch sein Unverständnis durchblicken.

„Ich sehe diese Maßnahme sehr kritisch“, sagte Mihambo. Die zweimalige Weltmeisterin vermisst bei der Ende Juli verkündeten Maßnahme vor allem die Verhältnismäßigkeit. „Für ein sehr kleines Problem werden enorme Ressourcen aufgewendet, während die wirklich drängenden Themen – Doping, Missbrauch, Gewalt im Sport – weiter bestehen. Wenn wir von Integrität sprechen, dann müssen wir genau dort mindestens genauso entschlossen handeln“, sagte die 31-Jährige.

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Bereits ab dem 1. September müssen Athletinnen weltweit den einmaligen Nachweis ihres biologischen Geschlechts erbringen, bevor sie bei internationalen Wettbewerben antreten dürfen. Erstmals wird die Regel bei der WM in Tokio (13. bis 21. September) angewendet. Der SRY-Test, den World Athletics vorsieht, soll per Wangenabstrich oder Blutabnahme das Vorhandensein des Y-Chromosoms feststellen. WA-Präsident Sebastian Coe hatte die Entscheidung mit dem Schutz des Frauensports und der Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen begründet.

DLV-Ass Pudenz kritisiert das Vorgehen ebenfalls

Während Mihambo die „in kürzester Zeit“ angekündigte Maßnahme als „juristisch fragwürdig, ethisch heikel und wissenschaftlich verkürzt“ bezeichnete, sind auch andere DLV-Asse wie Kristin Pudenz irritiert. „Ich finde das merkwürdig, dass wir als Frau jetzt beweisen müssen, dass wir eine Frau sind“, sagte die Olympia-Zweite von Tokio in der Märkischen Allgemeinen. Doch ihr sei klar: „Wir werden uns dem beugen müssen. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig, wenn wir dabei sein wollen.“

Kristin Pudenz kritisiert das „juristisch fragwürdige verhalten vor der WM“ IMAGO / Kessler-Sportfotografie
Kristin Pudenz bereitet sich auf den Wurf vor
Kristin Pudenz kritisiert das „juristisch fragwürdige verhalten vor der WM“

Auch der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) äußerte sich am Mittwoch kritisch zur Einführung und deren Ablauf. „Das Thema Gentests zur Bestätigung des Geschlechts ist außerordentlich sensibel, gerade im Spitzensport. Die Einführung mit so kurzfristigem Vorlauf stellt die Athletinnen, aber auch den Verband vor große Herausforderungen – moralisch, ethisch und logistisch. Im Austausch mit World Athletics haben wir dies mehrfach deutlich gemacht“, sagte der leitende DLV-Verbandsarzt Karsten Hollander. Der Verband, so Hollander weiter, setze „aufgrund der knappen Fristen durch den Weltverband“ nun „alles daran, unseren Athletinnen gemäß den neuen Vorgaben von World Athletics eine WM-Teilnahme zu ermöglichen.“

Mihambo befürchtet Gefahren für die Integrität des Sports

Mihambo bezweifelt derweil, dass durch den Test die entscheidenden Fragen gelöst werden. „Ein einzelner Gentest klingt nach einer klaren Lösung, ist aber wissenschaftlich verkürzt und blendet aus, dass Geschlecht kein simples Entweder-oder ist“, sagte die dreimalige Sportlerin des Jahres. „Faire Wettbewerbsbedingungen bestehen aus vielen Faktoren – medizinischen, psychologischen, strukturellen. Wer hier unter Zeitdruck handelt, riskiert, die eigentlichen Gefahren für die Integrität des Sports zu vernachlässigen.“

Olympiasiegerin Semenya ging sogar vor den Europäischen Gerichtshof

Von Athletinnen wie der zweimaligen Olympiasiegerin Caster Semenya, die als Person mit „Abweichungen in der sexuellen Entwicklung (DSD)“ eingestuft wird, hatte World Athletics zuletzt bereits gefordert, dass sie ihren Testosteronspiegel durch Medikamente künstlich senken, um an internationalen Wettkämpfen teilnehmen zu können. Die Südafrikanerin war gegen die umstrittene Testosteron-Regel juristisch bis vor den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vorgegangen, hatte in der letzten Instanz Mitte Juli aber nur teilweise Recht bekommen.

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Eine WA-Arbeitsgruppe war zu dem Schluss gekommen, dass die geltende Testosteron-Regel nicht streng genug sei, und hat daraufhin den SRY-Gentest vorgeschlagen. Die Bekanntgabe dessen Einführung erfolgte schließlich am 30. Juli – rund sechs Wochen vor WM-Start. (sid/hen)

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