Maike Naomi Schwarz bei einem Wettkampf
  • Maike Naomi Schwarz kehrt nach einer dunklen Phase zurück.
  • Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

„Es ging nicht mehr“: Deutsche Schwimmerin spricht über ihre Depressionen

Kurz vor dem Traumziel Tokio ging bei Maike Naomi Schwarz gar nichts mehr. „Es wurde von Tag zu Tag schlimmer, ich konnte nicht mehr aus dem Bett. Ich konnte nicht mal meinem normalen Alltag mit Essen und Duschen nachgehen“, erzählt die sehbehinderte Schwimmerin mit brüchiger Stimme. Die hochgehandelte Medaillenkandidatin musste wegen Depressionen die Notbremse ziehen: „Am Ende war es keine Entscheidung mehr, die ich bewusst treffen konnte. Es ging einfach nicht mehr.“

Bei der einstigen Frohnatur dominierten plötzlich Selbstzweifel, Angstzustände, Mutlosigkeit und Überforderung, der Traum vom Paralympics-Triumph in ihrem Geburtsland platzte. Doch damit begann erst der Kampf gegen ihre tückische Krankheit. „Es war viel schwieriger als gedacht, ich habe es enorm unterschätzt“, so Schwarz rückblickend. Dennoch nahm sie im August 2023 das Training wieder auf – und kehrt ab Sonntag bei der EM in Madeira für den Deutschen Behindertensportverband (DBS) auf die große Sportbühne zurück.

Maike Naomi Schwarz gewann Silber in Rio de Janeiro

Es sei „ein Wunder, dass es wieder so klappt“, betont die Paralympics-Zweite von Rio. Bereits seit 2018 habe sie sich parallel zum Leistungssport „durchgeschleppt“, sei fernab der Öffentlichkeit mit Anti-Depressiva in Therapie gewesen. Die coronabedingte Verschiebung der Paralympics habe ihr „das Genick gebrochen. Ich bin auf Reserveflamme gelaufen. In dem Moment, wo klar war, dass ich noch ein Jahr durchhalten muss, war es vorbei.“

18 Wochen in der Klinik

Nach einem Nervenzusammenbruch musste sie für 18 Wochen stationär in eine Klinik, setzte in Folge ambulant ihre Therapie fort. „Es war Wahnsinn“, sagt die Potsdamerin: „Der Weg hat sich Jahre hingezogen und ich muss sagen, dass ich immer noch nicht ansatzweise da bin, wo ich früher war. Und ich bezweifele auch, dass es jemals wieder wird wie davor.“ Die Krankheit sei mittlerweile „ein Teil von mir, mit dem ich besser lerne zu leben“.

Ihren geliebten Sport sehe sie als Part der Lösung, schon im Frühjahr hakte sie die Norm für EM und Paralympics ab. Sie spüre die Symptome immer noch „in abgeschwächter Form“, erklärt die Doppelweltmeisterin von 2017: „Aber für meine Verhältnisse in den letzten Jahren geht es mir heute gut.“ Dennoch habe sie „das Gefühl, dass alles schwerer ist. Alles was ich mache, kostet mich viel, viel mehr Kraft, als es mich früher gekostet hat“.

Schwarz: „Die Erfolgsgeschichte meines Lebens“

Menschenmengen, spontane Planänderungen oder gar Interviews – all das bereite ihr Probleme. „Ich brauche Kontrolle“, erklärt Schwarz, die wegen einer Zapfen-Stäbchen-Dystrophie mittlerweile weniger als ein Prozent Sehkraft hat. Und es gebe generell „nach wie vor Tage und Phasen, an denen es mir nicht gut geht.“ Beim Thema Sport muss sie deshalb ihren unbändigen Ehrgeiz bremsen, Medaillen oder Titel sind erst mal zweitrangig.

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„Ich weiß, wenn ich in Madeira und Paris auf dem Block stehe, reinspringe, am Ende anschlage und mein Bestmögliches gegeben habe, dann ist das eigentlich die Erfolgsgeschichte meines Lebens“, sagt Schwarz, „weil das hätte ich vor einem Jahr niemals gedacht.“ (sid/fs)

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