Der deutsche Schwimmer Marius Kusch

Der deutsche Schwimmer Marius Kusch nimmt aus finanziellen Gründen an den Enhanced Games teil. Foto: IMAGO/Eibner

Deutscher startet bei Doping-Spielen: „Dann bist du in zehn Jahren vielleicht tot!“

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Riesen-Wirbel um die Doping-Spiele! Für Ex-Schwimmerin Dorothea Brandt ist der Start ihres früheren Teamkollegen Marius Kusch bei den umstrittenen Enhanced Games ein Verrat an den Idealen des Sports. Mit Empörung und Unverständnis hat derweil Jan Pommer, Präsident beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV), auf die Entscheidung reagiert.

„Wir haben eigentlich gewisse Werte, gewisse Haltungen – und da rückt jetzt jemand aus diesem Kreis aus, der das jahrelang mitgetragen hat. Das ist für mich erstmal schwer zu verstehen“, sagte Brandt, die frühere Aktivensprecherin des DSV.

Britta Steffen, Doppel-Olympiasiegerin von 2008 im Schwimmen, sagte: „Letztlich hängt eine solche Entscheidung immer vom eigenen Wertesystem ab. Für mich wäre das nie etwas gewesen.“

Schwimmer Marius Kusch startet bei den Enhanced Games

DSV-Boss Pommer sagte: „Die Enhanced Games stehen diametral zu allem, wofür der Sport steht. Sie verhöhnen Fairness, Gesundheit und die Daseinsberechtigung des Sports selbst, indem sie Doping nicht nur tolerieren, sondern als vermeintlich autonom zu treffende Option zur Selbstoptimierung inszenieren. Der DSV verurteilt dies aufs Schärfste.“ Der 55-Jährige fügte hinzu: „Für uns sind Fairness, Chancengleichheit und die klare Ablehnung jeglicher Form von Doping unverrückbare Grundwerte. Wer sich bewusst von diesen Werten abwendet, verabschiedet sich von unserem Schwimmsport.“

Ex-Schwimmerin Dorothea Brandt als ARD-Expertin bei Olympia 2024 in Paris IMAGO/Eibner
Ex-Schwimmerin Dorothea Brandt als ARD-Expertin bei Olympia 2024 in Paris
Ex-Schwimmerin Dorothea Brandt als ARD-Expertin bei Olympia 2024 in Paris

Kusch (32) hat als erster deutscher Athlet seine Zusage für das umstrittene Projekt gegeben, bei dem Weltrekorde auch mit Hilfe von Dopingmitteln aufgestellt werden sollen. Der Kurzbahn-Europameister von 2019 begründete dies auch mit dem „beispiellosen Preisgeld“, das dort zu verdienen ist.

Doping-Spiele 2026 in Las Vegas: Preisgeld von 250.000 US-Dollar für den Sieger

Die Enhanced Games sollen erstmals im Mai 2026 in Las Vegas steigen. Drei Sportarten sind vorgesehen: Schwimmen, Leichtathletik und Gewichtheben mit jeweils ausgewählten Disziplinen. Jede Einzelveranstaltung ist den Angaben zufolge mit einem Preisgeld von 500.000 US-Dollar (rund 424.000 Euro) dotiert, 250.000 US-Dollar (rund 212.000 Euro) gehen jeweils an die Sieger. Darüber hinaus bieten die Veranstalter Antrittsgelder und eine Million US-Dollar für bisher nicht gelaufene und geschwommene Zeiten über 50 Meter Freistil und die 100 Meter in der Leichtathletik.

„Der Sport“, schrieb Kusch bauf Instagram, „hat mir nie die finanzielle Sicherheit gegeben, um mir eine Zukunft aufzubauen. Diese Realität war immer eine Herausforderung. Jetzt möchte ich für meine Familie sorgen. Die Enhanced Games sind eine Gelegenheit dazu. Zum ersten Mal kann ich auf einer Bühne antreten, die Athleten fair belohnt.“„

„Ich bin sprachlos!“ Kusch-Kolleg:innen reagieren empört

Sein langjähriger DSV-Kollege Joscha Salchow kommentierte unter den Post voller Unverständnis: „WTF.“ Para-Schwimmstar Taliso Engel schrieb in seiner Instagram-Story: „Es ist so traurig zu sehen, was im Moment passiert. Aber ich denke, es zeigt, dass es definitiv noch nicht genug Geld und finanzielle Stabilität im Olympischen und Paralympischen Sport gibt. Ich bin sprachlos.“

Das Argument Geld lässt Dorothea Brandt bei ihrer Bewertung nur bedingt zu. „Wer Leistungssport macht, gerade den Schwimmsport, der weiß halt, dass man damit nicht reich wird“, sagte die Kurzbahn-Europameisterin von 2010. Geld sei „natürlich ein großer Motivator“, weiß Brandt: „Aber diese Schattenseite, die ich da betrete, ist die andere Perspektive.“

Dorothea Brandt: Für mich wäre es eine Charakterfrage gewesen“

Die frühere Sprint-Spezialistin sieht die Enhanced Games auch aus gesundheitlicher Perspektive kritisch. „Ist es das wert, dass man sich das ganze Zeug – auch wenn das ärztlich überwacht wird – reinzieht? Es weiß ja niemand, was in zehn Jahren passiert. Was passiert dann mit dir? Dann hast du fünf Jahre mehr Kohle, aber dann bist du in zehn Jahren vielleicht tot“, sagte die 41-Jährige.

Megan Romano (USA) ist viermalige Schwimm-Weltmeisterin. Auch sie startet bei den Enhanced Games. imago/AFLOSPORT
Megan Romano mit Goldmedaille
Megan Romano (USA) ist viermalige Schwimm-Weltmeisterin. Auch sie startet bei den Enhanced Games.

Sie selbst hätte eine solche Anfrage zu aktiven Zeiten aber nicht nur deswegen kategorisch abgelehnt: „Für mich wäre es eine Charakterfrage gewesen, und ich hätte es nicht gemacht.“

Brandt gibt auch zu Bedenken, dass die zu den Enhanced Games gewechselten Athleten womöglich für Marketing-Zwecke benutzt werden. „Wir sind erstmal krass geschockt, aber die Leute sind trotzdem neugierig und wollen wissen, was passiert da, wie geht das“, sagte sie: „So funktioniert ja gutes Marketing.“ Zur Führungsriege der Enhanced Games gehören der deutsche Milliardär Christian Angermayer, unter anderem Mitgründer eines Biopharma-Unternehmens, und der australische Oxford-Absolvent Aron D’Souza. (dpa/sid)

Die Nationale Anti-Doping-Agentur prüft nun, „ob ein Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz vorliegt“. Sie erklärte weiter, dass Kusch sich „derzeit nicht“ in einem Testpool der Anti-Doping-Organisation befinde.

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