Boris Becker in Hamburg

Boris Becker war in der einer Talkrunde am Rande der Bitpanda Hamburg Open am Rothenbaum zu Gast. Foto: IMAGO / HMB-Media

Boris Becker plaudert in Hamburg über Ex-Freundin und attackiert die junge Generation

Der Chauffeur, der ihn zum Tennis-Stadion am Hamburger Rothenbaum brachte, der war noch nicht geboren, als Boris Becker 1984 zum ersten Mal beim größten deutschen Turnier aufschlug. Fasziniert von der Persönlichkeit des erfolgreichsten deutschen Tennis-Spielers der Geschichte aber ist auch die jüngere Generation, wie der Auftritt des 57-Jährigen am Mittwoch bewies. Einige hundert Zuschauer hatten sich in der Fanzone versammelt, als Becker zu einer Talkrunde kam. 20 Minuten später als angekündigt, aber bester Laune und mit einer klaren Meinung – vor allem zur jüngeren Generation.

Zunächst aber ging es um die guten, alten Zeiten. „Hamburg, meine Perle“, rief Becker, der bei Instagram schon am Dienstag seinen Anflug auf die Hansestadt geteilt hatte, den Fans zu. Er habe hier zwar im Einzel nie gewonnen, „aber ich habe mich mit jemandem in der Players Lounge angefreundet, sie hieß Karen“, sprach der sechsmalige Grand-Slam-Champion über seine Ex-Freundin Karen Schultz, die von 1988 bis 1991 mit ihm zusammen war. Ein schelmisches Grinsen huschte über das von der Sonne gerötete Gesicht.

Becker bei seinem einzigen Rothenbaum-Finale chancenlos

Sekunden später aber wurde Becker ernst, als er auf sein einziges Finale, das er in Hamburg spielte, angesprochen wurde. 1990 war er chancenlos gegen den Spanier Juan Aguilera gewesen. Der ist vor zwei Monaten kurz nach seinem 63. Geburtstag gestorben. „Im Nachhinein habe ich gerne gegen ihn verloren“, sagte der frühere Weltranglistenerste und senkte seinen Blick.

Parallel zu Beckers Talkrunde spielte mit Justin Engel eines der größten deutschen Talente auf dem Centre Court. 17 Jahre jung ist der Nürnberger, der in der ersten Runde überraschend gegen Jan-Lennard Struff gewonnen hatte, nun aber gegen den Russen Andrey Rublev 3:6, 5:7 verlor. Wie weit es für Engel in der Karriere gehen könne, wollte der Eurosport-Experte, der auf Einladung eines Sponsors nach Hamburg kam, nicht einschätzen. „Mit 22 oder 23 kann man sehen, wohin die Reise geht“, sagte der gebürtige Leimener, der aber Engels Zusammenarbeit mit Trainer Philipp Kohlschreiber ausdrücklich lobte. „Philipp ist ein absoluter Experte, das ist eine Combo, die sehr erfolgreich werden kann.“

Becker: „Es ist ein Generationsproblem der Gen Z“

Zwischen Engel und dem fünf Monate jüngeren Berliner Diego Dedura, die beide noch im Talente-Status sind, und dem elf Jahre älteren Alexander Zverev tut sich allerdings im deutschen Tennis eine riesige Lücke auf – und es ist völlig unklar, ob die Youngster diese irgendwann werden schließen können. Es sei ein abendfüllendes Thema über die Gründe für diese Misere zu sprechen, meinte Becker und versuchte die Sache auf den Punkt zu bringen. „Da ist nicht nur der Deutsche Tennis Bund schuld“, sagte er. „Es ist ein Generationsproblem der Gen Z, die sich Wohlfühloasen wünscht, aber damit gewinnst du kein Tennisspiel, die Realität ist tougher.“ Den jungen Menschen fehle es am Willen, sich zu quälen.

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Ein weiteres deutsches Problem sei die fehlende Anerkennung für Stars, was auch Alexander Zverev (Becker: „Wir haben halt keinen Besseren“) zu spüren bekommt. „Oft merken die Leute erst, was sie an einer Persönlichkeit hatten, wenn sie nicht mehr da ist.“ Das sei ihm bei der Trauerfeier für Franz Beckenbauer gewahr geworden.

Wimbledon-Sieg kam für Boris Becker zu früh

Er selbst war mit 17 Jahren in die Herzen der Deutschen gestürmt, als er 1985 Wimbledon gewann. Rückblickend sei dieser enorme Erfolg zu früh gekommen, sagte Becker: „Die wunderbare Umarmung war zu fest, ich habe keine Luft mehr bekommen und musste mich im Ausland verstecken. Wenn ich das mit Anfang 20 geschafft hätte, wäre meine Karriere vielleicht noch erfolgreicher gelaufen.“

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Zverev ist bereits 28 und jagt seit Jahren seinem ersten Grand-Slam-Triumph hinterher. „Wenn du das als Bürde empfindest“, analysierte Becker, „dann wirst du es nie schaffen.“ Zverevs kurzfristige Entscheidung, in Hamburg aufzuschlagen, „verstehe ich. Er möchte hier noch Positivität sammeln“. Für die Bitpanda Hamburg Open sei der Weltranglistendritte der Top-Favorit. Aber auch bei den am Sonntag beginnenden French Open in Paris müsse „das Finale das Ziel sein“.

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