• Nils Petersen im Zweikampf mit Albin Ekdal 2018
  • Foto: imago/Sven Simon

Petersen eröffnet Restaurant in Hamburg: „Der HSV fehlt mir total in der Bundesliga“

Die Gruppe der Charakterköpfe ist dünn geworden im professionellen Fußball. Einer derer, die durchaus mal etwas zu sagen haben, was über „Wir fokussieren uns aufs nächste Spiel“ hinaus geht, ist unzweifelhaft Nils Petersen.

Der Torjäger des SC Freiburg hatte zu Hamburg bisher keine ausgeprägte Bindung, doch das wird sich ändern: Mitte Mai eröffnet er zusammen mit seinem besten Freund Kiyoshi Fujii in der Osterstraße 91 das Bistro [ku’o:], wo es Donburi-Gerichte – leichte japanische Hausmannskost – geben wird (facebook.com/bistro.kuo). Nun schaute der 32-Jährige vor Ort nach dem Rechten und fand zudem Zeit für einen Dialog mit der MOPO. Dabei sprach Petersen über …

die Freundschaft zu Kiyoshi Fujii und die Idee: „Wir haben uns 2011 bei Bayern München kennengelernt. Er war Übersetzer von Takashi Usami, und wir haben uns gleich angefreundet. Wir haben fast zusammengewohnt, wir haben sehr viel Zeit zusammen verbracht. Schon damals haben wir alles an Restaurants probiert, was bei Drei nicht auf dem Baum war und haben das total genossen. Da ist schon die Idee entstanden, dass wir irgendwas mal zusammen machen müssen. Er ist dann nach Hamburg, ich nach Bremen und wieder aus Bremen weg, so dass sich das zwischendurch mal etwas verlaufen hatte, wir nur noch freundschaftlichen Kontakt hatten. Irgendwann ist es spruchreif geworden, dass wir sagen: Wir suchen aktiv etwas, damit man den Grundstein legt für eine geschäftliche Zukunft.“

Petersen vor dem Bistro

Nils Petersen und Kiyoshi Fujii präsentieren ihr neues Bistro [ku’o:].

Foto:

Fotograf: privat

die Lage der Location: „Ich kenne mich ja in Hamburg nicht so gut aus, aber ich war echt überrascht, als ich das erste Mal hier war, dass das echt eine coole Straße ist. Und es ist echt witzig: Alle, denen ich davon erzähle und die ein bisschen mehr Einblick in Hamburg haben, kennen die Osterstraße.“

seine Bindung zu Hamburg: „Zu meinen Bremer Zeiten war ich selten mal hier, da bin ich höchstens mal zum Bummeln hergefahren. Ich war zweieinhalb Jahre bei Werder und vielleicht zweimal in Hamburg. Viel zu wenig, wenn ich jetzt die Stadt sehe. Die ist echt wunderschön. Wir haben Hamburg kennen, schätzen und lieben gelernt.“

Petersen wünscht sich den HSV zurück in der 1. Liga

den HSV: „Der HSV fehlt mir total in der Bundesliga. Ich liebe es, dort zu spielen, es ist halt ein Kultklub. Der Vater ist dort schon hingegangen, jetzt das Kind mit seinem Kind. Man steht zum HSV, egal, wie scheiße es läuft. Ich glaube, dass viele in der Republik ihnen den Abstieg mal gewünscht hatten. Aber es gibt jetzt da so ein paar Leute, denen wünsche ich schon, dass sie den Aufstieg schaffen. Ich hätte den HSV gerne wieder oben, die waren lange genug weg von der Bildfläche. Für die Bundesliga ist es interessanter, wenn Hamburg hochgeht als Fürth oder Kiel.“

seine Kumpels vom Volkspark: „Mit Aaron Hunt verstehe ich mich super. Wir sind jetzt nicht dicke Freunde, aber wenn was ist, dann meldet man sich, man mag sich total. Wir haben in Bremen im Bus immer zusammengesessen, und ich finde ihn als Fußballer geil, auch wenn ich weiß, dass er immer kritisch beäugt wird. Simon Terodde und ich haben uns über die Jahre in der 2. Liga kennengelernt. Wir sind ja eigentlich Konkurrenten, beides Neuner, wir leben davon, dass eine Neun noch gebraucht wird. Ich find’s halt wahnsinnig, dass er so der Mister 2. Liga ist.“

Petersen: Viele Erinnerungen an St. Pauli

den FC St. Pauli: „Mit Florian Bruns, unserem Co-Trainer, rede ich ständig über St. Pauli. An St. Pauli habe ich so viele Erinnerungen, schon mit Carl Zeiss Jena damals, da haben wir uns in einem Schwimmbad umgezogen. Ich gucke auch lieber 2. Liga als England, und ich finde es geil, wie das hier mit Guido Burgstaller funktioniert. Ich gucke die Spiele total gerne. Dass es aber so gut laufen kann noch in dieser Saison, das habe ich nicht kommen sehen. Echt stark. Ansonsten kenne ich zwar Luca Zander noch aus Bremen, aber eine spezielle Beziehung zu der Mannschaft habe ich nicht. Schulle kenne ich noch als Gegenspieler.“

den Ex-St. Paulianer Johannes Flum, der jetzt mit der zweiten Mannschaft des SC vorm Aufstieg in die 3. Liga steht: „Mit Flumi habe ich schon in der U19 zusammengespielt. Daher kennen wir uns schon lange. Er wohnt jetzt zwei Straßen weiter, wir haben uns nach seiner Rückkehr nach Freiburg beim Edeka getroffen und gleich wieder total verquatscht. Zu Flumi habe ich einen super Draht.“

den SC Freiburg: „Im Vergleich ist der HSV natürlich der größere Verein, hat die größere Geschichte, eine wahnsinnige Fan-Base dahinter. Freiburg ist da eher ruhig. Das gefällt auch nicht jedem Profi, der gern dreimal die Woche in der ’Bild’ steht, aber bei uns wird alles klein gehalten. Du hast eine wahnsinnige Konstanz, und trotzdem ist es nicht so, dass du ständig nach einem neuen Reiz schreist. Ich finde, dass wir uns mittlerweile nicht mehr verstecken müssen vor Vereinen wie Mainz oder Augsburg, dass wir die vielleicht sogar überholt haben. Wir sind als Verein beliebt, als Standort, eine kultige Stadt – und wir haben echt gutes Wetter. Wenn man hier nach Hamburg kommt, ist es gleich sieben Grad kälter (lacht). Ich habe, bevor ich hierhergekommen bin, seit Tagen keine Jacke mehr angehabt.

„Kohfeldt ist echt ein super Trainer“

Werder Bremen: „Ich kenne noch viele Mitarbeiter, habe noch viel Kontakt, mit Clemens Fritz bin ich noch dicke befreundet. Ich bin Fan, habe letztes Jahr schon mitgelitten beim Rückspiel in Heidenheim. Da hat man gedacht: Zum Glück haben sie es geschafft, hoffentlich haben sie die Lehren daraus gezogen. Jetzt sehe ich schon das Relegationsspiel HSV gegen Werder kommen … Es ist einfach schade drum, was da gerade abgeht. Flo Kohfeldt ist echt ein super Trainer, da will man eigentlich auch nicht, dass sich da was ändert.“

die kapitalistischen Auswüchse rund um den Fußball: „Manchmal hinter vorgehaltener Hand sage ich schon: Zum Glück habe ich größtenteils eine relativ ruhige Zeit miterlebt, eine schöne Zeit mit Champions League, WM, Olympia. Mittlerweile hast du jeden Tag Fußball im Fernsehen, du wirst damit zugedröhnt. Wenn das jetzt gemacht worden wäre für den Fan, dann wäre es ja okay. Aber natürlich weiß man um das Konstrukt dahinter: Es geht immer um Geld, um Macht, um mehr. Der einfache Fan, der ich auch noch bin, ist genervt. Natürlich sitze ich mit im Boot, ich verdiene gutes Geld, und man würde sich natürlich ungern sein eigenes Grab schaufeln. Aber der Fußball muss aufpassen, dass er die Basis nicht verliert. Wir leben von den Fans, wir machen das für die Fans, die Leute schauen uns zu. Dafür zahlen sie Geld, aber das muss alles im Rahmen bleiben. Und da sind inzwischen Zahlen im Spiel – hier mal 100 Millionen, da mal 200 Millionen, jetzt kosten Trainer schon Ablöse – da hat man irgendwann keinen Bock mehr drauf. Das ist nicht mehr greifbar, da verlieren wir gerade wahnsinnig viel Kredit. Ich hoffe, dass uns nicht irgendwann eine andere Sportart überholt, weil alle die Nase voll von uns haben und uns nicht mehr sehen können.“

Das könnte Sie auch interessieren: Zwei Hochrisikospiele in der nächsten Saison?

Aktive wie Ilkay Gündogan, die sich zunehmend mit Kritik an die Öffentlichkeit trauen: „Ja, Wahnsinn! Erstaunlich. Sein Arbeitgeber wollte das ja mit der Super League oder der Champions League auch so haben, und da gibt es ja sicher Vorgaben, was man erzählen soll und was nicht. Aber wir werden ja auch nicht gefragt: Wollt ihr 40 Spiele machen oder 70 Spiele im Jahr? Es geht nur noch darum: Wir machen das, was die da oben sagen. Für mich war es früher immer etwas Besonderes, 34 Bundesligaspiele zu haben, mit ein bisschen Glück drei, vier Pokalspiele und die Champions League. Heute weiß ich gar nicht, ob noch irgendwas besonders ist. Das geht total verloren.“

Christian Streich: „Er ist schon so lange gefühlt der Bürgermeister von Freiburg. Ich wurde schon mehrfach gefragt, ob er Bayern oder Gladbach könne, und ich habe immer gesagt, ja klar, warum nicht? Vielleicht ist es was anderes, mit Stars zu arbeiten als mit einer Freiburger Mannschaft, aber ich würde es ihm zutrauen. Nationaltrainer wäre auch spannend, und er ist natürlich beliebt. Wir haben mal ein Pokalspiel gehabt hier gegen Barmbek-Uhlenhorst, da hab ich gedacht, die sind bestimmt enttäuscht wegen ’nur’ Freiburg. Aber die fanden es cool – wegen Christian Streich.“

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp