• St. Paulis Rodrigo Zalazar (l.) und Omar Marmoush jubeln nach dem Sieg gegen Fürth.
  • Foto: WITTERS

Neue Strahlkraft: In diesem Bereich ist St. Pauli so gut wie lange nicht mehr

Der FC St. Pauli im Jahr 2021. Das F steht für Fußball, richtig guten Fußball. Nach einer jahrelangen Durststrecke sorgt der Kiezklub wieder auf dem Rasen für Furore und Freude. Die Strahlkraft des Vereins geht seit einigen Monaten zu einem erfreulich hohen Maße vom Spielfeld aus. Das stärkt auch die Anziehungskraft.

Hätte man in den vergangenen Jahren eine Umfrage unter Deutschlands Fußball-Fans gemacht, was sie mit dem FC St. Pauli verbinden, dann hätte man jede Menge Antworten bekommen. Soziales Engagement etwa, alternative Fußballkultur, Kampf gegen Rassismus oder die besondere Atmosphäre am Millerntor wären sicherlich mit am häufigsten genannt worden, ganz sicher aber nicht: guter Fußball, erfolgreicher Fußball, geschweige denn schöner.

Und heute? Platz eins in der Rückrundentabelle der Zweiten Liga, 31 Punkte seit Halbzeit der Saison (und damit doppelt so viele wie der HSV in dieser Zeitspanne), fünf Siege aus den letzten sechs Spielen und mit insgesamt 50 Saisontoren schon nach 31. Spieltagen so viele Treffer auf dem Konto wie seit der Saison 2011/2012 nicht mehr.

St. Pauli steht wieder für leidenschaftlichen Angriffsfußball

Das spricht nicht nur Bände, es spricht sich auch herum. St. Pauli werde „mittlerweile anders wahrgenommen“, sagt Trainer Timo Schultz, und zwar „nicht nur von den gegnerischen Trainern und der Journaille, sondern auch vom Fußballumfeld“.

Sein Verein steht für leidenschaftlichen und mutigen Angriffsfußball, mit viel Tempo, vielen Abschlüssen, vielen Toren. Spiele der Kiezkicker sind alles – außer langweilig.

St. Pauli-Trainer Schultz: „Fußballerisch sind wir mittlerweile auf Augenhöhe.“

Der jüngste 2:1-Sieg gegen den Tabellenzweiten Greuther Fürth, dem mit Spitzenreiter Bochum spielstärksten Zweitligateam dieser Saison, sei nicht nur aufgrund des Resultates, sondern auch der Art und Weise ein Ausweis der enormen Entwicklung der Kiezkicker in den vergangenen Monaten, betont Schultz. „Fußballerisch sind wir mittlerweile auf Augenhöhe.“

Mannschaften wie Fürth ebenbürtig zu sein, aber auch Gegner aus der unteren Tabellenregion wie Würzburg oder Braunschweig zu dominieren, sei „bemerkenswert“, findet der Coach. Sein Team habe „riesige Schritte“ gemacht. „Das sieht jeder, egal, ob er wie ich als Trainer im Stadion sitzt oder vor dem Fernseher.“

Ja, dieser FC St. Pauli ist auch für den neutralen Fußballfan wieder ein echter Hingucker – nicht mehr nur für jene, die Abstiegskampf-Drama lieben. Für die Anhänger der Braun-Weißen wiederum ist der Höhenflug ihrer Mannschaft etwas Balsam auf die Fan-Seele, die unter dem Millerntor-Entzug leidet.

St. Pauli wieder attraktive Adresse für junge Spieler

Darüber hinaus erhöht der attraktive Spielstil, mit dem die Kiezkicker unter der Regie von Schultz nach erheblichen Startschwierigkeiten und ausbleibenden Resultaten in den letzten Monaten so erfolgreich agieren und den sie in den besten Momenten regelrecht zelebrieren, auch die Attraktivität des Kiezklubs als Adresse für qualifizierte, ambitionierte, talentierte Spieler.

Der FC St. Pauli sei generell „mit seiner Strahlkraft in einer Stadt wie Hamburg für sehr, sehr viele Spieler interessant“, weiß Schultz, aber der aktuelle Erfolg, die Spielphilosophie und augenfällige Weiterentwicklung von Einzelspielern seien „Argumente“ in Gesprächen mit potenziellen Neuverpflichtungen, berichtet er.

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Ähnliche Töne hatte Sportchef Andreas Bornemann unlängst in einem Gespräch mit der MOPO angeschlagen, in dem es in erster Linie um Leih-Geschäfte mit hochkarätigen Kickern wie Omar Marmoush oder Rodrigo Zalazar ging. „Ich bin überzeugt, dass wir eine gute Adresse für Leihspieler geworden sind, aber auch darüber hinaus für Spieler, die sich weiterentwickeln wollen“, so Bornemann.

In Zeiten der Pandemie, in denen der Kiezklub seinen aktuellen und potenziellen Spielern kein Gesamterlebnis Millerntor mit Heimspielen vor 30.000 Zuschauern als Argument für einen Verbleib oder Wechsel bieten kann, ist es umso wichtiger, dass die Anziehungskraft nicht von den Rängen ausgeht, sondern vom Rasen. Der FC St. Pauli, bei dem soziales und politisches Engagement weiterhin einen enorm hohen Stellenwert haben, überzeugt auch wieder als das, was er im Namen trägt: als Fußball-Club.

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