Kein Grand Prix, keine guten Fahrer: Deutschland steckt in einer Formel-1-Krise
Während Rekordmann Max Verstappen Oranje seit Jahren jubeln lässt, sieht die Motorsport-Zukunft im Land von Michael Schumacher und Sebastian Vettel düster aus.
„Der Allesfresser”, „Super-Max”, „Dominator”: Am Tag nach einer noch nie dagewesenen Saison huldigte die Welt dem neuen Formel-1-Giganten Max Verstappen, im Mutterland des Automobils kommt dagegen vor allem Wehmut auf. Die Rekorde von Verstappen wecken Erinnerungen an die glorreiche Vergangenheit von Michael Schumacher und Sebastian Vettel, doch Gegenwart und Zukunft sehen düster aus.
Formel 1: Nachwuchs im deutschen Motorsport fehlt
Nico Hülkenberg fährt im Haas nur hinterher, Mick Schumacher wandert in die Langstrecken-WM ab, ein Grand Prix findet auch 2024 in Deutschland nicht statt, der Nachwuchs hat es schwer, neue Talente sind rar gesät – und haben noch einen ganz, ganz weiten Weg vor sich.
„Der deutsche Motorsport, speziell in puncto Formel-Sport, hat sich schon vor einigen Jahren selbst abgemeldet”, sagte der sechsmalige Grand-Prix-Sieger und Sky-Experte Ralf Schumacher, da die Formel 3 als Sprungbrett auf nationaler Ebene de facto abgeschafft wurde: „Wir haben keine ordentlichen Kartbahnen mehr. Alle, die im Automobil- und Formel-Sport was werden wollen, müssen daher nach Italien.”
Schumacher: Goethe und Tramnitz könnten erfolgreich werden
Im Formel-1-Unterbau Formel 2 gibt es keinen einzigen deutschen Fahrer, in der Formel 3 wird mit Sophia Flörsch, Oliver Goethe und Tim Tramnitz hingegen wohl ein Trio mit deutscher Lizenz unterwegs sein. Während Schumacher Flörsch sportlich nicht viel zutraut, seien Goethe und Tramnitz – beide werden seit Kurzem von Red Bull unterstützt – „gut”. Doch „den zwei jungen Piloten muss man Zeit geben”, sagte der Bruder von Rekordweltmeister Michael Schumacher. Und es „werden auf weite Sicht leider erstmal die Letzten sein.”
Nachwuchsprobleme im Motorsport ist nicht dramatisch
Dass der deutsche Motorsport nicht alle zehn Jahre einen Schumacher oder Vettel herausbringen könne sei kein Drama, findet der ehemalige Formel-1-Pilot Nick Heidfeld. Sondern ganz normal. „Das ist absolut absurd, was in Deutschland gelungen ist. Auch wenn wir ein reiches Land sind mit vielen Autoherstellern, waren wir da extrem verwöhnt”, sagte Heidfeld, der sich mit dem Projekt „ACE” um den Motorsport-Nachwuchs mit Elektroautos kümmert, der Autobild: „Es ist vermessen zu glauben, dass immer wieder der Nächste kommt.”
Immerhin kommt neben Mercedes ab der Saison 2026 mit Audi ein weiterer Hersteller hinzu, und vielleicht gelingt Mick Schumacher auch noch einmal die Rückkehr – der 24-Jährige bleibt ja auch Ersatzfahrer bei Mercedes. Doch erst einmal muss sich der ehemalige Formel-2-Champion bei Alpine in der Langstrecken-WM durchsetzen. „Alles in allem eine riesige Herausforderung. Aber ich finde das mutig”, sagte Ralf Schumacher über den Weg seines Neffen.
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Einen wie Verstappen wird der deutsche Motorsport aber für lange Zeit nicht mehr herausbringen. Doch die Fans in den Niederlanden können sich auf noch viele Jahre mit Titeln und Triumphen freuen, ihr Held ist noch lange nicht satt. „Ich kann nicht in ein Wochenende gehen und nicht alles geben”, sagte Verstappen: Ich komme zu den Rennen und versuche natürlich immer, mein Bestes zu geben.” So sei er eben „aufgewachsen”. Genau wie Schumacher und Vettel. (ms/sid)