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  • Hannah Küchler steht mit 19 Jahren kurz vor ihren ersten Olympischen Spielen.
  • Foto: WITTERS

Mit nur 19 Jahren: Hamburgerin Hannah Küchler steht vor erster Olympia-Teilnahme

„Seitdem ich wusste, dass es Olympia gibt, wollte ich da unbedingt hin.“ Die Augen von Hannah Küchler leuchten, wenn sie von ihrem großen Traum spricht, der nun ganz nah ist.

Am 18. April, zwei Tage vor ihrem 19. Geburtstag, war Hamburgs zurzeit schnellste Schwimmerin bei der nationalen Olympia-Qualifikation in Berlin Vierte über 100 Meter Freistil geworden, hatte sich damit das Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio (ab 23. Juli) gesichert, wo sie in der Freistil-Staffel an den Start gehen soll. Nur die Nominierung durch den Deutschen Olympischen Sportbund steht noch aus. Formsache.

Hannah Küchler: Hamburger Schwimmerin hofft auf Olympia

Küchler empfängt die MOPO morgens um 7 Uhr, eine halbe Stunde vor der ersten Trainingseinheit. Danach steht Schule an, im Anschluss geht’s erneut zum Training. Das Leben einer Leistungsschwimmerin ist ein Leben der Entbehrungen. „Viel Zeit für andere Dinge bleibt nicht. Der Tag ist voll. Der Freundeskreis dreht sich eigentlich nur ums Schwimmen“, sagt die gebürtige Potsdamerin, die schon vor gut vier Jahren nach Hamburg zog. Allein. Ihre Eltern hat Küchler zwischen Weihnachten und ihrem Geburtstag fast vier Monate nicht gesehen. „Das ist schon eine krasse Komponente“, sagt sie.

Die Entscheidung für die Hansestadt aber hat sie nie bereut. „Ich war noch nie ein Heimwehkind, bin schon immer gut allein klargekommen.“ Zudem habe sie hier perfekte Trainingsbedingungen und mit Hamburgs Trainer des Jahres Veith Sieber einen Coach, mit dem sie „eine sehr gute Sportler-Trainer-Basis“ pflege, „geprägt vom gegenseitigen Respekt“.

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Hannah Küchler: „Viel Schweiß und Tränen“ vor erstem großen Turnier

In Barmbek wohnt Küchler mit der gebürtigen Syrerin Yusra Mardini (23), die in Tokio für das Flüchtlingsteam an den Start gehen wird, in einer WG. Für Mardini wird es die zweite Olympia-Teilnahme, für Küchler der erste große internationale Wettkampf überhaupt. Auf die am 17. Mai beginnende EM in Budapest verzichtet sie wie fast alle deutschen Spitzenschwimmer. Vom 3. bis 6. Juni geht es stattdessen zur Deutschen Meisterschaft nach Berlin. Zwei Wochen vor den Spielen dann ins Trainingslager. Alles ist ausgelegt auf Tokio.

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In Japan liegt der Inzidenzwert zurzeit unter 30. Küchler hofft inständig, dass die Spiele stattfinden werden. Und wenn doch nicht? Küchler schluckt. „Es wäre nachvollziehbar für mich. Viele Menschen haben in dieser Pandemie wesentlich stärker gelitten als wir“, sagt sie. „Aber es wäre extrem schade, weil ich so viele Tränen und so viel Schweiß in dieses Jahr gesteckt habe. Ich musste so viel kämpfen. Es würde mir wehtun.“

Für die Olympischen Spiele: Hannah Küchler lebt für den Sport

Insbesondere die Wintermonate seien oft eine Qual gewesen, berichtet Küchler. Sich immer wieder zum Training zu motivieren, ohne zu wissen, ob und wann man wieder Wettkämpfe habe. „Es war richtig schwer“, sagt sie. „Aber ein Leben ohne Schwimmen könnte ich mir nicht vorstellen.“

Auf dem rechten Unterarm und den Rippen hat die selbstbewusste Frau, die 2022 ihr Abitur machen wird, zwei Tattoos, ein drittes soll hinzukommen. Seit der Quali von Berlin steht fest, dass die Olympischen Ringe bald den rechten Unterarm zieren werden.

Mit der 4 x 100-Meter-Freistil-Staffel will sie ins Finale kommen. Seit 2008 hat das bei den Frauen kein deutsches Sprintquartett mehr geschafft. „Die Gruppe ist so stark wie ihr schwächstes Glied und in dem Fall bin ich das schwächste Glied“, sagt Küchler mit ihrem ansteckenden Lachen. „Aber ich sehe mich nicht als schwach an.“

Das starke „schwächste Glied“: Mit Selbstbewusstsein zu Olympia

Nur Annika Bruhn (Neckarsulm/53,96 Sekunden) schwamm in Berlin deutlich schneller als sie (54,88). Lisa Höpink (Essen/54,65) und Marie Petruschka (Leipzig/54,73) waren annähernd gleich schnell. Die Kolleginnen sind vier bis zehn Jahre älter als Küchler. „Ich bin noch das Küken vom Küken“, sagt sie. „Es ist gut, dass ich Leute an der Hand habe, mit denen ich zusammen rausgehen kann.“

Ein echtes Vorbild habe sie nicht, aber die Augen könnten schon größer werden, wenn sie nach rechts oder links schauen. „Von Sarah Sjöström kann man sich sportlich schon etwas abschauen“, sagt Küchler über die schwedische Olympasiegerin, die bei Europa- und Weltmeisterschaften schon insgesamt 30 Goldmedaillen gewann und dem Sport in ihrer Heimat einen Glanz verlieh, der in Deutschland mittlerweile fehlt.

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Küchler stört das kaum, sie ist nicht des Geldes wegen Leistungssportlerin geworden, das will sie später mal in der Immobilienwirtschaft verdienen. „Beim Schwimmen geht es mir um die Persönlichkeitsentwicklung.“ Stören wird sie die wegen Olympia steigende Aufmerksamkeit aber auch nicht. Im Gegenteil. „Manchmal denke ich: Krass, ich bin bald im Fernsehen, das ist cool. Ich freue mich, wenn Leute auf mich zukommen. Ich rede ja gerne“, sagt Küchler und lacht.

Es ist 7.30 Uhr. Das Interview mit der MOPO ist beendet. Ein lauter Pfiff des Trainers ertönt. Küchler springt ins Becken. Dazu motivieren muss sie vor Olympia niemand mehr.

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