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  • Michael Jordan wurde von Internationalen Olympischen Kommitee zum „Sportler des Jahrhunderts“ in der Kategorie Ballsport gewählt.
  • Foto: imago images/PanoramiC

Michael Jordans „letzter Tanz“: Koks und Frauen: Doku enthüllt pikante Team-Details

Chicago –

Am Anfang war es „nur“ der Konkurrenzkampf mit dem Bruder um die Anerkennung des Vaters in handwerklichen Tätigkeiten zu Hause. Am Ende steht die wohl größte Basketballkarriere aller Zeiten. Der „letzte Tanz“ ist der Titel einer neuen, fesselnden ESPN-Dokumentation, die die letzte Saison von Michael Jordan (57) bei den Chicago Bulls hautnah begleitet.

Michael Jordan über seine Kollegen, Koks und Frauen

Es klopft an einer unscheinbaren Hotelzimmertür in Peoria, Illinois. Einmal. Tocktock. Zweimal. Dann blickt Michael Jordan in einen Pfuhl der Exzesse. „Da war unsere gesamte Mannschaft. Koks. Marihuana. Frauen“, berichtet Jordan 36 Jahre später, und er schmaucht dabei selbst eine obszön lange Zigarre: „Sowas hatte ich kleiner Kerl noch nie gesehen.“

1984 ist Michael Jordan der „Rookie“ bei den Chicago Bulls, ein unerfahrener Profi im ersten Jahr, ein freilich hypertalentierter, aber nur an Nummer drei gedrafteter Frischling von der University of North Carolina at Chapel Hill, der den anderen die Schuhe hinterhertragen muss. Einige kannten ihn vielleicht nur von seinem Gamewinner gegen die Georgetown an der Uni. Er beschließt bei diesem Anblick: „Ich bin raus.“ Keine Drogen, kein Alkohol – nur Basketball.

Michael Jordan: „Die Leute werden sagen, ich war ein Tyrann“

So sagt Jordan es in der ESPN-Dokumentation „The Last Dance“ (seit Montag bei Netflix) über die letzte Saison der vielleicht besten Basketball-Mannschaft jemals: jene alternden Bulls, die 1998 in der NBA mit einem fulminanten Finale eine Dynastie krönen wollen, angestachelt von ihrer legendären Nummer 23. „Die Leute werden sagen, ich war ein Tyrann“, befürchtet Jordan.

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ESPN bekam damals „All Access“, unbeschränkten exklusiven Zugang. Knapp 500 Stunden Material wurden gedreht. 20 Jahre später gab Jordan grünes Licht, die losen Fäden zu einer Geschichte zu spinnen. In Amerika ist „The Last Dance“ ein Lagerfeuer-Ereignis, wie es in Deutschland „Wetten, dass…?“ war: Man muss es gesehen haben.

Michael Jordan bekam hervorragende Mitspieler an die Hand

„Wir hielten uns für die beste Mannschaft, die es je gegeben hat“, sagt Scottie Pippen, ab 1987 der Robin zum Batman, ebenso hochtalentiert wie unterbezahlt. Wie sich die Puzzleteilchen zusammenfügen, wie die Franchise fast im Schock über Jordans Talent versteht, dass der beste Spieler der Welt auch grandiose Nebenleute benötigt, macht einen Teil der Faszination aus.

1997/98 hingegen stellt sich längst die Sinnfrage. Neuaufbau oder noch ein Jahr? „Ich habe euch 1984 versprochen, dass wir Meister werden, bevor ich euch verlasse“, sagt Jordan bei der Ring-Zeremonie vor dem ersten Spieltag: „Jetzt haben wir fünf Titel. Und wir wollen einen sechsten.“

Ein letzter großartiger Tanz auf der NBA-Bühne

Die Serie lebt längst nicht nur von „MJ“, dem Allergrößten. Da ist Jerry Krause, der kleine, eigenwillige General Manager, dem ständig der Bauch aus der Hose zu fallen droht. Der alle zur Hochzeit seiner Stieftochter einlädt, aber nicht Coach Phil Jackson, mit dem er – ebenso wie mit Pippen – heillos überworfen ist.

Schon vor der Saison macht Krause seinem Trainer Jackson deutlich, dass dies dessen letzten Saison sein wird. Der Coach schwört die Mannschaft damals auf eine besondere Spielzeit ein. Mit einem letzten großen Tanz sollen sie die Basketballbühne verlassen. Zu Beginn der Saison schrieb Jackson auf die Taktiktafel in der Kabine: „The last dance“.

Sogar Barack Obama war Fan der Chicago Bulls

Der frühere Bulls-Center Bill Wennington scheint in einer Trucker-Spelunke interviewt zu werden. Er sieht aus, als gehöre er mit Bart und roter Nase dort auch hin. Da ist Rebound-König Dennis Rodman, der als Braut oder Drag Queen auftritt und einem Fotografen kraftvoll in die Weichteile stiefelt. Barack Obama, der das Team bewunderte. Bill Clinton.

Über allem aber steht Michael Jordan, dessen Arbeitsethos und einmalige Einstellung zum Sport überdeutlich wird. Der Kraft aus dem Ringen um die Aufmerksamkeit seines Vaters zieht. „Ich will um jeden Preis gewinnen. Notfalls im Alleingang“, sagt er in der zweiten Folge: „Kann ich das nicht, dann drehe ich durch.“

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Es entwickelt sich ein Spieler, der immer besser wird, je größer die Bühne ist. Ein Mann, der in jeder Sekunde ausstrahlt: „Gib mir das Ding – ich mach’s rein.“

Irgendwann wird Larry Bird eingeblendet, der wahrscheinlich beste weiße Basketballer der Geschichte. Bird lacht beim Gedanken an das Play-off-Duell mit Michael Jordan. Noch gewinnen die Boston Celtics, doch eine neue Ära zieht herauf. „Da hat nicht Michael gespielt“, sagt Bird. „Das war Gott selbst.“

Nur eben in Basketballschuhen. (eha/sid)

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