Prügel-Attacke in Hamburger Landesliga: Gericht kippt Urteil
Dieser Vorfall ließ auch den eigenen Trainer fassungslos zurück. „Wir sind alle schockiert“, sagte TBS-Trainer Burak Bayram, nachdem das Landesliga-Spiel seiner Pinneberger beim FC Union Tornisch am 16. März abgebrochen worden war. Der Grund: Der Vizepräsident der Gäste hatte kurz vor Schluss beim Stand von 0:2 eine Schlägerei initiiert. Das schlimme Ereignis sorgte dann auch in den eigenen Reihen für Empörung – und wurde zu einem Fall für Gerichte. Jetzt wurde ein früheres Urteil gekippt. Plötzlich soll erneut gespielt werden.
Am Montagabend fand die Berufungsverhandlung vor dem Verbandsgericht des Hamburger Fußball-Verbandes statt – und hat laut der am Dienstagvormittag veröffentlichten Darstellung von TBS Pinneberg ergeben, „dass im Spiel gegen Union Tornesch vom Schiedsrichter nicht alle Möglichkeiten zur Fortführung der Partie ausgeschöpft wurden. Daher wird das Spiel neu angesetzt. Gegen dieses Urteil ist keine weitere Berufung möglich“. Und es hat ein voriges gekippt: Das Sportgericht hatte noch entschieden, dass die Partie mit 2:0 für die Unioner gewertet werde.
Union gegen TBS wurde beim Stand von 0:2 abgebrochen
Dies entsprach schließlich dem Zwischenstand des Landesliga-Spiels zu dem Zeitpunkt, als der Schiedsrichter sich gezwungen war, es abzubrechen. Es ging chaotisch zu in Tornesch. Zunächst hatte TBS-Kicker Vincent Boock die Rote Karte gesehen, dann kassierte der Spitzenreiter, der mit einem Auswärtssieg einen weiteren Schritt in Richtung Oberliga-Aufstieg gemacht hätte, beim Underdog Union auch noch das 0:2. Daraufhin drehte ein Verantwortlicher der Pinneberger durch und soll neben Tornesch-Cheftrainer Martin Schwabe auch mehrere Spieler attackiert haben.

„Solches Verhalten entspricht nicht unseren Werten, und wir werden mit aller Konsequenz dagegen vorgehen“, stellte TBS wenige Tage später in einer Stellungnahme klar und bat um Entschuldigung. „Wir sind erleichtert, dass niemand zu Schaden gekommen ist.“ Was auch daran lag, dass die Pinneberger Spieler deeskalierend eingegriffen hatten. Er könne „keinem Spieler von TBS irgendetwas vorwerfen“, betonte auch Schwabe, der „total schockiert“ von dem Angriff des gegnerischen Vorstandsmitglieds war. Die Fassungslosigkeit war bei allen Beteiligten groß.
Pinneberger Funktionär wurde nach Attacke hart bestraft
Der Pinneberger Ex-Funktionär wurde aus dem Verein ausgeschlossen und für anderthalb Jahre gesperrt. Zudem entschied das Sportgericht – neben der Spielwertung von 2:0 für Union – auch, dass TBS einen Abzug von drei Punkten erhält. Diese Doppelbestrafung führte dazu, dass die Pinneberger in Berufung gingen. Eine Wiederholung der Partie zu erwirken, soll nicht das Ziel von TBS gewesen sein, neben dem verlorenen Spiel wollte man aber nicht zusätzlich den Punktabzug akzeptieren. Nun allerdings steht fest: Der Abzug bleibt – doch die Spielwertung nicht.
„Ohne auf den sportlichen Verlauf des Spiels einzugehen, gratulieren wir Tornesch zum verdienten Sieg“, hatte TBS im März noch mitgeteilt. Nun, nach dem neuen Urteil des Verbandsgerichts, das bedeutet, dass Tornesch wegen des Vergehens eines TBS-Verantwortlichen bald noch einmal spielen soll statt 2:0 gewonnen zu haben, ließen die Pinneberger eine neue Stellungnahme folgen. „Unser aktiver Einsatz zur Deeskalation einer bedauerlichen Einzelsituation wurde ausdrücklich als vorbildlich gewertet“, hob TBS am Dienstagvormittag erneut hervor.
TBS-Spieler deeskalierten – trotzdem gab es Punktabzug
Und weiter: „Nachweislich haben Spieler, Zuschauer und Verantwortliche des TBS sofort deeskalierend gehandelt – auch wenn es von außen womöglich nach einer unübersichtlichen Szene aussah, handelte es sich in Wahrheit um das besonnene Eingreifen unserer eigenen Leute, um die Situation schnell zu beruhigen. Das bestätigt uns in unserem Handeln und zeigt, wofür wir als Verein stehen – nicht nur sportlich, sondern auch menschlich. Umso mehr schmerzt es uns, dass uns trotz aller getroffenen Maßnahmen sowohl direkt vor Ort als auch im Nachgang drei sportlich verdiente Punkte aberkannt wurden.“ Die Partie in Tornesch hätte TBS wohl ohnehin verloren, sollte dazu gesagt werden – war das vor dem Skandal kassierte Tor zum 0:2 in der Schlussphase doch spielentscheidend.
Doch das ist nun egal. Denn Pinneberg wird noch einmal in Tornesch antreten dürfen – entgegen der Annahme aus dem vorherigen Urteil. Der Fakt aber, dass das Sportgericht zudem den Punktabzug beschlossen hatte, stieß TBS sauer auf. „Besonders bedauerlich finden wir, dass der Hamburger Fußball-Verband als einziger unter den 21 Landesverbanden in Deutschland eine Kollektivstrafe dieser Art vorsieht. In allen anderen Landesverbanden wäre ein gesamtes Team für das Fehlverhalten einer Einzelperson nicht bestraft worden“, schreiben die Pinneberger.
TBS berichtet von „nervenaufreibenden Tagen“ mit vielen Berichten: „Die Integrität unserer Mannschaft wurde durch das Verhalten eines Einzelnen öffentlich infrage gestellt, obwohl wir als Team und Verein geschlossen für Fairness und Verantwortung eingestanden sind. Viele haben sich ein vorschnelles Urteil gebildet, ohne sich eingehend mit dem Fall auseinanderzusetzen – doch in einem Rechtsstaat gilt: Gerichte haben das letzte Wort.“
Spitzenreiter Pinneberg erwirkt ein Wiederholungsspiel
Und das Verbandsgericht hat nun eben entschieden: Obwohl Tornesch am 16. März sportlich ohnehin sehr sicher gewonnen hätte, obwohl der Spielabbruch nicht von den Unionern ausging und obwohl sie Opfer des erbärmlichen Angriffs wurden, sollen sie demnächst noch mal gegen TBS antreten. Dann beim Stand von 0:0 – nicht von 2:0.
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Drei Punkte weniger auf dem Konto hat Pinneberg trotzdem. Auch ohne diese steht das Team von Bayram derzeit, nach 26 absolvierten Partien, aber noch immer auf Platz eins der Landesliga Hammonia (58 Zähler) – nur einen Punkt vor Nikola Tesla (57), das am Ostermontag (15 Uhr) zum Topspiel in Pinneberg antreten wird. Es wird ein richtungsweisendes Spiel im Aufstiegskampf sein – aber: Unabhängig davon kann TBS definitiv doch noch die verloren geglaubten Punkte vom Skandal-Spiel einheimsen. Der Termin fürs Wiederholungsspiel steht noch aus.
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