Das Geld ist knapp, aber: Hamburger Judoka kämpfen in der Bundesliga
Für den Außenstehenden liegt Janine Hardenberg wie ein Maikäfer auf dem Rücken. Doch dann windet sie ihre Beine um den Kopf der Gegnerin und dreht den Kampf ganz buchstäblich. Augenblicke später liegt ihre Kontrahentin hilflos auf den Schultern. Punkt für die Judo-Gemeinschaft Sachsenwald!
120 blaue und 49 gelbe Matten bilden die Wettkampffläche in der Schulsporthalle mit Kletterwand. Hier trägt die 340 Judoka starke JG Sachsenwald ihre Bundesliga-Heimkämpfe aus. 1963 gegründet, ist die JGS mittlerweile eine Abteilung im Großverein TSG Bergedorf.
„Habt Spaß, traut euch was!“, fordert Trainerin Christin Harms ihre Kämpferinnen in schwarzen Jacken und grünen Hosen auf. Bergedorf ist Außenseiter gegen die Brandenburgerinnen von Asahi Spremberg, die einem lokalen Erdbeerhändler etwas Unterstützung und einen griffigen Slogan („Was sind wir? Umwerfend lecker!“) verdanken.
Amateurfußball-Atmosphäre beim Judo
In sieben Gewichtsklassen werden je zwei Kämpfe ausgetragen. Zur Halbzeit liegt Spremberg 5:2 vorn. Neben Hardenberg hat Janine Godon für Bergedorf gepunktet – und ist auf die Matte geeilt, als Lena Behrens sich in ihrem Kampf verletzt. Watte zum Stillen des Bluts, Tape über die Nase – weiter geht’s.
In der Kampfpause unterhalten sich einige Judoka angeregt mit Freunden und Bekannten, andere sitzen am Mattenrand und meditieren. Auf den Matten toben Kinder, ähnlich den Halbzeitpausen beim Amateurfußball. „Leider laufen einem beim Judo die Sponsoren nicht hinterher“, berichtet Spartenleiter Jörg Bielefeldt. Gerade erst hat der Verein beschlossen, die Bundesliga zu finanzieren, „aber auch die Kosten so gering wie möglich“ zu halten. Ein Transportunternehmen sponsert die Kampfanzüge der Bergedorferinnen.
Die Hände zerren und reißen, die Beine tänzeln und schlingen. Der kürzeste Kampf – Hardenbergs zweiter Sieg – dauert nur 26 Sekunden, der längste sechs Minuten und 36 Sekunden. Reine Kampfzeit, bei Unterbrechungen wird die Uhr angehalten. Das schlaucht Kopf und Körper.
Bergedorf kann sich noch für Playoffs um die Deutsche Meisterschaft qualifizieren
„Ich hatte ein bisschen Pech, weil meine Gegnerin nicht auf den Rücken fallen wollte“, sagt Celine Becker, nachdem sie den Marathon-Kampf schließlich doch gewonnen hat. Die Lehramtsstudentin hat Judo schon im Kindergarten kennengelernt, an der Sportart schätzt sie „das Körperliche und die Auseinandersetzung“. An diesem Wochenende startet sie bei den Europäischen Hochschulmeisterschaften in Kroatien.
Marina Callsen holt mit einem Schulterwurf einen weiteren Punkt für die JGS, doch Spremberg siegt schließlich 9:5. „Wir hatten auf ein Unentschieden gehofft“, sagt Trainerin Harms, die das Team 2017 mit aufgebaut hat: „Aber Spremberg hat einige Deutsche Meisterinnen, daran gemessen waren wir nicht viel schlechter.“
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Trost und Erfrischung bieten zwei Kisten mit Bier und Limonade, mit denen die Judoka an diesem heißen Nachmittag ihren Durst stillen. Am Abend geht es gemeinsam in ein mongolisches Restaurant, aber zuerst müssen noch die Matten zurück in den Geräteschuppen gebracht werden. Die Niederlage gegen Spremberg beendet die Bergedorfer Träume nicht: Mit Siegen über Stade und Berlin qualifiziert sich die JGS für die Playoffs um die Deutsche Meisterschaft im September.